Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

ziemlich betroffen auf, aber Vater Busch glaubte
genug gesehen zu haben. Er erboßte sich im Na-
men seines Sohns nicht schlecht über diese Treulo-
sigkeit Sophiens, hielt aber an sich, und nahm
bald ziemlich kurzen Abschied, um nach Hause zu
eilen, seiner Frau zu sagen, daß der Verdacht
gegründet wäre, und seinem Sohn in der vollen
Ueberzeugung zu schreiben, daß Sophie zu Hause
mit ihrem Vetter Wilhelm Robert die unverschäm-
teste Buhlerei triebe.

Sophie und Wilhelm hatten sehr deutlich be-
merkt, daß Vater Busch über die Verfassung, in
der er sie fand, verdrüßlich war, die erste beson-
ders schien aus dem Jrrthum zu erwachen, daß
sie bei einem so nahen Vetter und Kindheitsgespie-
len keine Zurückhaltung nöthig hätte, da sie beson-
ders nichts dabei im Sinne hatte, was einer Un-
treue gegen Albrechten ähnlich war. "Lieber Wil-
helm, sagte sie, jetzt erst seh ich, daß wie unsern
Umgang ändern und einschränken müssen. Wir
sind nahe Verwandte und zusammen erzogen, da-
her sah ich Dich wie einen Bruder an, aber man
möchte doch wohl der Sache eine Auslegung geben,
die meinen guten Albrecht kränken könnte. Mein
Schwiegervater schnitt gar arge Gesichter, es muß
ihm also misfallen haben, daß wir zusammen einen

Stuhl

ziemlich betroffen auf, aber Vater Buſch glaubte
genug geſehen zu haben. Er erboßte ſich im Na-
men ſeines Sohns nicht ſchlecht uͤber dieſe Treulo-
ſigkeit Sophiens, hielt aber an ſich, und nahm
bald ziemlich kurzen Abſchied, um nach Hauſe zu
eilen, ſeiner Frau zu ſagen, daß der Verdacht
gegruͤndet waͤre, und ſeinem Sohn in der vollen
Ueberzeugung zu ſchreiben, daß Sophie zu Hauſe
mit ihrem Vetter Wilhelm Robert die unverſchaͤm-
teſte Buhlerei triebe.

Sophie und Wilhelm hatten ſehr deutlich be-
merkt, daß Vater Buſch uͤber die Verfaſſung, in
der er ſie fand, verdruͤßlich war, die erſte beſon-
ders ſchien aus dem Jrrthum zu erwachen, daß
ſie bei einem ſo nahen Vetter und Kindheitsgeſpie-
len keine Zuruͤckhaltung noͤthig haͤtte, da ſie beſon-
ders nichts dabei im Sinne hatte, was einer Un-
treue gegen Albrechten aͤhnlich war. „Lieber Wil-
helm, ſagte ſie, jetzt erſt ſeh ich, daß wie unſern
Umgang aͤndern und einſchraͤnken muͤſſen. Wir
ſind nahe Verwandte und zuſammen erzogen, da-
her ſah ich Dich wie einen Bruder an, aber man
moͤchte doch wohl der Sache eine Auslegung geben,
die meinen guten Albrecht kraͤnken koͤnnte. Mein
Schwiegervater ſchnitt gar arge Geſichter, es muß
ihm alſo misfallen haben, daß wir zuſammen einen

Stuhl
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0354" n="348"/>
ziemlich betroffen auf, aber Vater Bu&#x017F;ch glaubte<lb/>
genug ge&#x017F;ehen zu haben. Er erboßte &#x017F;ich im Na-<lb/>
men &#x017F;eines Sohns nicht &#x017F;chlecht u&#x0364;ber die&#x017F;e Treulo-<lb/>
&#x017F;igkeit Sophiens, hielt aber an &#x017F;ich, und nahm<lb/>
bald ziemlich kurzen Ab&#x017F;chied, um nach Hau&#x017F;e zu<lb/>
eilen, &#x017F;einer Frau zu &#x017F;agen, daß der Verdacht<lb/>
gegru&#x0364;ndet wa&#x0364;re, und &#x017F;einem Sohn in der vollen<lb/>
Ueberzeugung zu &#x017F;chreiben, daß Sophie zu Hau&#x017F;e<lb/>
mit ihrem Vetter Wilhelm Robert die unver&#x017F;cha&#x0364;m-<lb/>
te&#x017F;te Buhlerei triebe.</p><lb/>
        <p>Sophie und Wilhelm hatten &#x017F;ehr deutlich be-<lb/>
merkt, daß Vater Bu&#x017F;ch u&#x0364;ber die Verfa&#x017F;&#x017F;ung, in<lb/>
der er &#x017F;ie fand, verdru&#x0364;ßlich war, die er&#x017F;te be&#x017F;on-<lb/>
ders &#x017F;chien aus dem Jrrthum zu erwachen, daß<lb/>
&#x017F;ie bei einem &#x017F;o nahen Vetter und Kindheitsge&#x017F;pie-<lb/>
len keine Zuru&#x0364;ckhaltung no&#x0364;thig ha&#x0364;tte, da &#x017F;ie be&#x017F;on-<lb/>
ders nichts dabei im Sinne hatte, was einer Un-<lb/>
treue gegen Albrechten a&#x0364;hnlich war. &#x201E;Lieber Wil-<lb/>
helm, &#x017F;agte &#x017F;ie, jetzt er&#x017F;t &#x017F;eh ich, daß wie un&#x017F;ern<lb/>
Umgang a&#x0364;ndern und ein&#x017F;chra&#x0364;nken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Wir<lb/>
&#x017F;ind nahe Verwandte und zu&#x017F;ammen erzogen, da-<lb/>
her &#x017F;ah ich Dich wie einen Bruder an, aber man<lb/>
mo&#x0364;chte doch wohl der Sache eine Auslegung geben,<lb/>
die meinen guten Albrecht kra&#x0364;nken ko&#x0364;nnte. Mein<lb/>
Schwiegervater &#x017F;chnitt gar arge Ge&#x017F;ichter, es muß<lb/>
ihm al&#x017F;o misfallen haben, daß wir zu&#x017F;ammen einen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stuhl</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0354] ziemlich betroffen auf, aber Vater Buſch glaubte genug geſehen zu haben. Er erboßte ſich im Na- men ſeines Sohns nicht ſchlecht uͤber dieſe Treulo- ſigkeit Sophiens, hielt aber an ſich, und nahm bald ziemlich kurzen Abſchied, um nach Hauſe zu eilen, ſeiner Frau zu ſagen, daß der Verdacht gegruͤndet waͤre, und ſeinem Sohn in der vollen Ueberzeugung zu ſchreiben, daß Sophie zu Hauſe mit ihrem Vetter Wilhelm Robert die unverſchaͤm- teſte Buhlerei triebe. Sophie und Wilhelm hatten ſehr deutlich be- merkt, daß Vater Buſch uͤber die Verfaſſung, in der er ſie fand, verdruͤßlich war, die erſte beſon- ders ſchien aus dem Jrrthum zu erwachen, daß ſie bei einem ſo nahen Vetter und Kindheitsgeſpie- len keine Zuruͤckhaltung noͤthig haͤtte, da ſie beſon- ders nichts dabei im Sinne hatte, was einer Un- treue gegen Albrechten aͤhnlich war. „Lieber Wil- helm, ſagte ſie, jetzt erſt ſeh ich, daß wie unſern Umgang aͤndern und einſchraͤnken muͤſſen. Wir ſind nahe Verwandte und zuſammen erzogen, da- her ſah ich Dich wie einen Bruder an, aber man moͤchte doch wohl der Sache eine Auslegung geben, die meinen guten Albrecht kraͤnken koͤnnte. Mein Schwiegervater ſchnitt gar arge Geſichter, es muß ihm alſo misfallen haben, daß wir zuſammen einen Stuhl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/354
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/354>, abgerufen am 23.11.2024.