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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Grunde der ganze Ort vormundschaftliche Aufsicht zu führen hatte? Hielt er nicht selbst dafür, daß ein Christ, der zum Islam übertritt, nicht viel tiefer sinkt, als ein Küster Namens Habermus, der gegen den Brauch des Cölibats verstößt?

Er blieb sinnend stehen, denn es kam ihm vor, als halte auch dieser traditionell gewordene Vergleich nicht mehr Stich, und als sei die Zeit vorüber, wo er zu dergleichen Glaubensartikeln Amen sagte. Noch brannte in ihm das ungefährliche Feuer der Entrüstung über die fälschliche Verlängerung seiner Wiegenzeit, und er war nicht abgeneigt, alles von der Schwester Behauptete um jener einen Fälschung willen zu bekämpfen. Je näher er aber dem alten Meierhofe kam, desto mehr fiel er in die strengere Auffassung seines Standes zurück, die ihm hier seit seiner frühesten Zeit anerzogen worden war. Drüben hinter dem Wagenschuppen hatte er seinen Platz, gehabt, wenn die Geschwister Kirchgang spielten. Nur er durfte dort stehen und die große Kuhglocke läuten, die vor uralten Zeiten dort zu diesem Spiele aufgehängt worden war. Das Holzdächlein über der Glocke stammte aus seiner frühesten Zeit. Er hatte nicht leiden wollen, daß Spatzen sich auf die Glocke setzten und sie zum Läuten brachten. Der Vater selbst war dem Kinde mit dem abwehrenden Dächlein zur Hand gewesen, froh darüber, daß es auf seine Privilegien halte.

Wo jetzt der Weizenschober stand, hatte er früher auf leeren Biertonnen seinen Ehrenplatz, so oft die Ge-

Grunde der ganze Ort vormundschaftliche Aufsicht zu führen hatte? Hielt er nicht selbst dafür, daß ein Christ, der zum Islam übertritt, nicht viel tiefer sinkt, als ein Küster Namens Habermus, der gegen den Brauch des Cölibats verstößt?

Er blieb sinnend stehen, denn es kam ihm vor, als halte auch dieser traditionell gewordene Vergleich nicht mehr Stich, und als sei die Zeit vorüber, wo er zu dergleichen Glaubensartikeln Amen sagte. Noch brannte in ihm das ungefährliche Feuer der Entrüstung über die fälschliche Verlängerung seiner Wiegenzeit, und er war nicht abgeneigt, alles von der Schwester Behauptete um jener einen Fälschung willen zu bekämpfen. Je näher er aber dem alten Meierhofe kam, desto mehr fiel er in die strengere Auffassung seines Standes zurück, die ihm hier seit seiner frühesten Zeit anerzogen worden war. Drüben hinter dem Wagenschuppen hatte er seinen Platz, gehabt, wenn die Geschwister Kirchgang spielten. Nur er durfte dort stehen und die große Kuhglocke läuten, die vor uralten Zeiten dort zu diesem Spiele aufgehängt worden war. Das Holzdächlein über der Glocke stammte aus seiner frühesten Zeit. Er hatte nicht leiden wollen, daß Spatzen sich auf die Glocke setzten und sie zum Läuten brachten. Der Vater selbst war dem Kinde mit dem abwehrenden Dächlein zur Hand gewesen, froh darüber, daß es auf seine Privilegien halte.

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[0053] Grunde der ganze Ort vormundschaftliche Aufsicht zu führen hatte? Hielt er nicht selbst dafür, daß ein Christ, der zum Islam übertritt, nicht viel tiefer sinkt, als ein Küster Namens Habermus, der gegen den Brauch des Cölibats verstößt? Er blieb sinnend stehen, denn es kam ihm vor, als halte auch dieser traditionell gewordene Vergleich nicht mehr Stich, und als sei die Zeit vorüber, wo er zu dergleichen Glaubensartikeln Amen sagte. Noch brannte in ihm das ungefährliche Feuer der Entrüstung über die fälschliche Verlängerung seiner Wiegenzeit, und er war nicht abgeneigt, alles von der Schwester Behauptete um jener einen Fälschung willen zu bekämpfen. Je näher er aber dem alten Meierhofe kam, desto mehr fiel er in die strengere Auffassung seines Standes zurück, die ihm hier seit seiner frühesten Zeit anerzogen worden war. Drüben hinter dem Wagenschuppen hatte er seinen Platz, gehabt, wenn die Geschwister Kirchgang spielten. Nur er durfte dort stehen und die große Kuhglocke läuten, die vor uralten Zeiten dort zu diesem Spiele aufgehängt worden war. Das Holzdächlein über der Glocke stammte aus seiner frühesten Zeit. Er hatte nicht leiden wollen, daß Spatzen sich auf die Glocke setzten und sie zum Läuten brachten. Der Vater selbst war dem Kinde mit dem abwehrenden Dächlein zur Hand gewesen, froh darüber, daß es auf seine Privilegien halte. Wo jetzt der Weizenschober stand, hatte er früher auf leeren Biertonnen seinen Ehrenplatz, so oft die Ge-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/53>, abgerufen am 23.11.2024.