Sonach war gar nichts gegen Herrn Null ein- zuwenden, er war die Person im Hause, der es nach meiner Mutter und mir am besten gieng, ja da er die Grobheiten, welche wir beide häufig an ihm ausübten, für nichts achtete, sie aber doch da- durch zu mäßigen suchte, daß er alles, was ich that, gut hieß und beschönigte, daß er mir schmeichelte und mir immer ein falsches Zeugniß meines Fleißes und guten Verhaltens gab, so hielt er sich für überglücklich.
Ehe ich von diesem würdigen Mann und sei- nen Nachfolgern, dabei aber vorzüglich von mir selbst, weiter spreche, muß ich eine Episode ein- schieben, die freilich etwas lang sein, aber wie ich glaube, dem Leser nicht Langeweile machen wird. Nach dieser Erklärung zur Entschuldigung der Epi- sode beginn ich:
Man beliebe sich zu besinnen, daß die Aus- söhnung zwischen meiner Mutter und dem Buch- händler Busch keinesweges erfolgt, sondern die erste noch bei meines Vaters Lebzeiten beflissen gewesen war, zur Befriedigung ihrer Rache im verborgenen zu würken, daß Busch es erfahren, und sich vorge- nommen hatte, sie dafür zu züchtigen, damit aber bis nach Schnitzers Tod warten wollte.
Der
Sonach war gar nichts gegen Herrn Null ein- zuwenden, er war die Perſon im Hauſe, der es nach meiner Mutter und mir am beſten gieng, ja da er die Grobheiten, welche wir beide haͤufig an ihm ausuͤbten, fuͤr nichts achtete, ſie aber doch da- durch zu maͤßigen ſuchte, daß er alles, was ich that, gut hieß und beſchoͤnigte, daß er mir ſchmeichelte und mir immer ein falſches Zeugniß meines Fleißes und guten Verhaltens gab, ſo hielt er ſich fuͤr uͤbergluͤcklich.
Ehe ich von dieſem wuͤrdigen Mann und ſei- nen Nachfolgern, dabei aber vorzuͤglich von mir ſelbſt, weiter ſpreche, muß ich eine Epiſode ein- ſchieben, die freilich etwas lang ſein, aber wie ich glaube, dem Leſer nicht Langeweile machen wird. Nach dieſer Erklaͤrung zur Entſchuldigung der Epi- ſode beginn ich:
Man beliebe ſich zu beſinnen, daß die Aus- ſoͤhnung zwiſchen meiner Mutter und dem Buch- haͤndler Buſch keinesweges erfolgt, ſondern die erſte noch bei meines Vaters Lebzeiten befliſſen geweſen war, zur Befriedigung ihrer Rache im verborgenen zu wuͤrken, daß Buſch es erfahren, und ſich vorge- nommen hatte, ſie dafuͤr zu zuͤchtigen, damit aber bis nach Schnitzers Tod warten wollte.
Der
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Sonach war gar nichts gegen Herrn Null ein-
zuwenden, er war die Perſon im Hauſe, der es
nach meiner Mutter und mir am beſten gieng, ja
da er die Grobheiten, welche wir beide haͤufig an
ihm ausuͤbten, fuͤr nichts achtete, ſie aber doch da-
durch zu maͤßigen ſuchte, daß er alles, was ich that,
gut hieß und beſchoͤnigte, daß er mir ſchmeichelte und
mir immer ein falſches Zeugniß meines Fleißes
und guten Verhaltens gab, ſo hielt er ſich fuͤr
uͤbergluͤcklich.
Ehe ich von dieſem wuͤrdigen Mann und ſei-
nen Nachfolgern, dabei aber vorzuͤglich von mir
ſelbſt, weiter ſpreche, muß ich eine Epiſode ein-
ſchieben, die freilich etwas lang ſein, aber wie ich
glaube, dem Leſer nicht Langeweile machen wird.
Nach dieſer Erklaͤrung zur Entſchuldigung der Epi-
ſode beginn ich:
Man beliebe ſich zu beſinnen, daß die Aus-
ſoͤhnung zwiſchen meiner Mutter und dem Buch-
haͤndler Buſch keinesweges erfolgt, ſondern die erſte
noch bei meines Vaters Lebzeiten befliſſen geweſen
war, zur Befriedigung ihrer Rache im verborgenen
zu wuͤrken, daß Buſch es erfahren, und ſich vorge-
nommen hatte, ſie dafuͤr zu zuͤchtigen, damit aber
bis nach Schnitzers Tod warten wollte.
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/104>, abgerufen am 22.11.2024.
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