bei vollkommnen Wohlbefinden sah, sehr froh war, ihre schönen Anstalten zum Aufputz des Kin- des, der Wochenstube und ihrer eignen wöchner- lichen Person endlich zeigen zu können und demnach auf eine brillante Kindtaufe und vornehme Gevat- tern antrug. Johann Jacob war bei dem Anblick einer Tochter nicht ganz so froh, als wenn es ein Sohn gewesen wär, aber er war immer ein gu- ter Christ und es seit der Bekanntschaft mit Fel- ßen noch mehr geworden, da dieser als ein gelehr- ter Mann und Philosoph Verehrer des Christen- thums war. Demnach fand er sich in alles was seiner Meinung nach, Gottes Wille sei, worun- ter er denn auch die zufällige Begebenheit zählte, daß sein Kind nicht männlichen, sondern weibli- chen Geschlechts war. Er that seiner Frau den Willen, die vornehmsten Leute von ihrer Bekannt- schaft in der Stadt zu Gevattern zu bitten und ließ es auch geschehn, oder mußte es geschehen lassen, daß sie dem Mädchen die Nahmen Jeanotte Fran- caise Madelon geben wollte, diese Namen wurden also französisch aufgeschrieben und mit in die Kir- che geschickt. Da sie erfuhr, daß der Priester sie so nicht ausgesprochen, sondern meine Schwester Johanne Franziska Magdelena getauft hatte, ward sie vor Aergerniß so krank, daß sie den Herrn, die
Frau
bei vollkommnen Wohlbefinden ſah, ſehr froh war, ihre ſchoͤnen Anſtalten zum Aufputz des Kin- des, der Wochenſtube und ihrer eignen woͤchner- lichen Perſon endlich zeigen zu koͤnnen und demnach auf eine brillante Kindtaufe und vornehme Gevat- tern antrug. Johann Jacob war bei dem Anblick einer Tochter nicht ganz ſo froh, als wenn es ein Sohn geweſen waͤr, aber er war immer ein gu- ter Chriſt und es ſeit der Bekanntſchaft mit Fel- ßen noch mehr geworden, da dieſer als ein gelehr- ter Mann und Philoſoph Verehrer des Chriſten- thums war. Demnach fand er ſich in alles was ſeiner Meinung nach, Gottes Wille ſei, worun- ter er denn auch die zufaͤllige Begebenheit zaͤhlte, daß ſein Kind nicht maͤnnlichen, ſondern weibli- chen Geſchlechts war. Er that ſeiner Frau den Willen, die vornehmſten Leute von ihrer Bekannt- ſchaft in der Stadt zu Gevattern zu bitten und ließ es auch geſchehn, oder mußte es geſchehen laſſen, daß ſie dem Maͤdchen die Nahmen Jeanotte Fran- caiſe Madelon geben wollte, dieſe Namen wurden alſo franzoͤſiſch aufgeſchrieben und mit in die Kir- che geſchickt. Da ſie erfuhr, daß der Prieſter ſie ſo nicht ausgeſprochen, ſondern meine Schweſter Johanne Franziſka Magdelena getauft hatte, ward ſie vor Aergerniß ſo krank, daß ſie den Herrn, die
Frau
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bei vollkommnen Wohlbefinden ſah, ſehr froh
war, ihre ſchoͤnen Anſtalten zum Aufputz des Kin-
des, der Wochenſtube und ihrer eignen woͤchner-
lichen Perſon endlich zeigen zu koͤnnen und demnach
auf eine brillante Kindtaufe und vornehme Gevat-
tern antrug. Johann Jacob war bei dem Anblick
einer Tochter nicht ganz ſo froh, als wenn es ein
Sohn geweſen waͤr, aber er war immer ein gu-
ter Chriſt und es ſeit der Bekanntſchaft mit Fel-
ßen noch mehr geworden, da dieſer als ein gelehr-
ter Mann und Philoſoph Verehrer des Chriſten-
thums war. Demnach fand er ſich in alles was
ſeiner Meinung nach, Gottes Wille ſei, worun-
ter er denn auch die zufaͤllige Begebenheit zaͤhlte,
daß ſein Kind nicht maͤnnlichen, ſondern weibli-
chen Geſchlechts war. Er that ſeiner Frau den
Willen, die vornehmſten Leute von ihrer Bekannt-
ſchaft in der Stadt zu Gevattern zu bitten und ließ
es auch geſchehn, oder mußte es geſchehen laſſen,
daß ſie dem Maͤdchen die Nahmen Jeanotte Fran-
caiſe Madelon geben wollte, dieſe Namen wurden
alſo franzoͤſiſch aufgeſchrieben und mit in die Kir-
che geſchickt. Da ſie erfuhr, daß der Prieſter ſie
ſo nicht ausgeſprochen, ſondern meine Schweſter
Johanne Franziſka Magdelena getauft hatte, ward
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/367>, abgerufen am 23.11.2024.
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