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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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doch als alter Brauch vererbte Ehelosigkeit der Küster zu Hedeper. Um meines Toni willen, sprach sie ihre Hände faltend, mög's ihnen gut gehen, hier und in Ewigkeit, Amen!

Sie wollte sich eben, um nicht zu stören und auch den Mann nicht mit der Suppe warten zu lassen, auf den Heimweg nach dem Erlenkamp begeben, als eine Wendung der im Wittwengarten Wandelnden die Schwägerin dem Auge des Küsters verrieth. Er hob die Hand seiner Begleiterin vielbedeutend in die Höhe und rief die Meierin herbei, indem er ihr die künftige Frau Küsterin entgegenführte.

Gottes Segen! sagte die Meierin, näher kommend und mit Thränen in den Augen der neuen Schwägerin die Hand schüttelnd. Es lohnte sich schon, in Geduld zu warten, nun Alles zu fröhlichem Bunde gediehen. Sie meinte das Warten auf dem Steinsitz, aber die Wittwe verstand ihre Worte anders und konnte vor Bewegung keine Antwort geben. Nur die Hand der Meierin hielt sie fest und drückte sie, daß selbst die arbeitgehärtete Haut den Druck durch und durch spürte.

Um nicht gleich von dem geschäftlichen Theile ihres Verweilens zu reden, besann die Meierin sich in der Geschwindigkeit auf ein paar taugliche Bibelsprüche, zu denen der Küster aus eigenem reichen Gedächtnißschatze beisteuerte, während die Wittwe mit Kopfnicken und Amensagen die Pausen ausfüllte. Als aber das Pulver der Meierin verschossen war, glaubte sie die Frage wegen des

doch als alter Brauch vererbte Ehelosigkeit der Küster zu Hedeper. Um meines Toni willen, sprach sie ihre Hände faltend, mög's ihnen gut gehen, hier und in Ewigkeit, Amen!

Sie wollte sich eben, um nicht zu stören und auch den Mann nicht mit der Suppe warten zu lassen, auf den Heimweg nach dem Erlenkamp begeben, als eine Wendung der im Wittwengarten Wandelnden die Schwägerin dem Auge des Küsters verrieth. Er hob die Hand seiner Begleiterin vielbedeutend in die Höhe und rief die Meierin herbei, indem er ihr die künftige Frau Küsterin entgegenführte.

Gottes Segen! sagte die Meierin, näher kommend und mit Thränen in den Augen der neuen Schwägerin die Hand schüttelnd. Es lohnte sich schon, in Geduld zu warten, nun Alles zu fröhlichem Bunde gediehen. Sie meinte das Warten auf dem Steinsitz, aber die Wittwe verstand ihre Worte anders und konnte vor Bewegung keine Antwort geben. Nur die Hand der Meierin hielt sie fest und drückte sie, daß selbst die arbeitgehärtete Haut den Druck durch und durch spürte.

Um nicht gleich von dem geschäftlichen Theile ihres Verweilens zu reden, besann die Meierin sich in der Geschwindigkeit auf ein paar taugliche Bibelsprüche, zu denen der Küster aus eigenem reichen Gedächtnißschatze beisteuerte, während die Wittwe mit Kopfnicken und Amensagen die Pausen ausfüllte. Als aber das Pulver der Meierin verschossen war, glaubte sie die Frage wegen des

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/90>, abgerufen am 23.11.2024.