Der Streich, welchen er ihr zugedacht hatte, mußte ihr, wie er mit boshafter Schadenfreude vor- aussahe, jetzt, da sie an Stolz und Uebermuth so beträchtlich zugenommen batte, empfindlicher als jemals sein. Doch die jetzige Lebensweise meiner Mutter muß vorher beschrieben werden, wenn der Leser die Größe ihres Verdrusses bei Buschens Jn- discretion ganz begreifen soll.
Was vors erste den Anzug betraf, so war die- ser nicht blos artig und ausgesucht, er war über- prächtig zu nennen. Sie war dabei in Abwechse- lung der Moden immer eine der ersten, selbst die vornehmsten Damen nicht ausgeschlossen, und da sie auf die Tongeberinnen in Sachen des Geschmacks genau Achtung gab, auch in allem, was die Eitel- keit betraf, sehr gelehrig war, so verlohr sich sehr bald jeder Ueberrest von kleinstädtischer oder gemei- ner Bürgerlichkeit, und Madam Schnitzer ward zu einem der galantesten Frauenzimmer, machte über- all Aufsehen, wurde von einigen beneidet und als eine übermüthige Närrinn, die sich über ihren Stand trüge, verlästert, von andern nachgeahmt und geschmeichelt. Diese letzten gelangten zu der Ehre ihres Umgangs. Sie waren freilich nicht von ausgemachter Würde, allein meine Mutter nahm sie unter die Flügel ihres Glanzes, und drängte sich
mit
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Der Streich, welchen er ihr zugedacht hatte, mußte ihr, wie er mit boshafter Schadenfreude vor- ausſahe, jetzt, da ſie an Stolz und Uebermuth ſo betraͤchtlich zugenommen batte, empfindlicher als jemals ſein. Doch die jetzige Lebensweiſe meiner Mutter muß vorher beſchrieben werden, wenn der Leſer die Groͤße ihres Verdruſſes bei Buſchens Jn- discretion ganz begreifen ſoll.
Was vors erſte den Anzug betraf, ſo war die- ſer nicht blos artig und ausgeſucht, er war uͤber- praͤchtig zu nennen. Sie war dabei in Abwechſe- lung der Moden immer eine der erſten, ſelbſt die vornehmſten Damen nicht ausgeſchloſſen, und da ſie auf die Tongeberinnen in Sachen des Geſchmacks genau Achtung gab, auch in allem, was die Eitel- keit betraf, ſehr gelehrig war, ſo verlohr ſich ſehr bald jeder Ueberreſt von kleinſtaͤdtiſcher oder gemei- ner Buͤrgerlichkeit, und Madam Schnitzer ward zu einem der galanteſten Frauenzimmer, machte uͤber- all Aufſehen, wurde von einigen beneidet und als eine uͤbermuͤthige Naͤrrinn, die ſich uͤber ihren Stand truͤge, verlaͤſtert, von andern nachgeahmt und geſchmeichelt. Dieſe letzten gelangten zu der Ehre ihres Umgangs. Sie waren freilich nicht von ausgemachter Wuͤrde, allein meine Mutter nahm ſie unter die Fluͤgel ihres Glanzes, und draͤngte ſich
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Der Streich, welchen er ihr zugedacht hatte,
mußte ihr, wie er mit boshafter Schadenfreude vor-
ausſahe, jetzt, da ſie an Stolz und Uebermuth ſo
betraͤchtlich zugenommen batte, empfindlicher als
jemals ſein. Doch die jetzige Lebensweiſe meiner
Mutter muß vorher beſchrieben werden, wenn der
Leſer die Groͤße ihres Verdruſſes bei Buſchens Jn-
discretion ganz begreifen ſoll.
Was vors erſte den Anzug betraf, ſo war die-
ſer nicht blos artig und ausgeſucht, er war uͤber-
praͤchtig zu nennen. Sie war dabei in Abwechſe-
lung der Moden immer eine der erſten, ſelbſt die
vornehmſten Damen nicht ausgeſchloſſen, und da
ſie auf die Tongeberinnen in Sachen des Geſchmacks
genau Achtung gab, auch in allem, was die Eitel-
keit betraf, ſehr gelehrig war, ſo verlohr ſich ſehr
bald jeder Ueberreſt von kleinſtaͤdtiſcher oder gemei-
ner Buͤrgerlichkeit, und Madam Schnitzer ward zu
einem der galanteſten Frauenzimmer, machte uͤber-
all Aufſehen, wurde von einigen beneidet und als
eine uͤbermuͤthige Naͤrrinn, die ſich uͤber ihren
Stand truͤge, verlaͤſtert, von andern nachgeahmt
und geſchmeichelt. Dieſe letzten gelangten zu der
Ehre ihres Umgangs. Sie waren freilich nicht von
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/105>, abgerufen am 25.11.2024.
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