wahrheit ihres Vorgebens nicht so leicht an den Tag kommen könnte, denn sobald sie Madam Schnitzer geworden war, berichtete sie zwar ihrer Mutter, welches Glück sie gemacht hätte, erklärte ihr aber ohne allen Umschweif, daß sie nie wünsch- te, eins der ihrigen bei sich zu sehen, und versprach unter der Bedingung, daß die Mutter nie sie be- suchen, oder einen ihrer Brüder herschicken sollte, ihr und ihnen Unterstützung zu geben.
Mutter Suschen hatte in Ansehung der ver- sprochenen Unterstützung Wort gehalten, wogegen meine Großmutter die vorgeschriebene Bedingung gleich bei der ersten Nachricht so pünktlich zu halten beschloß, daß sie ihren Söhnen das Glück der Schwester nicht einmal bekannt machte, damit diese nicht etwa gegen das Verboth handeln, sich davon machen, und ihre Madam Schwester überfallen möchten. Also konnte meine Mutter immer von ihres Vaters Bruder dem Major, ihrer Mutter Schwester der Kriegsräthinn, ihrer Cousine der Hauptmanninn, und von der Pension sprechen, welche ihre Frau Mutter, die Frau Lieutenantinn, endlich erhalten hätte, wovon sie jetzt ziemlich be- quem leben könnte, da ihr besonders auch eine Erbschaft zugefallen wäre. Sie setzte dann ge-
meiniglich
wahrheit ihres Vorgebens nicht ſo leicht an den Tag kommen koͤnnte, denn ſobald ſie Madam Schnitzer geworden war, berichtete ſie zwar ihrer Mutter, welches Gluͤck ſie gemacht haͤtte, erklaͤrte ihr aber ohne allen Umſchweif, daß ſie nie wuͤnſch- te, eins der ihrigen bei ſich zu ſehen, und verſprach unter der Bedingung, daß die Mutter nie ſie be- ſuchen, oder einen ihrer Bruͤder herſchicken ſollte, ihr und ihnen Unterſtuͤtzung zu geben.
Mutter Suschen hatte in Anſehung der ver- ſprochenen Unterſtuͤtzung Wort gehalten, wogegen meine Großmutter die vorgeſchriebene Bedingung gleich bei der erſten Nachricht ſo puͤnktlich zu halten beſchloß, daß ſie ihren Soͤhnen das Gluͤck der Schweſter nicht einmal bekannt machte, damit dieſe nicht etwa gegen das Verboth handeln, ſich davon machen, und ihre Madam Schweſter uͤberfallen moͤchten. Alſo konnte meine Mutter immer von ihres Vaters Bruder dem Major, ihrer Mutter Schweſter der Kriegsraͤthinn, ihrer Couſine der Hauptmanninn, und von der Penſion ſprechen, welche ihre Frau Mutter, die Frau Lieutenantinn, endlich erhalten haͤtte, wovon ſie jetzt ziemlich be- quem leben koͤnnte, da ihr beſonders auch eine Erbſchaft zugefallen waͤre. Sie ſetzte dann ge-
meiniglich
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wahrheit ihres Vorgebens nicht ſo leicht an den
Tag kommen koͤnnte, denn ſobald ſie Madam
Schnitzer geworden war, berichtete ſie zwar ihrer
Mutter, welches Gluͤck ſie gemacht haͤtte, erklaͤrte
ihr aber ohne allen Umſchweif, daß ſie nie wuͤnſch-
te, eins der ihrigen bei ſich zu ſehen, und verſprach
unter der Bedingung, daß die Mutter nie ſie be-
ſuchen, oder einen ihrer Bruͤder herſchicken ſollte,
ihr und ihnen Unterſtuͤtzung zu geben.
Mutter Suschen hatte in Anſehung der ver-
ſprochenen Unterſtuͤtzung Wort gehalten, wogegen
meine Großmutter die vorgeſchriebene Bedingung
gleich bei der erſten Nachricht ſo puͤnktlich zu
halten beſchloß, daß ſie ihren Soͤhnen das Gluͤck der
Schweſter nicht einmal bekannt machte, damit dieſe
nicht etwa gegen das Verboth handeln, ſich davon
machen, und ihre Madam Schweſter uͤberfallen
moͤchten. Alſo konnte meine Mutter immer von
ihres Vaters Bruder dem Major, ihrer Mutter
Schweſter der Kriegsraͤthinn, ihrer Couſine der
Hauptmanninn, und von der Penſion ſprechen,
welche ihre Frau Mutter, die Frau Lieutenantinn,
endlich erhalten haͤtte, wovon ſie jetzt ziemlich be-
quem leben koͤnnte, da ihr beſonders auch eine
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/114>, abgerufen am 24.11.2024.
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