größten Unbefangenheit, und ohne verbotne Früch- te wirklich genossen zu haben, in üble Sage hin- ein rennen, indem wir plumpen Thiermenschen, es, wenn wirs nöthig finden, recht gut verstehn, heimlich zu genießen und uns öffentlich zu stellen, als wenn wir nicht daran dächten.
Sophie gerieth, da sie allein war, in immer größere Angst, sie hatte noch nie üble Ahndung em- pfunden, jetzt aber ward sie mit dieser Quaal be- kannt. Um sie abzukürzen, und alles wieder gut zu machen, nahm sie Arbeit und gieng zu ihren Schwiegereltern, wo sie bis spät auf den Abend blei- ben wollte. Allein dieser Besuch diente zur Ver- mehrung ihrer Unruh; Vater Busch war bei seinen Geschäften und die Mutter gab vor, daß sie aus- gehn müßte, also war Frau Sophie im Wege und konnte sich wieder trollen.
Wilhelm hielt Wort und besuchte sie nicht mehr, sie sah ihn eben so wenig auswärts und beschloß alle Bekannte zu besuchen, die sie seit ei- niger Zeit nicht gesehn hatte, damit man sie allenthalben ohne Wilhelms Gesellschaft sehen möchte.
Doch dies half nichts, die Zitronenhändlerinn hatte es von der Mutter Busch selbst erfahren, daß alle Nachrichten, die sie ihr von der Schwie-
ger-
groͤßten Unbefangenheit, und ohne verbotne Fruͤch- te wirklich genoſſen zu haben, in uͤble Sage hin- ein rennen, indem wir plumpen Thiermenſchen, es, wenn wirs noͤthig finden, recht gut verſtehn, heimlich zu genießen und uns oͤffentlich zu ſtellen, als wenn wir nicht daran daͤchten.
Sophie gerieth, da ſie allein war, in immer groͤßere Angſt, ſie hatte noch nie uͤble Ahndung em- pfunden, jetzt aber ward ſie mit dieſer Quaal be- kannt. Um ſie abzukuͤrzen, und alles wieder gut zu machen, nahm ſie Arbeit und gieng zu ihren Schwiegereltern, wo ſie bis ſpaͤt auf den Abend blei- ben wollte. Allein dieſer Beſuch diente zur Ver- mehrung ihrer Unruh; Vater Buſch war bei ſeinen Geſchaͤften und die Mutter gab vor, daß ſie aus- gehn muͤßte, alſo war Frau Sophie im Wege und konnte ſich wieder trollen.
Wilhelm hielt Wort und beſuchte ſie nicht mehr, ſie ſah ihn eben ſo wenig auswaͤrts und beſchloß alle Bekannte zu beſuchen, die ſie ſeit ei- niger Zeit nicht geſehn hatte, damit man ſie allenthalben ohne Wilhelms Geſellſchaft ſehen moͤchte.
Doch dies half nichts, die Zitronenhaͤndlerinn hatte es von der Mutter Buſch ſelbſt erfahren, daß alle Nachrichten, die ſie ihr von der Schwie-
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groͤßten Unbefangenheit, und ohne verbotne Fruͤch-
te wirklich genoſſen zu haben, in uͤble Sage hin-
ein rennen, indem wir plumpen Thiermenſchen,
es, wenn wirs noͤthig finden, recht gut verſtehn,
heimlich zu genießen und uns oͤffentlich zu ſtellen,
als wenn wir nicht daran daͤchten.
Sophie gerieth, da ſie allein war, in immer
groͤßere Angſt, ſie hatte noch nie uͤble Ahndung em-
pfunden, jetzt aber ward ſie mit dieſer Quaal be-
kannt. Um ſie abzukuͤrzen, und alles wieder gut
zu machen, nahm ſie Arbeit und gieng zu ihren
Schwiegereltern, wo ſie bis ſpaͤt auf den Abend blei-
ben wollte. Allein dieſer Beſuch diente zur Ver-
mehrung ihrer Unruh; Vater Buſch war bei ſeinen
Geſchaͤften und die Mutter gab vor, daß ſie aus-
gehn muͤßte, alſo war Frau Sophie im Wege und
konnte ſich wieder trollen.
Wilhelm hielt Wort und beſuchte ſie nicht
mehr, ſie ſah ihn eben ſo wenig auswaͤrts und
beſchloß alle Bekannte zu beſuchen, die ſie ſeit ei-
niger Zeit nicht geſehn hatte, damit man ſie
allenthalben ohne Wilhelms Geſellſchaft ſehen
moͤchte.
Doch dies half nichts, die Zitronenhaͤndlerinn
hatte es von der Mutter Buſch ſelbſt erfahren,
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/356>, abgerufen am 23.11.2024.
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