wort erhalten. Sie war bescheidner wie sein erstes Billet und zeigte seinen Schmerz, sie verlohren zu haben, aber Hofnung daß er sich werde überzeu- gen lassen, lag nicht in diesem Brief. Doch So- phie war mit diesem Anfang zufrieden, schrieb ihren Eltern, daß sie Aussichten zur Versöhnung hätte, und setzte ihren Briefwechsel mit Albrech- ten fort, der denn nicht sogleich antwortete, auch ward wegen Meßreisen, diese schriftliche Unterhal- tung auf eine Zeitlang unterbrochen. Felß war der einzige, mit welchem Albrecht von seinem Kum- mer sprach; der erste sahe, daß der letzte seine Gattinn liebte und sie wieder aufzunehmen wünsch- te, wenn sie sich rechtfertigen könnte, welches ihm aber unglaublich schien. Felß hatte Sophien nie genug gekannt, um urtheilen zu können, ob ihr Unrecht geschähe oder nicht, aber durch das, was er so wohl von ihrem Mann als einigen Redlichen, ihre sonstige Denkungs- und Handlungsart betref- fend, hörte, schloß er, daß sie sehr lebhaft, zu- weilen unbesonnen, aber nicht ehr- und treulos sein könnte. Er rechnete es unter die von der Pflicht befohlnen Handlungen, diese ihr nachtheilige Bege- benheit aufzulösen, und die Eheleute wo möglich wieder zu versöhnen.
Zu
wort erhalten. Sie war beſcheidner wie ſein erſtes Billet und zeigte ſeinen Schmerz, ſie verlohren zu haben, aber Hofnung daß er ſich werde uͤberzeu- gen laſſen, lag nicht in dieſem Brief. Doch So- phie war mit dieſem Anfang zufrieden, ſchrieb ihren Eltern, daß ſie Ausſichten zur Verſoͤhnung haͤtte, und ſetzte ihren Briefwechſel mit Albrech- ten fort, der denn nicht ſogleich antwortete, auch ward wegen Meßreiſen, dieſe ſchriftliche Unterhal- tung auf eine Zeitlang unterbrochen. Felß war der einzige, mit welchem Albrecht von ſeinem Kum- mer ſprach; der erſte ſahe, daß der letzte ſeine Gattinn liebte und ſie wieder aufzunehmen wuͤnſch- te, wenn ſie ſich rechtfertigen koͤnnte, welches ihm aber unglaublich ſchien. Felß hatte Sophien nie genug gekannt, um urtheilen zu koͤnnen, ob ihr Unrecht geſchaͤhe oder nicht, aber durch das, was er ſo wohl von ihrem Mann als einigen Redlichen, ihre ſonſtige Denkungs- und Handlungsart betref- fend, hoͤrte, ſchloß er, daß ſie ſehr lebhaft, zu- weilen unbeſonnen, aber nicht ehr- und treulos ſein koͤnnte. Er rechnete es unter die von der Pflicht befohlnen Handlungen, dieſe ihr nachtheilige Bege- benheit aufzuloͤſen, und die Eheleute wo moͤglich wieder zu verſoͤhnen.
Zu
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wort erhalten. Sie war beſcheidner wie ſein erſtes
Billet und zeigte ſeinen Schmerz, ſie verlohren zu
haben, aber Hofnung daß er ſich werde uͤberzeu-
gen laſſen, lag nicht in dieſem Brief. Doch So-
phie war mit dieſem Anfang zufrieden, ſchrieb
ihren Eltern, daß ſie Ausſichten zur Verſoͤhnung
haͤtte, und ſetzte ihren Briefwechſel mit Albrech-
ten fort, der denn nicht ſogleich antwortete, auch
ward wegen Meßreiſen, dieſe ſchriftliche Unterhal-
tung auf eine Zeitlang unterbrochen. Felß war
der einzige, mit welchem Albrecht von ſeinem Kum-
mer ſprach; der erſte ſahe, daß der letzte ſeine
Gattinn liebte und ſie wieder aufzunehmen wuͤnſch-
te, wenn ſie ſich rechtfertigen koͤnnte, welches ihm
aber unglaublich ſchien. Felß hatte Sophien nie
genug gekannt, um urtheilen zu koͤnnen, ob ihr
Unrecht geſchaͤhe oder nicht, aber durch das, was
er ſo wohl von ihrem Mann als einigen Redlichen,
ihre ſonſtige Denkungs- und Handlungsart betref-
fend, hoͤrte, ſchloß er, daß ſie ſehr lebhaft, zu-
weilen unbeſonnen, aber nicht ehr- und treulos
ſein koͤnnte. Er rechnete es unter die von der Pflicht
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/386>, abgerufen am 23.11.2024.
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