der Officier in der Angst ja; und nun traten das Mädchen, deren Eltern, und der Prediger, welche sämmtlich vor der Thüre gewartet hatten, herein.
Der Prediger hielt eine rührende Straf- und Ermahnungs-Rede, worinnen er dem Lieutenant sein Verbrechen aufs kräftigste vor Augen legte, und ihm seine Pflicht, das geschändete Mädchen wieder zu Ehren zu bringen, vorstellte. Der Offi- cier wagte nichts destoweniger, noch einmal Ein- wendungen zu machen: allein die ganze Familie, und besonders der Student fuhren ihm dermaßen auf den Hals, daß er, weil er sich allein sah, beschloß, sich trauen zu lassen, wozu ihm sein Be- dienter den Ueberrock anziehn mußte.
Hier hatte der Magister wiederum so außer- ordentlich viel Einsicht, zu wissen, daß sich diese Handlung nicht auf die Bühne schickte; also ließ er den Lientenant seinem Bedienten befehlen, zwei Lichter anzustecken, und bat die Gesellschaft, ins Nebenzimmer zu kommen.
Damit aber die Bühne während der Trauung nicht leer bliebe, kam der Bediente, nachdem er dem Brautpaar und den übrigen hineingeleuchtet hatte, wieder zum Vorschein, und hielt einen Monolog, der so lange dauerte, als die eingebil- dete Trauung. Er fieng sich an: "nun! der hat
also
der Officier in der Angſt ja; und nun traten das Maͤdchen, deren Eltern, und der Prediger, welche ſaͤmmtlich vor der Thuͤre gewartet hatten, herein.
Der Prediger hielt eine ruͤhrende Straf- und Ermahnungs-Rede, worinnen er dem Lieutenant ſein Verbrechen aufs kraͤftigſte vor Augen legte, und ihm ſeine Pflicht, das geſchaͤndete Maͤdchen wieder zu Ehren zu bringen, vorſtellte. Der Offi- cier wagte nichts deſtoweniger, noch einmal Ein- wendungen zu machen: allein die ganze Familie, und beſonders der Student fuhren ihm dermaßen auf den Hals, daß er, weil er ſich allein ſah, beſchloß, ſich trauen zu laſſen, wozu ihm ſein Be- dienter den Ueberrock anziehn mußte.
Hier hatte der Magiſter wiederum ſo außer- ordentlich viel Einſicht, zu wiſſen, daß ſich dieſe Handlung nicht auf die Buͤhne ſchickte; alſo ließ er den Lientenant ſeinem Bedienten befehlen, zwei Lichter anzuſtecken, und bat die Geſellſchaft, ins Nebenzimmer zu kommen.
Damit aber die Buͤhne waͤhrend der Trauung nicht leer bliebe, kam der Bediente, nachdem er dem Brautpaar und den uͤbrigen hineingeleuchtet hatte, wieder zum Vorſchein, und hielt einen Monolog, der ſo lange dauerte, als die eingebil- dete Trauung. Er fieng ſich an: „nun! der hat
alſo
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0028"n="22"/>
der Officier in der Angſt ja; und nun traten das<lb/>
Maͤdchen, deren Eltern, und der Prediger, welche<lb/>ſaͤmmtlich vor der Thuͤre gewartet hatten, herein.</p><lb/><p>Der Prediger hielt eine ruͤhrende Straf- und<lb/>
Ermahnungs-Rede, worinnen er dem Lieutenant<lb/>ſein Verbrechen aufs kraͤftigſte vor Augen legte,<lb/>
und ihm ſeine Pflicht, das geſchaͤndete Maͤdchen<lb/>
wieder zu Ehren zu bringen, vorſtellte. Der Offi-<lb/>
cier wagte nichts deſtoweniger, noch einmal Ein-<lb/>
wendungen zu machen: allein die ganze Familie,<lb/>
und beſonders der Student fuhren ihm dermaßen<lb/>
auf den Hals, daß er, weil er ſich allein ſah,<lb/>
beſchloß, ſich trauen zu laſſen, wozu ihm ſein Be-<lb/>
dienter den Ueberrock anziehn mußte.</p><lb/><p>Hier hatte der Magiſter wiederum ſo außer-<lb/>
ordentlich viel Einſicht, zu wiſſen, daß ſich dieſe<lb/>
Handlung nicht auf die Buͤhne ſchickte; alſo ließ<lb/>
er den Lientenant ſeinem Bedienten befehlen, zwei<lb/>
Lichter anzuſtecken, und bat die Geſellſchaft, ins<lb/>
Nebenzimmer zu kommen.</p><lb/><p>Damit aber die Buͤhne waͤhrend der Trauung<lb/>
nicht leer bliebe, kam der Bediente, nachdem er<lb/>
dem Brautpaar und den uͤbrigen hineingeleuchtet<lb/>
hatte, wieder zum Vorſchein, und hielt einen<lb/>
Monolog, der ſo lange dauerte, als die eingebil-<lb/>
dete Trauung. Er fieng ſich an: „nun! der hat<lb/><fwplace="bottom"type="catch">alſo</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[22/0028]
der Officier in der Angſt ja; und nun traten das
Maͤdchen, deren Eltern, und der Prediger, welche
ſaͤmmtlich vor der Thuͤre gewartet hatten, herein.
Der Prediger hielt eine ruͤhrende Straf- und
Ermahnungs-Rede, worinnen er dem Lieutenant
ſein Verbrechen aufs kraͤftigſte vor Augen legte,
und ihm ſeine Pflicht, das geſchaͤndete Maͤdchen
wieder zu Ehren zu bringen, vorſtellte. Der Offi-
cier wagte nichts deſtoweniger, noch einmal Ein-
wendungen zu machen: allein die ganze Familie,
und beſonders der Student fuhren ihm dermaßen
auf den Hals, daß er, weil er ſich allein ſah,
beſchloß, ſich trauen zu laſſen, wozu ihm ſein Be-
dienter den Ueberrock anziehn mußte.
Hier hatte der Magiſter wiederum ſo außer-
ordentlich viel Einſicht, zu wiſſen, daß ſich dieſe
Handlung nicht auf die Buͤhne ſchickte; alſo ließ
er den Lientenant ſeinem Bedienten befehlen, zwei
Lichter anzuſtecken, und bat die Geſellſchaft, ins
Nebenzimmer zu kommen.
Damit aber die Buͤhne waͤhrend der Trauung
nicht leer bliebe, kam der Bediente, nachdem er
dem Brautpaar und den uͤbrigen hineingeleuchtet
hatte, wieder zum Vorſchein, und hielt einen
Monolog, der ſo lange dauerte, als die eingebil-
dete Trauung. Er fieng ſich an: „nun! der hat
alſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/28>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.