Diese hier beschriebenen jungen Leute sind in den großen Städten, wo sie erzogen worden, wenig geachtet, man weis kaum, daß sie da sind, und wer es weis, behauptet, daß sie einfältig wären, nicht das mindeste gefällige an sich hätten, und zu nichts taugten. Dennoch gehören, wie Kenner und Liebhaber der Geistmenschen sagen, ihre Eltern zu dieser Gattung, sind vortreffliche, achtungs- werthe, in ihrem Beruf thätige und nützliche Leute; zu alle dem sind auch ihre Kinder erzogen, und ich selbst muß gestehen, daß es geschickte, talentvolle und liebenswürdige Personen sind. Aber sie wer- den, wie gesagt, gering geschätzt, ausgelacht, und schwerlich werden sie jemals glänzende Rollen spielen.
Wem ist es nun zu verdenken, wenn er an dem Urtheil der Welt über dergleichen Sonderlinge lernt mit dem großen Strom fortzuschwimmen, um etwas zu gelten, und daß es die meisten für eine Pflicht halten, ihre Kinder, nach dem gewöhn- lichen Ausdruck, für die große Welt zu erziehen, damit sie überall fortkommen und für scharmante Leute gelten? Solche Eltern halten hernach die Früchte dieser eleganten Erziehung, welche aus Schulden machen, Ausschweifungen, Connexionen aller Art, oft sehr erniedrigenden Streichen und
Verlust
Dieſe hier beſchriebenen jungen Leute ſind in den großen Staͤdten, wo ſie erzogen worden, wenig geachtet, man weis kaum, daß ſie da ſind, und wer es weis, behauptet, daß ſie einfaͤltig waͤren, nicht das mindeſte gefaͤllige an ſich haͤtten, und zu nichts taugten. Dennoch gehoͤren, wie Kenner und Liebhaber der Geiſtmenſchen ſagen, ihre Eltern zu dieſer Gattung, ſind vortreffliche, achtungs- werthe, in ihrem Beruf thaͤtige und nuͤtzliche Leute; zu alle dem ſind auch ihre Kinder erzogen, und ich ſelbſt muß geſtehen, daß es geſchickte, talentvolle und liebenswuͤrdige Perſonen ſind. Aber ſie wer- den, wie geſagt, gering geſchaͤtzt, ausgelacht, und ſchwerlich werden ſie jemals glaͤnzende Rollen ſpielen.
Wem iſt es nun zu verdenken, wenn er an dem Urtheil der Welt uͤber dergleichen Sonderlinge lernt mit dem großen Strom fortzuſchwimmen, um etwas zu gelten, und daß es die meiſten fuͤr eine Pflicht halten, ihre Kinder, nach dem gewoͤhn- lichen Ausdruck, fuͤr die große Welt zu erziehen, damit ſie uͤberall fortkommen und fuͤr ſcharmante Leute gelten? Solche Eltern halten hernach die Fruͤchte dieſer eleganten Erziehung, welche aus Schulden machen, Ausſchweifungen, Connexionen aller Art, oft ſehr erniedrigenden Streichen und
Verluſt
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[107/0111]
Dieſe hier beſchriebenen jungen Leute ſind in
den großen Staͤdten, wo ſie erzogen worden, wenig
geachtet, man weis kaum, daß ſie da ſind, und
wer es weis, behauptet, daß ſie einfaͤltig waͤren,
nicht das mindeſte gefaͤllige an ſich haͤtten, und
zu nichts taugten. Dennoch gehoͤren, wie Kenner
und Liebhaber der Geiſtmenſchen ſagen, ihre Eltern
zu dieſer Gattung, ſind vortreffliche, achtungs-
werthe, in ihrem Beruf thaͤtige und nuͤtzliche Leute;
zu alle dem ſind auch ihre Kinder erzogen, und ich
ſelbſt muß geſtehen, daß es geſchickte, talentvolle
und liebenswuͤrdige Perſonen ſind. Aber ſie wer-
den, wie geſagt, gering geſchaͤtzt, ausgelacht, und
ſchwerlich werden ſie jemals glaͤnzende Rollen
ſpielen.
Wem iſt es nun zu verdenken, wenn er an
dem Urtheil der Welt uͤber dergleichen Sonderlinge
lernt mit dem großen Strom fortzuſchwimmen,
um etwas zu gelten, und daß es die meiſten fuͤr
eine Pflicht halten, ihre Kinder, nach dem gewoͤhn-
lichen Ausdruck, fuͤr die große Welt zu erziehen,
damit ſie uͤberall fortkommen und fuͤr ſcharmante
Leute gelten? Solche Eltern halten hernach die
Fruͤchte dieſer eleganten Erziehung, welche aus
Schulden machen, Ausſchweifungen, Connexionen
aller Art, oft ſehr erniedrigenden Streichen und
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/111>, abgerufen am 24.11.2024.
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