hatte erhaschen können. Gewissermaßen war das meiner Mutter nicht ganz so unangenehm, als wä- ren ihr diese Dinge durch jemand anders entwendet worden, denn nun konnte sie das Geschrei über den schlechten Menschen, der ihrer Güte so übel gelohnt hätte, verdoppeln, und von seinen Spitzbübereien sprechen, ohne mich ins Spiel zu bringen. Sie ließ ihn alles vorhergehende mit eigenen Händen ge- maust, die Chatoulle selbst weggetragen haben; diese Art des Vortrags hatte sie sich eben schon in der vorigen Nacht ausgesonnen, darum ward Jette be- stochen, und nun kam ihr Pelzens weitere Verun- treuung nebst seiner Flucht auch noch zu statten.
Der Schneider Pelz und seine Frau waren un- tröstlich über die schlechte Aufführung ihres Sohnes, den sie nun auf immer als einen verlohrnen Men- schen anzusehen hatten; eben so betrübt war es ihnen, daß vor dem ganzen Dorfe ihre Schande offenbar wurde, welches noch an demselben Tage erfolgte, indem meine Mutter und Jette (die letzte blos Spaßes halber) auch Sabinens Schwanger- schaft von Adam Pelzen überall frei und öffentlich erzählten.
Um den Jammer der Eltern dieses letzten voll- kommen zu machen, drohte meine Mutter, einen Steckbrief nach ihm in die Zeitungen setzen zu
lassen,
2 r Theil. M
hatte erhaſchen koͤnnen. Gewiſſermaßen war das meiner Mutter nicht ganz ſo unangenehm, als waͤ- ren ihr dieſe Dinge durch jemand anders entwendet worden, denn nun konnte ſie das Geſchrei uͤber den ſchlechten Menſchen, der ihrer Guͤte ſo uͤbel gelohnt haͤtte, verdoppeln, und von ſeinen Spitzbuͤbereien ſprechen, ohne mich ins Spiel zu bringen. Sie ließ ihn alles vorhergehende mit eigenen Haͤnden ge- mauſt, die Chatoulle ſelbſt weggetragen haben; dieſe Art des Vortrags hatte ſie ſich eben ſchon in der vorigen Nacht ausgeſonnen, darum ward Jette be- ſtochen, und nun kam ihr Pelzens weitere Verun- treuung nebſt ſeiner Flucht auch noch zu ſtatten.
Der Schneider Pelz und ſeine Frau waren un- troͤſtlich uͤber die ſchlechte Auffuͤhrung ihres Sohnes, den ſie nun auf immer als einen verlohrnen Men- ſchen anzuſehen hatten; eben ſo betruͤbt war es ihnen, daß vor dem ganzen Dorfe ihre Schande offenbar wurde, welches noch an demſelben Tage erfolgte, indem meine Mutter und Jette (die letzte blos Spaßes halber) auch Sabinens Schwanger- ſchaft von Adam Pelzen uͤberall frei und oͤffentlich erzaͤhlten.
Um den Jammer der Eltern dieſes letzten voll- kommen zu machen, drohte meine Mutter, einen Steckbrief nach ihm in die Zeitungen ſetzen zu
laſſen,
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hatte erhaſchen koͤnnen. Gewiſſermaßen war das
meiner Mutter nicht ganz ſo unangenehm, als waͤ-
ren ihr dieſe Dinge durch jemand anders entwendet
worden, denn nun konnte ſie das Geſchrei uͤber den
ſchlechten Menſchen, der ihrer Guͤte ſo uͤbel gelohnt
haͤtte, verdoppeln, und von ſeinen Spitzbuͤbereien
ſprechen, ohne mich ins Spiel zu bringen. Sie
ließ ihn alles vorhergehende mit eigenen Haͤnden ge-
mauſt, die Chatoulle ſelbſt weggetragen haben; dieſe
Art des Vortrags hatte ſie ſich eben ſchon in der
vorigen Nacht ausgeſonnen, darum ward Jette be-
ſtochen, und nun kam ihr Pelzens weitere Verun-
treuung nebſt ſeiner Flucht auch noch zu ſtatten.
Der Schneider Pelz und ſeine Frau waren un-
troͤſtlich uͤber die ſchlechte Auffuͤhrung ihres Sohnes,
den ſie nun auf immer als einen verlohrnen Men-
ſchen anzuſehen hatten; eben ſo betruͤbt war es
ihnen, daß vor dem ganzen Dorfe ihre Schande
offenbar wurde, welches noch an demſelben Tage
erfolgte, indem meine Mutter und Jette (die letzte
blos Spaßes halber) auch Sabinens Schwanger-
ſchaft von Adam Pelzen uͤberall frei und oͤffentlich
erzaͤhlten.
Um den Jammer der Eltern dieſes letzten voll-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/181>, abgerufen am 24.11.2024.
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