Stuhl eingenommen hatten und Du mich küßtest -- Weißt Du was, bleib lieber weg, mein Mann kommt ja nun bald, dann bist Du desto öfter bei uns, er wird nichts gegen unsre Vertraulichkeit haben und die dritte Person in derselben sein. Du hast recht, gute Sophie, versetzte Albrecht, ich bleibe weg, es wäre schön, wenn ich anstatt Freude bei Euch zu finden, und die Eurige ver- mehren zu helfen, Zwietracht anrichten, Euch und mich unglücklich machen sollte; denn ich wär's gewiß mit!
Robert war also zum letztenmale bei Sophien gewesen, aber diese Menschen mit dem erwachten Gefühl, daß ihre unschuldige Freundschaft bösen Schein geben und üble Folgen haben könnte, wa- ren doch (das müssen meine Leser gestehen, und Herr Celestin gestand es auch) viel unbehutsamer, als Leute meiner Art, die bei wirklicher Ausübung einer verbotenen Sache, wenns zu desto sicherern Genuß gehört, lange heimlich thun können, da hingegen diese, die nichts thaten, sich vielmehr die größte Mühe gäben, gänzlich strafbar zu er- scheinen. Doch so was stiftet Meister Urian, un- ser gütiger Patron, ganz eigentlich an, um uns eine Freude zu machen, denn nichts kann uns mehr er- götzen, als wenn die feinen Geistmenschen in der
größ-
Stuhl eingenommen hatten und Du mich kuͤßteſt — Weißt Du was, bleib lieber weg, mein Mann kommt ja nun bald, dann biſt Du deſto oͤfter bei uns, er wird nichts gegen unſre Vertraulichkeit haben und die dritte Perſon in derſelben ſein. Du haſt recht, gute Sophie, verſetzte Albrecht, ich bleibe weg, es waͤre ſchoͤn, wenn ich anſtatt Freude bei Euch zu finden, und die Eurige ver- mehren zu helfen, Zwietracht anrichten, Euch und mich ungluͤcklich machen ſollte; denn ich waͤr’s gewiß mit!
Robert war alſo zum letztenmale bei Sophien geweſen, aber dieſe Menſchen mit dem erwachten Gefuͤhl, daß ihre unſchuldige Freundſchaft boͤſen Schein geben und uͤble Folgen haben koͤnnte, wa- ren doch (das muͤſſen meine Leſer geſtehen, und Herr Celeſtin geſtand es auch) viel unbehutſamer, als Leute meiner Art, die bei wirklicher Ausuͤbung einer verbotenen Sache, wenns zu deſto ſicherern Genuß gehoͤrt, lange heimlich thun koͤnnen, da hingegen dieſe, die nichts thaten, ſich vielmehr die groͤßte Muͤhe gaͤben, gaͤnzlich ſtrafbar zu er- ſcheinen. Doch ſo was ſtiftet Meiſter Urian, un- ſer guͤtiger Patron, ganz eigentlich an, um uns eine Freude zu machen, denn nichts kann uns mehr er- goͤtzen, als wenn die feinen Geiſtmenſchen in der
groͤß-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0355"n="349"/>
Stuhl eingenommen hatten und Du mich kuͤßteſt<lb/>— Weißt Du was, bleib lieber weg, mein Mann<lb/>
kommt ja nun bald, dann biſt Du deſto oͤfter bei<lb/>
uns, er wird nichts gegen unſre Vertraulichkeit<lb/>
haben und die dritte Perſon in derſelben ſein. Du<lb/>
haſt recht, gute Sophie, verſetzte Albrecht, ich<lb/>
bleibe weg, es waͤre ſchoͤn, wenn ich anſtatt<lb/>
Freude bei Euch zu finden, und die Eurige ver-<lb/>
mehren zu helfen, Zwietracht anrichten, Euch und<lb/>
mich ungluͤcklich machen ſollte; denn ich waͤr’s<lb/>
gewiß mit!</p><lb/><p>Robert war alſo zum letztenmale bei Sophien<lb/>
geweſen, aber dieſe Menſchen mit dem erwachten<lb/>
Gefuͤhl, daß ihre unſchuldige Freundſchaft boͤſen<lb/>
Schein geben und uͤble Folgen haben koͤnnte, wa-<lb/>
ren doch (das muͤſſen meine Leſer geſtehen, und<lb/>
Herr Celeſtin geſtand es auch) viel unbehutſamer,<lb/>
als Leute meiner Art, die bei wirklicher Ausuͤbung<lb/>
einer verbotenen Sache, wenns zu deſto ſicherern<lb/>
Genuß gehoͤrt, lange heimlich thun koͤnnen, da<lb/>
hingegen dieſe, die nichts thaten, ſich vielmehr<lb/>
die groͤßte Muͤhe gaͤben, gaͤnzlich ſtrafbar zu er-<lb/>ſcheinen. Doch ſo was ſtiftet Meiſter Urian, un-<lb/>ſer guͤtiger Patron, ganz eigentlich an, um uns eine<lb/>
Freude zu machen, denn nichts kann uns mehr er-<lb/>
goͤtzen, als wenn die feinen Geiſtmenſchen in der<lb/><fwplace="bottom"type="catch">groͤß-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[349/0355]
Stuhl eingenommen hatten und Du mich kuͤßteſt
— Weißt Du was, bleib lieber weg, mein Mann
kommt ja nun bald, dann biſt Du deſto oͤfter bei
uns, er wird nichts gegen unſre Vertraulichkeit
haben und die dritte Perſon in derſelben ſein. Du
haſt recht, gute Sophie, verſetzte Albrecht, ich
bleibe weg, es waͤre ſchoͤn, wenn ich anſtatt
Freude bei Euch zu finden, und die Eurige ver-
mehren zu helfen, Zwietracht anrichten, Euch und
mich ungluͤcklich machen ſollte; denn ich waͤr’s
gewiß mit!
Robert war alſo zum letztenmale bei Sophien
geweſen, aber dieſe Menſchen mit dem erwachten
Gefuͤhl, daß ihre unſchuldige Freundſchaft boͤſen
Schein geben und uͤble Folgen haben koͤnnte, wa-
ren doch (das muͤſſen meine Leſer geſtehen, und
Herr Celeſtin geſtand es auch) viel unbehutſamer,
als Leute meiner Art, die bei wirklicher Ausuͤbung
einer verbotenen Sache, wenns zu deſto ſicherern
Genuß gehoͤrt, lange heimlich thun koͤnnen, da
hingegen dieſe, die nichts thaten, ſich vielmehr
die groͤßte Muͤhe gaͤben, gaͤnzlich ſtrafbar zu er-
ſcheinen. Doch ſo was ſtiftet Meiſter Urian, un-
ſer guͤtiger Patron, ganz eigentlich an, um uns eine
Freude zu machen, denn nichts kann uns mehr er-
goͤtzen, als wenn die feinen Geiſtmenſchen in der
groͤß-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/355>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.