lache, wenn er über manches die Hände zusammen- schlägt und so herzbrechend seufzt, daß ich's erra- then kann, er bitte den lieben Gott um Vergebung für mich? Aus dieser Freude, die mir das Anden- ken meiner Jugendlustbarkeiten macht, läßt sich er- sehn, daß ich eben so zufrieden mit mir selbst bin, als Herr Felß es auf sich und seine strotzende Tu- gend war, folglich besitz ich das Glück ebenfalls, welches kein Zufall rauben kann. Ja ich war al- lezeit so fest in seinem Besitz, daß keine Züchti- gung, kein Vermeiden meiner Gesellschaft von or- dentlich denkenden, oder vielmehr eigensinnigen Leuten, mich darinnen, das heißt in der Selbstzu- friedenheit stören konnte. --
Nichts lag jetzt Albrechten so sehr am Her- zen, als Frau Suschen näher kennen zu lernen und zu sehn, was zu Schnitzers Besten und zu ihrer Bekehrung vorzunehmen sei. Er unter- sieng sich, Madam Schnitzer für eine herrschsüchtige und unbescheidene Creatur zu halten, die in Selbst- sucht schwämme, durch sie athmete, dächte und handelte; also für alles, was sonst dem Menschen Pflicht wäre, verstopfte Ohren und Augen hätte. Nachdem aber, was er nebenbei von ihr gehört, urtheilte er auch, daß diese Selbstsucht sie zu einer Thörinn vom ersten Range erhoben habe und machte
sich
lache, wenn er uͤber manches die Haͤnde zuſammen- ſchlaͤgt und ſo herzbrechend ſeufzt, daß ich’s erra- then kann, er bitte den lieben Gott um Vergebung fuͤr mich? Aus dieſer Freude, die mir das Anden- ken meiner Jugendluſtbarkeiten macht, laͤßt ſich er- ſehn, daß ich eben ſo zufrieden mit mir ſelbſt bin, als Herr Felß es auf ſich und ſeine ſtrotzende Tu- gend war, folglich beſitz ich das Gluͤck ebenfalls, welches kein Zufall rauben kann. Ja ich war al- lezeit ſo feſt in ſeinem Beſitz, daß keine Zuͤchti- gung, kein Vermeiden meiner Geſellſchaft von or- dentlich denkenden, oder vielmehr eigenſinnigen Leuten, mich darinnen, das heißt in der Selbſtzu- friedenheit ſtoͤren konnte. —
Nichts lag jetzt Albrechten ſo ſehr am Her- zen, als Frau Suschen naͤher kennen zu lernen und zu ſehn, was zu Schnitzers Beſten und zu ihrer Bekehrung vorzunehmen ſei. Er unter- ſieng ſich, Madam Schnitzer fuͤr eine herrſchſuͤchtige und unbeſcheidene Creatur zu halten, die in Selbſt- ſucht ſchwaͤmme, durch ſie athmete, daͤchte und handelte; alſo fuͤr alles, was ſonſt dem Menſchen Pflicht waͤre, verſtopfte Ohren und Augen haͤtte. Nachdem aber, was er nebenbei von ihr gehoͤrt, urtheilte er auch, daß dieſe Selbſtſucht ſie zu einer Thoͤrinn vom erſten Range erhoben habe und machte
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lache, wenn er uͤber manches die Haͤnde zuſammen-
ſchlaͤgt und ſo herzbrechend ſeufzt, daß ich’s erra-
then kann, er bitte den lieben Gott um Vergebung
fuͤr mich? Aus dieſer Freude, die mir das Anden-
ken meiner Jugendluſtbarkeiten macht, laͤßt ſich er-
ſehn, daß ich eben ſo zufrieden mit mir ſelbſt bin,
als Herr Felß es auf ſich und ſeine ſtrotzende Tu-
gend war, folglich beſitz ich das Gluͤck ebenfalls,
welches kein Zufall rauben kann. Ja ich war al-
lezeit ſo feſt in ſeinem Beſitz, daß keine Zuͤchti-
gung, kein Vermeiden meiner Geſellſchaft von or-
dentlich denkenden, oder vielmehr eigenſinnigen
Leuten, mich darinnen, das heißt in der Selbſtzu-
friedenheit ſtoͤren konnte. —
Nichts lag jetzt Albrechten ſo ſehr am Her-
zen, als Frau Suschen naͤher kennen zu lernen
und zu ſehn, was zu Schnitzers Beſten und
zu ihrer Bekehrung vorzunehmen ſei. Er unter-
ſieng ſich, Madam Schnitzer fuͤr eine herrſchſuͤchtige
und unbeſcheidene Creatur zu halten, die in Selbſt-
ſucht ſchwaͤmme, durch ſie athmete, daͤchte und
handelte; alſo fuͤr alles, was ſonſt dem Menſchen
Pflicht waͤre, verſtopfte Ohren und Augen haͤtte.
Nachdem aber, was er nebenbei von ihr gehoͤrt,
urtheilte er auch, daß dieſe Selbſtſucht ſie zu einer
Thoͤrinn vom erſten Range erhoben habe und machte
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/287>, abgerufen am 22.11.2024.
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