Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Leser kennt meinen decenten Confuselius noch nicht,)
in Schlafhosen, öfnete die Thüre, fragte sehr trotzig
was es für Lerm gäbe, erschrak aber nicht wenig,
als ein junger, starker Student mit bloßem Degen
hereintrat und Rechenschaft wegen des an seiner
Schwester verübten Bubenstücks foderte. Der Offi-
cier nahm sich jedoch bald zusammen, und machte
den Unwissenden. Nun erfuhr er aber, daß alles
entdeckt, von dem Mädchen selbst ausgesagt, die
Köchinn sammt der Kupplerinn bereits in Verhaft
gesetzt sei, und beide, wir billig, ins Zuchthaus
kommen würden, und daß der Herr Lieutenant nicht
eine Minute mehr zu leben hätte, wofern er sich
nicht entschlösse, sich noch diese Nacht mit seiner
Schwester trauen zu lassen. Der Officier wollte
Einwendungen machen, wollte seinen Degen haben,
schrie seinem Bedienten zu, daß er ihm solchen ge-
ben sollte: aber dazu war keine Möglichkeit; denn
der Student hatte noch einen Gehülfen mitgebracht,
der den Bedienten schon eingetrieben hatte, und
der ihn nicht von der Stelle ließ, wo er ihn hin-
gedrückt hatte. Der Student hatte indessen den
Herrn Lieutenant in einen Winkel gedrängt, und
setzte ihm die Degenspitze auf die Brust; indem er
immer wiederholte, willst du dich trauen lassen?
Sage ja, oder ich ersteche dich! -- Endlich sagte

der
B 3

Leſer kennt meinen decenten Confuſelius noch nicht,)
in Schlafhoſen, oͤfnete die Thuͤre, fragte ſehr trotzig
was es fuͤr Lerm gaͤbe, erſchrak aber nicht wenig,
als ein junger, ſtarker Student mit bloßem Degen
hereintrat und Rechenſchaft wegen des an ſeiner
Schweſter veruͤbten Bubenſtuͤcks foderte. Der Offi-
cier nahm ſich jedoch bald zuſammen, und machte
den Unwiſſenden. Nun erfuhr er aber, daß alles
entdeckt, von dem Maͤdchen ſelbſt ausgeſagt, die
Koͤchinn ſammt der Kupplerinn bereits in Verhaft
geſetzt ſei, und beide, wir billig, ins Zuchthaus
kommen wuͤrden, und daß der Herr Lieutenant nicht
eine Minute mehr zu leben haͤtte, wofern er ſich
nicht entſchloͤſſe, ſich noch dieſe Nacht mit ſeiner
Schweſter trauen zu laſſen. Der Officier wollte
Einwendungen machen, wollte ſeinen Degen haben,
ſchrie ſeinem Bedienten zu, daß er ihm ſolchen ge-
ben ſollte: aber dazu war keine Moͤglichkeit; denn
der Student hatte noch einen Gehuͤlfen mitgebracht,
der den Bedienten ſchon eingetrieben hatte, und
der ihn nicht von der Stelle ließ, wo er ihn hin-
gedruͤckt hatte. Der Student hatte indeſſen den
Herrn Lieutenant in einen Winkel gedraͤngt, und
ſetzte ihm die Degenſpitze auf die Bruſt; indem er
immer wiederholte, willſt du dich trauen laſſen?
Sage ja, oder ich erſteche dich! — Endlich ſagte

der
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="21"/>
Le&#x017F;er kennt meinen decenten Confu&#x017F;elius noch nicht,)<lb/>
in Schlafho&#x017F;en, o&#x0364;fnete die Thu&#x0364;re, fragte &#x017F;ehr trotzig<lb/>
was es fu&#x0364;r Lerm ga&#x0364;be, er&#x017F;chrak aber nicht wenig,<lb/>
als ein junger, &#x017F;tarker Student mit bloßem Degen<lb/>
hereintrat und Rechen&#x017F;chaft wegen des an &#x017F;einer<lb/>
Schwe&#x017F;ter veru&#x0364;bten Buben&#x017F;tu&#x0364;cks foderte. Der Offi-<lb/>
cier nahm &#x017F;ich jedoch bald zu&#x017F;ammen, und machte<lb/>
den Unwi&#x017F;&#x017F;enden. Nun erfuhr er aber, daß alles<lb/>
entdeckt, von dem Ma&#x0364;dchen &#x017F;elb&#x017F;t ausge&#x017F;agt, die<lb/>
Ko&#x0364;chinn &#x017F;ammt der Kupplerinn bereits in Verhaft<lb/>
ge&#x017F;etzt &#x017F;ei, und beide, wir billig, ins Zuchthaus<lb/>
kommen wu&#x0364;rden, und daß der Herr Lieutenant nicht<lb/>
eine Minute mehr zu leben ha&#x0364;tte, wofern er &#x017F;ich<lb/>
nicht ent&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;ich noch die&#x017F;e Nacht mit &#x017F;einer<lb/>
Schwe&#x017F;ter trauen zu la&#x017F;&#x017F;en. Der Officier wollte<lb/>
Einwendungen machen, wollte &#x017F;einen Degen haben,<lb/>
&#x017F;chrie &#x017F;einem Bedienten zu, daß er ihm &#x017F;olchen ge-<lb/>
ben &#x017F;ollte: aber dazu war keine Mo&#x0364;glichkeit; denn<lb/>
der Student hatte noch einen Gehu&#x0364;lfen mitgebracht,<lb/>
der den Bedienten &#x017F;chon eingetrieben hatte, und<lb/>
der ihn nicht von der Stelle ließ, wo er ihn hin-<lb/>
gedru&#x0364;ckt hatte. Der Student hatte inde&#x017F;&#x017F;en den<lb/>
Herrn Lieutenant in einen Winkel gedra&#x0364;ngt, und<lb/>
&#x017F;etzte ihm die Degen&#x017F;pitze auf die Bru&#x017F;t; indem er<lb/>
immer wiederholte, will&#x017F;t du dich trauen la&#x017F;&#x017F;en?<lb/>
Sage ja, oder ich er&#x017F;teche dich! &#x2014; Endlich &#x017F;agte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 3</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0027] Leſer kennt meinen decenten Confuſelius noch nicht,) in Schlafhoſen, oͤfnete die Thuͤre, fragte ſehr trotzig was es fuͤr Lerm gaͤbe, erſchrak aber nicht wenig, als ein junger, ſtarker Student mit bloßem Degen hereintrat und Rechenſchaft wegen des an ſeiner Schweſter veruͤbten Bubenſtuͤcks foderte. Der Offi- cier nahm ſich jedoch bald zuſammen, und machte den Unwiſſenden. Nun erfuhr er aber, daß alles entdeckt, von dem Maͤdchen ſelbſt ausgeſagt, die Koͤchinn ſammt der Kupplerinn bereits in Verhaft geſetzt ſei, und beide, wir billig, ins Zuchthaus kommen wuͤrden, und daß der Herr Lieutenant nicht eine Minute mehr zu leben haͤtte, wofern er ſich nicht entſchloͤſſe, ſich noch dieſe Nacht mit ſeiner Schweſter trauen zu laſſen. Der Officier wollte Einwendungen machen, wollte ſeinen Degen haben, ſchrie ſeinem Bedienten zu, daß er ihm ſolchen ge- ben ſollte: aber dazu war keine Moͤglichkeit; denn der Student hatte noch einen Gehuͤlfen mitgebracht, der den Bedienten ſchon eingetrieben hatte, und der ihn nicht von der Stelle ließ, wo er ihn hin- gedruͤckt hatte. Der Student hatte indeſſen den Herrn Lieutenant in einen Winkel gedraͤngt, und ſetzte ihm die Degenſpitze auf die Bruſt; indem er immer wiederholte, willſt du dich trauen laſſen? Sage ja, oder ich erſteche dich! — Endlich ſagte der B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/27
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/27>, abgerufen am 27.11.2024.