mit diesem Gefolge in die besten Gesellschaften, welche es zuweilen übel nahmen und sich zerstreuten, um nicht mit der von vorigen Zeiten her und durch ihre jetzigen Gesellschafterinnen berüchtigten Frau Schnitzerinn in einem Zirkel zu sein; sie konnten es doch nicht immer verhüthen, dann aber bewiesen sie durch die möglichste Entfernung und ein gewisses wegwerfendes Benehmen gegen sie, sie sei hier überlei. Madam Schnitzer rächte sich durch Spott und Unbescheidenheit an ihnen, oft sahe sie diese delicaten Damen ohne alle Zurückhaltung von Kopf bis zu Fuß an, musterte gegen eine ihrer Begleite- rinnen den Anzug fast laut, und schlug dann ge- meiniglich ein lautes Gelächter auf So geschah es an allen öffentlichen Orten, zum Beispiel auf Promenaden, wo sie, nimpfenhaft gekleidet, vor einem Trupp rechtlicher Frauenzimmer vorbei zu ge- hen pflegte, und dann über sie zischelte und lachte; dann setzte sie sich wohl auch mit ihren Consorten ohnweit von einer so honorigen Gesellschaft, und ließ, was nur eben in diesem Lustort zu haben war, geben, um zu beweisen, daß sie was darauf gehen lassen könnte.
Da sie eine reiche Wittwe war, die, wie be- kannt, den Nachlaß ihres Mannes allein, und noch dazu so viel eigenes Vermögen hatte, so fehlte es
ihr
mit dieſem Gefolge in die beſten Geſellſchaften, welche es zuweilen uͤbel nahmen und ſich zerſtreuten, um nicht mit der von vorigen Zeiten her und durch ihre jetzigen Geſellſchafterinnen beruͤchtigten Frau Schnitzerinn in einem Zirkel zu ſein; ſie konnten es doch nicht immer verhuͤthen, dann aber bewieſen ſie durch die moͤglichſte Entfernung und ein gewiſſes wegwerfendes Benehmen gegen ſie, ſie ſei hier uͤberlei. Madam Schnitzer raͤchte ſich durch Spott und Unbeſcheidenheit an ihnen, oft ſahe ſie dieſe delicaten Damen ohne alle Zuruͤckhaltung von Kopf bis zu Fuß an, muſterte gegen eine ihrer Begleite- rinnen den Anzug faſt laut, und ſchlug dann ge- meiniglich ein lautes Gelaͤchter auf So geſchah es an allen oͤffentlichen Orten, zum Beiſpiel auf Promenaden, wo ſie, nimpfenhaft gekleidet, vor einem Trupp rechtlicher Frauenzimmer vorbei zu ge- hen pflegte, und dann uͤber ſie ziſchelte und lachte; dann ſetzte ſie ſich wohl auch mit ihren Conſorten ohnweit von einer ſo honorigen Geſellſchaft, und ließ, was nur eben in dieſem Luſtort zu haben war, geben, um zu beweiſen, daß ſie was darauf gehen laſſen koͤnnte.
Da ſie eine reiche Wittwe war, die, wie be- kannt, den Nachlaß ihres Mannes allein, und noch dazu ſo viel eigenes Vermoͤgen hatte, ſo fehlte es
ihr
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mit dieſem Gefolge in die beſten Geſellſchaften,
welche es zuweilen uͤbel nahmen und ſich zerſtreuten,
um nicht mit der von vorigen Zeiten her und durch
ihre jetzigen Geſellſchafterinnen beruͤchtigten Frau
Schnitzerinn in einem Zirkel zu ſein; ſie konnten es
doch nicht immer verhuͤthen, dann aber bewieſen ſie
durch die moͤglichſte Entfernung und ein gewiſſes
wegwerfendes Benehmen gegen ſie, ſie ſei hier
uͤberlei. Madam Schnitzer raͤchte ſich durch Spott
und Unbeſcheidenheit an ihnen, oft ſahe ſie dieſe
delicaten Damen ohne alle Zuruͤckhaltung von Kopf
bis zu Fuß an, muſterte gegen eine ihrer Begleite-
rinnen den Anzug faſt laut, und ſchlug dann ge-
meiniglich ein lautes Gelaͤchter auf So geſchah
es an allen oͤffentlichen Orten, zum Beiſpiel auf
Promenaden, wo ſie, nimpfenhaft gekleidet, vor
einem Trupp rechtlicher Frauenzimmer vorbei zu ge-
hen pflegte, und dann uͤber ſie ziſchelte und lachte;
dann ſetzte ſie ſich wohl auch mit ihren Conſorten
ohnweit von einer ſo honorigen Geſellſchaft, und
ließ, was nur eben in dieſem Luſtort zu haben war,
geben, um zu beweiſen, daß ſie was darauf gehen
laſſen koͤnnte.
Da ſie eine reiche Wittwe war, die, wie be-
kannt, den Nachlaß ihres Mannes allein, und noch
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/106>, abgerufen am 22.11.2024.
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