wollte, ihn nach allen seinen, in des Alten Au- gen unaussprechlich schlimmen Eigenschaften zu schildern.
So wichtig ihm dieselben schienen, um Ma- dam Schnitzer von einer Verbindung mit ihm ab- zuhalten, so leicht hingegen vergab er ihr alles, was sie sich bisher hatte zu Schulden kommen lassen, ob- gleich seine Frau und Töchter ihn sehr oft und aus- führlich davon unterhalten hatten. Was hatte es seiner Meinung nach zu sagen, daß Frau Suschen in den Augen der ganzen Nachbarschaft eine ver- buhlte, schmähsüchtige, stolze und lächerliche Thörinn war, sie hatte Geld, und war im Grunde eine ge- naue Wirthinn; zwei Eigenschaften, die nach sei- nem Gefühl jene Fehler ganz wegwögen, und bei denen sein ältester Sohn geborgen sein würde.
Dieser sagte wenig dazu, wenn sein Vater ihm Vorstellungen von der Art machte, noch kam ihm sogar die sichtbare Abneigung meiner Mutter von einer Heirath mit ihm zu statten, er glaubte, dies würde ihn immer vor der Nothwendigkeit, sich den Wünschen seines Vaters gänzlich widersetzen zu müssen, schützen. Daher er bisher, wenn dieser geschmält hatte, daß er sich so ganz leidend verhielt und sich nicht im geringsten um die Schnitzerinn bewürbe, immer mit der Endschuldigung abgekom-
men
wollte, ihn nach allen ſeinen, in des Alten Au- gen unausſprechlich ſchlimmen Eigenſchaften zu ſchildern.
So wichtig ihm dieſelben ſchienen, um Ma- dam Schnitzer von einer Verbindung mit ihm ab- zuhalten, ſo leicht hingegen vergab er ihr alles, was ſie ſich bisher hatte zu Schulden kommen laſſen, ob- gleich ſeine Frau und Toͤchter ihn ſehr oft und aus- fuͤhrlich davon unterhalten hatten. Was hatte es ſeiner Meinung nach zu ſagen, daß Frau Suschen in den Augen der ganzen Nachbarſchaft eine ver- buhlte, ſchmaͤhſuͤchtige, ſtolze und laͤcherliche Thoͤrinn war, ſie hatte Geld, und war im Grunde eine ge- naue Wirthinn; zwei Eigenſchaften, die nach ſei- nem Gefuͤhl jene Fehler ganz wegwoͤgen, und bei denen ſein aͤlteſter Sohn geborgen ſein wuͤrde.
Dieſer ſagte wenig dazu, wenn ſein Vater ihm Vorſtellungen von der Art machte, noch kam ihm ſogar die ſichtbare Abneigung meiner Mutter von einer Heirath mit ihm zu ſtatten, er glaubte, dies wuͤrde ihn immer vor der Nothwendigkeit, ſich den Wuͤnſchen ſeines Vaters gaͤnzlich widerſetzen zu muͤſſen, ſchuͤtzen. Daher er bisher, wenn dieſer geſchmaͤlt hatte, daß er ſich ſo ganz leidend verhielt und ſich nicht im geringſten um die Schnitzerinn bewuͤrbe, immer mit der Endſchuldigung abgekom-
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wollte, ihn nach allen ſeinen, in des Alten Au-
gen unausſprechlich ſchlimmen Eigenſchaften zu
ſchildern.
So wichtig ihm dieſelben ſchienen, um Ma-
dam Schnitzer von einer Verbindung mit ihm ab-
zuhalten, ſo leicht hingegen vergab er ihr alles, was
ſie ſich bisher hatte zu Schulden kommen laſſen, ob-
gleich ſeine Frau und Toͤchter ihn ſehr oft und aus-
fuͤhrlich davon unterhalten hatten. Was hatte es
ſeiner Meinung nach zu ſagen, daß Frau Suschen
in den Augen der ganzen Nachbarſchaft eine ver-
buhlte, ſchmaͤhſuͤchtige, ſtolze und laͤcherliche Thoͤrinn
war, ſie hatte Geld, und war im Grunde eine ge-
naue Wirthinn; zwei Eigenſchaften, die nach ſei-
nem Gefuͤhl jene Fehler ganz wegwoͤgen, und bei
denen ſein aͤlteſter Sohn geborgen ſein wuͤrde.
Dieſer ſagte wenig dazu, wenn ſein Vater ihm
Vorſtellungen von der Art machte, noch kam ihm
ſogar die ſichtbare Abneigung meiner Mutter von
einer Heirath mit ihm zu ſtatten, er glaubte, dies
wuͤrde ihn immer vor der Nothwendigkeit, ſich den
Wuͤnſchen ſeines Vaters gaͤnzlich widerſetzen zu
muͤſſen, ſchuͤtzen. Daher er bisher, wenn dieſer
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und ſich nicht im geringſten um die Schnitzerinn
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/209>, abgerufen am 24.11.2024.
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