Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

wollte, ihn nach allen seinen, in des Alten Au-
gen unaussprechlich schlimmen Eigenschaften zu
schildern.

So wichtig ihm dieselben schienen, um Ma-
dam Schnitzer von einer Verbindung mit ihm ab-
zuhalten, so leicht hingegen vergab er ihr alles, was
sie sich bisher hatte zu Schulden kommen lassen, ob-
gleich seine Frau und Töchter ihn sehr oft und aus-
führlich davon unterhalten hatten. Was hatte es
seiner Meinung nach zu sagen, daß Frau Suschen
in den Augen der ganzen Nachbarschaft eine ver-
buhlte, schmähsüchtige, stolze und lächerliche Thörinn
war, sie hatte Geld, und war im Grunde eine ge-
naue Wirthinn; zwei Eigenschaften, die nach sei-
nem Gefühl jene Fehler ganz wegwögen, und bei
denen sein ältester Sohn geborgen sein würde.

Dieser sagte wenig dazu, wenn sein Vater ihm
Vorstellungen von der Art machte, noch kam ihm
sogar die sichtbare Abneigung meiner Mutter von
einer Heirath mit ihm zu statten, er glaubte, dies
würde ihn immer vor der Nothwendigkeit, sich den
Wünschen seines Vaters gänzlich widersetzen zu
müssen, schützen. Daher er bisher, wenn dieser
geschmält hatte, daß er sich so ganz leidend verhielt
und sich nicht im geringsten um die Schnitzerinn
bewürbe, immer mit der Endschuldigung abgekom-

men

wollte, ihn nach allen ſeinen, in des Alten Au-
gen unausſprechlich ſchlimmen Eigenſchaften zu
ſchildern.

So wichtig ihm dieſelben ſchienen, um Ma-
dam Schnitzer von einer Verbindung mit ihm ab-
zuhalten, ſo leicht hingegen vergab er ihr alles, was
ſie ſich bisher hatte zu Schulden kommen laſſen, ob-
gleich ſeine Frau und Toͤchter ihn ſehr oft und aus-
fuͤhrlich davon unterhalten hatten. Was hatte es
ſeiner Meinung nach zu ſagen, daß Frau Suschen
in den Augen der ganzen Nachbarſchaft eine ver-
buhlte, ſchmaͤhſuͤchtige, ſtolze und laͤcherliche Thoͤrinn
war, ſie hatte Geld, und war im Grunde eine ge-
naue Wirthinn; zwei Eigenſchaften, die nach ſei-
nem Gefuͤhl jene Fehler ganz wegwoͤgen, und bei
denen ſein aͤlteſter Sohn geborgen ſein wuͤrde.

Dieſer ſagte wenig dazu, wenn ſein Vater ihm
Vorſtellungen von der Art machte, noch kam ihm
ſogar die ſichtbare Abneigung meiner Mutter von
einer Heirath mit ihm zu ſtatten, er glaubte, dies
wuͤrde ihn immer vor der Nothwendigkeit, ſich den
Wuͤnſchen ſeines Vaters gaͤnzlich widerſetzen zu
muͤſſen, ſchuͤtzen. Daher er bisher, wenn dieſer
geſchmaͤlt hatte, daß er ſich ſo ganz leidend verhielt
und ſich nicht im geringſten um die Schnitzerinn
bewuͤrbe, immer mit der Endſchuldigung abgekom-

men
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="205"/>
wollte, ihn nach allen &#x017F;einen, in des Alten Au-<lb/>
gen unaus&#x017F;prechlich &#x017F;chlimmen Eigen&#x017F;chaften zu<lb/>
&#x017F;childern.</p><lb/>
        <p>So wichtig ihm die&#x017F;elben &#x017F;chienen, um Ma-<lb/>
dam Schnitzer von einer Verbindung mit ihm ab-<lb/>
zuhalten, &#x017F;o leicht hingegen vergab er ihr alles, was<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich bisher hatte zu Schulden kommen la&#x017F;&#x017F;en, ob-<lb/>
gleich &#x017F;eine Frau und To&#x0364;chter ihn &#x017F;ehr oft und aus-<lb/>
fu&#x0364;hrlich davon unterhalten hatten. Was hatte es<lb/>
&#x017F;einer Meinung nach zu &#x017F;agen, daß Frau Suschen<lb/>
in den Augen der ganzen Nachbar&#x017F;chaft eine ver-<lb/>
buhlte, &#x017F;chma&#x0364;h&#x017F;u&#x0364;chtige, &#x017F;tolze und la&#x0364;cherliche Tho&#x0364;rinn<lb/>
war, &#x017F;ie hatte Geld, und war im Grunde eine ge-<lb/>
naue Wirthinn; zwei Eigen&#x017F;chaften, die nach &#x017F;ei-<lb/>
nem Gefu&#x0364;hl jene Fehler ganz wegwo&#x0364;gen, und bei<lb/>
denen &#x017F;ein a&#x0364;lte&#x017F;ter Sohn geborgen &#x017F;ein wu&#x0364;rde.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er &#x017F;agte wenig dazu, wenn &#x017F;ein Vater ihm<lb/>
Vor&#x017F;tellungen von der Art machte, noch kam ihm<lb/>
&#x017F;ogar die &#x017F;ichtbare Abneigung meiner Mutter von<lb/>
einer Heirath mit ihm zu &#x017F;tatten, er glaubte, dies<lb/>
wu&#x0364;rde ihn immer vor der Nothwendigkeit, &#x017F;ich den<lb/>
Wu&#x0364;n&#x017F;chen &#x017F;eines Vaters ga&#x0364;nzlich wider&#x017F;etzen zu<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;chu&#x0364;tzen. Daher er bisher, wenn die&#x017F;er<lb/>
ge&#x017F;chma&#x0364;lt hatte, daß er &#x017F;ich &#x017F;o ganz leidend verhielt<lb/>
und &#x017F;ich nicht im gering&#x017F;ten um die Schnitzerinn<lb/>
bewu&#x0364;rbe, immer mit der End&#x017F;chuldigung abgekom-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0209] wollte, ihn nach allen ſeinen, in des Alten Au- gen unausſprechlich ſchlimmen Eigenſchaften zu ſchildern. So wichtig ihm dieſelben ſchienen, um Ma- dam Schnitzer von einer Verbindung mit ihm ab- zuhalten, ſo leicht hingegen vergab er ihr alles, was ſie ſich bisher hatte zu Schulden kommen laſſen, ob- gleich ſeine Frau und Toͤchter ihn ſehr oft und aus- fuͤhrlich davon unterhalten hatten. Was hatte es ſeiner Meinung nach zu ſagen, daß Frau Suschen in den Augen der ganzen Nachbarſchaft eine ver- buhlte, ſchmaͤhſuͤchtige, ſtolze und laͤcherliche Thoͤrinn war, ſie hatte Geld, und war im Grunde eine ge- naue Wirthinn; zwei Eigenſchaften, die nach ſei- nem Gefuͤhl jene Fehler ganz wegwoͤgen, und bei denen ſein aͤlteſter Sohn geborgen ſein wuͤrde. Dieſer ſagte wenig dazu, wenn ſein Vater ihm Vorſtellungen von der Art machte, noch kam ihm ſogar die ſichtbare Abneigung meiner Mutter von einer Heirath mit ihm zu ſtatten, er glaubte, dies wuͤrde ihn immer vor der Nothwendigkeit, ſich den Wuͤnſchen ſeines Vaters gaͤnzlich widerſetzen zu muͤſſen, ſchuͤtzen. Daher er bisher, wenn dieſer geſchmaͤlt hatte, daß er ſich ſo ganz leidend verhielt und ſich nicht im geringſten um die Schnitzerinn bewuͤrbe, immer mit der Endſchuldigung abgekom- men

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/209
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/209>, abgerufen am 24.11.2024.