Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
wenn er nichts hat? Soll er ihn hinsetzen lassen;
so muß er ihn noch dazu beköstigen. Darnach
hat der Magifler auch mehr Schulden: wenn er
einen bezahlt, wollen's die andern auch so haben;
da würde er denn immer verklagt, und säße Jh-
nen beständig wieder anf dem Halse. Sehen aber
die andern, daß Busch nichts kriegt; so lassen sie
ihn alle laufen: und Herr Schnitzer können ihm
außerdem Wohlthaten genug erweisen, die dem
armen Manne besser zu gute kommen.

Schnitzer fand, daß Suschen sehr vernünftig
räsonnirte, und nahm sich vor, dem Magister
nichts zu borgen.

Während der vier Wochen fragte Confuselius
seine vermeinte Beschützerinn fleißig, ob sie seiner
Sache wegen mit Herrn Schnitzer gesprochen
hätte? Anfangs sagte sie es hätte sich
noch nicht schicken wollen; in der Folge wollte
sie davon gesprochen, aber beinahe abschlägliche
Antwort erhalten haben; jedoch wolle sie wie-
der ansetzen. Endlich als nur kaum noch ein Tag
zum Zahlungstermin fehlte, versicherte sie den Ma-
gister, sie habe alles Mögliche gethan; Herr Schni-
tzer hätte nicht ja, nicht nein gesagt; und nun
riethe sie ihm, seine Worte selbst anzubringen.

Dieses that der Magister sogleich: aber Hören
und Sehen vergieng ihm, da Johann Jacob alles
wenn er nichts hat? Soll er ihn hinſetzen laſſen;
ſo muß er ihn noch dazu bekoͤſtigen. Darnach
hat der Magifler auch mehr Schulden: wenn er
einen bezahlt, wollen’s die andern auch ſo haben;
da wuͤrde er denn immer verklagt, und ſaͤße Jh-
nen beſtaͤndig wieder anf dem Halſe. Sehen aber
die andern, daß Buſch nichts kriegt; ſo laſſen ſie
ihn alle laufen: und Herr Schnitzer koͤnnen ihm
außerdem Wohlthaten genug erweiſen, die dem
armen Manne beſſer zu gute kommen.

Schnitzer fand, daß Suschen ſehr vernuͤnftig
raͤſonnirte, und nahm ſich vor, dem Magiſter
nichts zu borgen.

Waͤhrend der vier Wochen fragte Confuſelius
ſeine vermeinte Beſchuͤtzerinn fleißig, ob ſie ſeiner
Sache wegen mit Herrn Schnitzer geſprochen
haͤtte? Anfangs ſagte ſie es haͤtte ſich
noch nicht ſchicken wollen; in der Folge wollte
ſie davon geſprochen, aber beinahe abſchlaͤgliche
Antwort erhalten haben; jedoch wolle ſie wie-
der anſetzen. Endlich als nur kaum noch ein Tag
zum Zahlungstermin fehlte, verſicherte ſie den Ma-
giſter, ſie habe alles Moͤgliche gethan; Herr Schni-
tzer haͤtte nicht ja, nicht nein geſagt; und nun
riethe ſie ihm, ſeine Worte ſelbſt anzubringen.

Dieſes that der Magiſter ſogleich: aber Hoͤren
und Sehen vergieng ihm, da Johann Jacob alles
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUS">
          <p><pb facs="#f0152" n="146"/>
wenn er nichts hat? Soll er ihn hin&#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
&#x017F;o muß er ihn noch dazu beko&#x0364;&#x017F;tigen. Darnach<lb/>
hat der Magifler auch mehr Schulden: wenn er<lb/>
einen bezahlt, wollen&#x2019;s die andern auch &#x017F;o haben;<lb/>
da wu&#x0364;rde er denn immer verklagt, und &#x017F;a&#x0364;ße Jh-<lb/>
nen be&#x017F;ta&#x0364;ndig wieder anf dem Hal&#x017F;e. Sehen aber<lb/>
die andern, daß Bu&#x017F;ch nichts kriegt; &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
ihn alle laufen: und Herr Schnitzer ko&#x0364;nnen ihm<lb/>
außerdem Wohlthaten genug erwei&#x017F;en, die dem<lb/>
armen Manne be&#x017F;&#x017F;er zu gute kommen.</p><lb/>
          <p>Schnitzer fand, daß Suschen &#x017F;ehr vernu&#x0364;nftig<lb/>
ra&#x0364;&#x017F;onnirte, und nahm &#x017F;ich vor, dem Magi&#x017F;ter<lb/>
nichts zu borgen.</p><lb/>
          <p>Wa&#x0364;hrend der vier Wochen fragte Confu&#x017F;elius<lb/>
&#x017F;eine vermeinte Be&#x017F;chu&#x0364;tzerinn fleißig, ob &#x017F;ie &#x017F;einer<lb/>
Sache wegen mit Herrn Schnitzer ge&#x017F;prochen<lb/>
ha&#x0364;tte? Anfangs &#x017F;agte &#x017F;ie es ha&#x0364;tte &#x017F;ich<lb/>
noch nicht &#x017F;chicken wollen; in der Folge wollte<lb/>
&#x017F;ie davon ge&#x017F;prochen, aber beinahe ab&#x017F;chla&#x0364;gliche<lb/>
Antwort erhalten haben; jedoch wolle &#x017F;ie wie-<lb/>
der an&#x017F;etzen. Endlich als nur kaum noch ein Tag<lb/>
zum Zahlungstermin fehlte, ver&#x017F;icherte &#x017F;ie den Ma-<lb/>
gi&#x017F;ter, &#x017F;ie habe alles Mo&#x0364;gliche gethan; Herr Schni-<lb/>
tzer ha&#x0364;tte nicht ja, nicht nein ge&#x017F;agt; und nun<lb/>
riethe &#x017F;ie ihm, &#x017F;eine Worte &#x017F;elb&#x017F;t anzubringen.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es that der Magi&#x017F;ter &#x017F;ogleich: aber Ho&#x0364;ren<lb/>
und Sehen vergieng ihm, da Johann Jacob alles<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0152] wenn er nichts hat? Soll er ihn hinſetzen laſſen; ſo muß er ihn noch dazu bekoͤſtigen. Darnach hat der Magifler auch mehr Schulden: wenn er einen bezahlt, wollen’s die andern auch ſo haben; da wuͤrde er denn immer verklagt, und ſaͤße Jh- nen beſtaͤndig wieder anf dem Halſe. Sehen aber die andern, daß Buſch nichts kriegt; ſo laſſen ſie ihn alle laufen: und Herr Schnitzer koͤnnen ihm außerdem Wohlthaten genug erweiſen, die dem armen Manne beſſer zu gute kommen. Schnitzer fand, daß Suschen ſehr vernuͤnftig raͤſonnirte, und nahm ſich vor, dem Magiſter nichts zu borgen. Waͤhrend der vier Wochen fragte Confuſelius ſeine vermeinte Beſchuͤtzerinn fleißig, ob ſie ſeiner Sache wegen mit Herrn Schnitzer geſprochen haͤtte? Anfangs ſagte ſie es haͤtte ſich noch nicht ſchicken wollen; in der Folge wollte ſie davon geſprochen, aber beinahe abſchlaͤgliche Antwort erhalten haben; jedoch wolle ſie wie- der anſetzen. Endlich als nur kaum noch ein Tag zum Zahlungstermin fehlte, verſicherte ſie den Ma- giſter, ſie habe alles Moͤgliche gethan; Herr Schni- tzer haͤtte nicht ja, nicht nein geſagt; und nun riethe ſie ihm, ſeine Worte ſelbſt anzubringen. Dieſes that der Magiſter ſogleich: aber Hoͤren und Sehen vergieng ihm, da Johann Jacob alles

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/152
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/152>, abgerufen am 25.11.2024.