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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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gen lasse; sieh, du bist ein so schöner Junge, und
hast so viel Verstand. Damit kannst du nun in
der Welt viel vor dich bringen, aber du mußt auch
hübsch behutsam in deinen Handlungen sein. Es
geht nicht alles in der Welt, wie man will, die
Menschen sind arg und gottlos, sie mutzen gleich
alles auf, besonders wenn der Neid dazu kommt,
und sie müssen dich beneiden, weil du ein so glück-
liches Kind bist. Also hüthe dich ja, mein Gold-
fritzel, und gieb den häßlichen Menschen keine Ge-
legenheit, dir was anzuthun, oder über dich zu
klagen, denn sonst ärgert sich deine Mamma. Wenn
du groß bist, denn kannst du dir manchen Spas
machen, und thun was du willst, nur ein bischen
mußt du dich manchmal zwingen und verstellen,
wenn man das lernt anzuwenden, wo es nöthig ist,
so weis man sich in alles zu schicken.

Jch werde mich schon in alles schicken, Mam-
machen, versetzte ich, und sie sollen Freude an mir
erleben, wenn ich nur erst in der Welt bin. Mit
diesen Worten, über die meine Mutter herzlich
lachte, hüpfte ich fort, und suchte Zeitvertreib, den
ich jetzt mitnehmen mußte, so gut ich ihn fand.
Es blieben mir in unserm Dorfe freilich wenig
Hülfsquellen dazu übrig, denn die Kinder, denen
ich arg mitspielte, liefen vor mir, oder die Eltern

riefen
2 r Theil. L

gen laſſe; ſieh, du biſt ein ſo ſchoͤner Junge, und
haſt ſo viel Verſtand. Damit kannſt du nun in
der Welt viel vor dich bringen, aber du mußt auch
huͤbſch behutſam in deinen Handlungen ſein. Es
geht nicht alles in der Welt, wie man will, die
Menſchen ſind arg und gottlos, ſie mutzen gleich
alles auf, beſonders wenn der Neid dazu kommt,
und ſie muͤſſen dich beneiden, weil du ein ſo gluͤck-
liches Kind biſt. Alſo huͤthe dich ja, mein Gold-
fritzel, und gieb den haͤßlichen Menſchen keine Ge-
legenheit, dir was anzuthun, oder uͤber dich zu
klagen, denn ſonſt aͤrgert ſich deine Mamma. Wenn
du groß biſt, denn kannſt du dir manchen Spas
machen, und thun was du willſt, nur ein bischen
mußt du dich manchmal zwingen und verſtellen,
wenn man das lernt anzuwenden, wo es noͤthig iſt,
ſo weis man ſich in alles zu ſchicken.

Jch werde mich ſchon in alles ſchicken, Mam-
machen, verſetzte ich, und ſie ſollen Freude an mir
erleben, wenn ich nur erſt in der Welt bin. Mit
dieſen Worten, uͤber die meine Mutter herzlich
lachte, huͤpfte ich fort, und ſuchte Zeitvertreib, den
ich jetzt mitnehmen mußte, ſo gut ich ihn fand.
Es blieben mir in unſerm Dorfe freilich wenig
Huͤlfsquellen dazu uͤbrig, denn die Kinder, denen
ich arg mitſpielte, liefen vor mir, oder die Eltern

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[161/0165] gen laſſe; ſieh, du biſt ein ſo ſchoͤner Junge, und haſt ſo viel Verſtand. Damit kannſt du nun in der Welt viel vor dich bringen, aber du mußt auch huͤbſch behutſam in deinen Handlungen ſein. Es geht nicht alles in der Welt, wie man will, die Menſchen ſind arg und gottlos, ſie mutzen gleich alles auf, beſonders wenn der Neid dazu kommt, und ſie muͤſſen dich beneiden, weil du ein ſo gluͤck- liches Kind biſt. Alſo huͤthe dich ja, mein Gold- fritzel, und gieb den haͤßlichen Menſchen keine Ge- legenheit, dir was anzuthun, oder uͤber dich zu klagen, denn ſonſt aͤrgert ſich deine Mamma. Wenn du groß biſt, denn kannſt du dir manchen Spas machen, und thun was du willſt, nur ein bischen mußt du dich manchmal zwingen und verſtellen, wenn man das lernt anzuwenden, wo es noͤthig iſt, ſo weis man ſich in alles zu ſchicken. Jch werde mich ſchon in alles ſchicken, Mam- machen, verſetzte ich, und ſie ſollen Freude an mir erleben, wenn ich nur erſt in der Welt bin. Mit dieſen Worten, uͤber die meine Mutter herzlich lachte, huͤpfte ich fort, und ſuchte Zeitvertreib, den ich jetzt mitnehmen mußte, ſo gut ich ihn fand. Es blieben mir in unſerm Dorfe freilich wenig Huͤlfsquellen dazu uͤbrig, denn die Kinder, denen ich arg mitſpielte, liefen vor mir, oder die Eltern riefen 2 r Theil. L

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/165>, abgerufen am 24.11.2024.