Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Magister war nicht im ersten Augenblick
willkommen, aber sobald er erklärt hatte, daß er der
Fesseln der Ehe los und ledia, und übrigens ohne
alle Anhänglichkeit an seine Vaterstadt sei, entstand
die besagte Freude meiner Mutter über seine An-
kunft. Sie beschloß nehmlich den Augenblick, ihn
mir zum Hofmeister zu geben, und vergaß gern alle
ehemalige Uneinigkeit, ja sie machte ihm das Com-
pliment, daß sie ihren Sohn in keine bessere Auf-
sicht geben könnte, als in die eines alten geprüf-
ten Freundes ihres seligen Mannes. Sie wurden
bald einig, denn auch Confuselius war seelenver-
gnügt über die gefundene Versorgung.

Da alles zwischen ihm und meiner Mutter
richtig war, hatte diese eine geheime Unterredung
mit ihm, die ich behorchte, und in welcher ausge-
macht wurde, daß keins von dem andern vergangene
Dinge ausplaudern, und Confuselius nichts davon
gegen irgend jemand gedenken sollte, wie weiland
Suschen bei Johann Jacob Schnitzern als Magd
diente. Sie hatte sich in dieser Gegend nach an-
genommener Weise für eines preußischen Offiziers
Tochter ausgegeben, und von ihrer Bekanntschaft
mit Schnitzern, woraus hernach die Heirath ent-
standen wäre, eine beliebige Geschichte erzählt; dem

allen
M 2

Der Magiſter war nicht im erſten Augenblick
willkommen, aber ſobald er erklaͤrt hatte, daß er der
Feſſeln der Ehe los und ledia, und uͤbrigens ohne
alle Anhaͤnglichkeit an ſeine Vaterſtadt ſei, entſtand
die beſagte Freude meiner Mutter uͤber ſeine An-
kunft. Sie beſchloß nehmlich den Augenblick, ihn
mir zum Hofmeiſter zu geben, und vergaß gern alle
ehemalige Uneinigkeit, ja ſie machte ihm das Com-
pliment, daß ſie ihren Sohn in keine beſſere Auf-
ſicht geben koͤnnte, als in die eines alten gepruͤf-
ten Freundes ihres ſeligen Mannes. Sie wurden
bald einig, denn auch Confuſelius war ſeelenver-
gnuͤgt uͤber die gefundene Verſorgung.

Da alles zwiſchen ihm und meiner Mutter
richtig war, hatte dieſe eine geheime Unterredung
mit ihm, die ich behorchte, und in welcher ausge-
macht wurde, daß keins von dem andern vergangene
Dinge ausplaudern, und Confuſelius nichts davon
gegen irgend jemand gedenken ſollte, wie weiland
Suschen bei Johann Jacob Schnitzern als Magd
diente. Sie hatte ſich in dieſer Gegend nach an-
genommener Weiſe fuͤr eines preußiſchen Offiziers
Tochter ausgegeben, und von ihrer Bekanntſchaft
mit Schnitzern, woraus hernach die Heirath ent-
ſtanden waͤre, eine beliebige Geſchichte erzaͤhlt; dem

allen
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0183" n="179"/>
        <p>Der Magi&#x017F;ter war nicht im er&#x017F;ten Augenblick<lb/>
willkommen, aber &#x017F;obald er erkla&#x0364;rt hatte, daß er der<lb/>
Fe&#x017F;&#x017F;eln der Ehe los und ledia, und u&#x0364;brigens ohne<lb/>
alle Anha&#x0364;nglichkeit an &#x017F;eine Vater&#x017F;tadt &#x017F;ei, ent&#x017F;tand<lb/>
die be&#x017F;agte Freude meiner Mutter u&#x0364;ber &#x017F;eine An-<lb/>
kunft. Sie be&#x017F;chloß nehmlich den Augenblick, ihn<lb/>
mir zum Hofmei&#x017F;ter zu geben, und vergaß gern alle<lb/>
ehemalige Uneinigkeit, ja &#x017F;ie machte ihm das Com-<lb/>
pliment, daß &#x017F;ie ihren Sohn in keine be&#x017F;&#x017F;ere Auf-<lb/>
&#x017F;icht geben ko&#x0364;nnte, als in die eines alten gepru&#x0364;f-<lb/>
ten Freundes ihres &#x017F;eligen Mannes. Sie wurden<lb/>
bald einig, denn auch Confu&#x017F;elius war &#x017F;eelenver-<lb/>
gnu&#x0364;gt u&#x0364;ber die gefundene Ver&#x017F;orgung.</p><lb/>
        <p>Da alles zwi&#x017F;chen ihm und meiner Mutter<lb/>
richtig war, hatte die&#x017F;e eine geheime Unterredung<lb/>
mit ihm, die ich behorchte, und in welcher ausge-<lb/>
macht wurde, daß keins von dem andern vergangene<lb/>
Dinge ausplaudern, und Confu&#x017F;elius nichts davon<lb/>
gegen irgend jemand gedenken &#x017F;ollte, wie weiland<lb/>
Suschen bei Johann Jacob Schnitzern als Magd<lb/>
diente. Sie hatte &#x017F;ich in die&#x017F;er Gegend nach an-<lb/>
genommener Wei&#x017F;e fu&#x0364;r eines preußi&#x017F;chen Offiziers<lb/>
Tochter ausgegeben, und von ihrer Bekannt&#x017F;chaft<lb/>
mit Schnitzern, woraus hernach die Heirath ent-<lb/>
&#x017F;tanden wa&#x0364;re, eine beliebige Ge&#x017F;chichte erza&#x0364;hlt; dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">allen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0183] Der Magiſter war nicht im erſten Augenblick willkommen, aber ſobald er erklaͤrt hatte, daß er der Feſſeln der Ehe los und ledia, und uͤbrigens ohne alle Anhaͤnglichkeit an ſeine Vaterſtadt ſei, entſtand die beſagte Freude meiner Mutter uͤber ſeine An- kunft. Sie beſchloß nehmlich den Augenblick, ihn mir zum Hofmeiſter zu geben, und vergaß gern alle ehemalige Uneinigkeit, ja ſie machte ihm das Com- pliment, daß ſie ihren Sohn in keine beſſere Auf- ſicht geben koͤnnte, als in die eines alten gepruͤf- ten Freundes ihres ſeligen Mannes. Sie wurden bald einig, denn auch Confuſelius war ſeelenver- gnuͤgt uͤber die gefundene Verſorgung. Da alles zwiſchen ihm und meiner Mutter richtig war, hatte dieſe eine geheime Unterredung mit ihm, die ich behorchte, und in welcher ausge- macht wurde, daß keins von dem andern vergangene Dinge ausplaudern, und Confuſelius nichts davon gegen irgend jemand gedenken ſollte, wie weiland Suschen bei Johann Jacob Schnitzern als Magd diente. Sie hatte ſich in dieſer Gegend nach an- genommener Weiſe fuͤr eines preußiſchen Offiziers Tochter ausgegeben, und von ihrer Bekanntſchaft mit Schnitzern, woraus hernach die Heirath ent- ſtanden waͤre, eine beliebige Geſchichte erzaͤhlt; dem allen M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/183
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/183>, abgerufen am 24.11.2024.