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Walcker, Karl: Die Frauenbewegung. Straßburg, 1896.

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Die Eroberung Mexikos, Mittel- und Südamerikas durch Anglo-
amerikaner
und Deutschamerikaner der Union ist eine bloße
Frage der Zeit. Eine Annexion wäre nicht möglich, wohl aber die
Beherrschung in republikanischer, oder militär-monarchischer, konstitu-
tioneller Form.

Ähnlich steigt täglich das Übergewicht der modernen Kultur
über ihre Gegner und Gegnerinnen. Dadurch erhalten edle Frauen
und Mädchen mehr und mehr die Möglichkeit, für ihr eigenes Geschlecht,
für ihr Volk, ja, für die Menschheit Großes zu wirken.

"Das Ewig-Weibliche
Zieht uns hinan."



Sechstes Kapitel.

Die Fraueninteressen beim Geisteskampfe zwischen dem Konstitutionalismus
und der Kooptationsaristokratie, der Hauptvertreterin der öffentlichen
Meinung.

Eine ausführliche Erörterung dieses verwickelten, kontroversen
Gegenstandes würde hier zu weit führen. Der berühmte, 1896 ins
Parlament gewählte englische Historiker Lecky hat z. B. für sein
Werk Democracy and Liberty, 1896, zwei starke, 36 Schilling
kostende Bände gebraucht.28) Selbst meine kleine, im Herbst 1895, im
Buchhändlerjahr 1896, erschienene Schrift "Die Gefahren des Kon-
stitutionalismus und ihre Gegenmittel" enthält doch, trotz ihrer mög-
lichst knappen Fassung, VI und 29 Seiten. Jch beschränke mich daher
auf wenige orientierende Bemerkungen. Jn der politischen Theorie
und Praxis Europas, Amerikas, Australiens treten mehr und
mehr bedeutungsvolle Bestrebungen hervor, welche den Konstitutiona-
lismus ergänzen, kontrollieren, überbieten
wollen. Es handelt
sich dabei um eine Art Herrschaft der öffentlichen Meinung vermittelst
der Rede-, Preß- und Vereinsfreiheit, und, last not least, einer mäch-
tigen, volksfreundlichen, aus allen Ständen, einschließlich der unteren
Klassen, ergänzten, meist aus Nichtabgeordneten bestehenden Koop-
tationsaristokratie
. Schon im 16. Jahrhundert sagte Lord
Burleigh
, der Ahnherr des Marquis Salisbury:"England

Die Eroberung Mexikos, Mittel- und Südamerikas durch Anglo-
amerikaner
und Deutschamerikaner der Union ist eine bloße
Frage der Zeit. Eine Annexion wäre nicht möglich, wohl aber die
Beherrschung in republikanischer, oder militär-monarchischer, konstitu-
tioneller Form.

Ähnlich steigt täglich das Übergewicht der modernen Kultur
über ihre Gegner und Gegnerinnen. Dadurch erhalten edle Frauen
und Mädchen mehr und mehr die Möglichkeit, für ihr eigenes Geschlecht,
für ihr Volk, ja, für die Menschheit Großes zu wirken.

„Das Ewig-Weibliche
Zieht uns hinan.“



Sechstes Kapitel.

Die Fraueninteressen beim Geisteskampfe zwischen dem Konstitutionalismus
und der Kooptationsaristokratie, der Hauptvertreterin der öffentlichen
Meinung.

Eine ausführliche Erörterung dieses verwickelten, kontroversen
Gegenstandes würde hier zu weit führen. Der berühmte, 1896 ins
Parlament gewählte englische Historiker Lecky hat z. B. für sein
Werk Democracy and Liberty, 1896, zwei starke, 36 Schilling
kostende Bände gebraucht.28) Selbst meine kleine, im Herbst 1895, im
Buchhändlerjahr 1896, erschienene Schrift „Die Gefahren des Kon-
stitutionalismus und ihre Gegenmittel“ enthält doch, trotz ihrer mög-
lichst knappen Fassung, VI und 29 Seiten. Jch beschränke mich daher
auf wenige orientierende Bemerkungen. Jn der politischen Theorie
und Praxis Europas, Amerikas, Australiens treten mehr und
mehr bedeutungsvolle Bestrebungen hervor, welche den Konstitutiona-
lismus ergänzen, kontrollieren, überbieten
wollen. Es handelt
sich dabei um eine Art Herrschaft der öffentlichen Meinung vermittelst
der Rede-, Preß- und Vereinsfreiheit, und, last not least, einer mäch-
tigen, volksfreundlichen, aus allen Ständen, einschließlich der unteren
Klassen, ergänzten, meist aus Nichtabgeordneten bestehenden Koop-
tationsaristokratie
. Schon im 16. Jahrhundert sagte Lord
Burleigh
, der Ahnherr des Marquis SalisburyEngland

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[38/0044] Die Eroberung Mexikos, Mittel- und Südamerikas durch Anglo- amerikaner und Deutschamerikaner der Union ist eine bloße Frage der Zeit. Eine Annexion wäre nicht möglich, wohl aber die Beherrschung in republikanischer, oder militär-monarchischer, konstitu- tioneller Form. Ähnlich steigt täglich das Übergewicht der modernen Kultur über ihre Gegner und Gegnerinnen. Dadurch erhalten edle Frauen und Mädchen mehr und mehr die Möglichkeit, für ihr eigenes Geschlecht, für ihr Volk, ja, für die Menschheit Großes zu wirken. „Das Ewig-Weibliche Zieht uns hinan.“ Sechstes Kapitel. Die Fraueninteressen beim Geisteskampfe zwischen dem Konstitutionalismus und der Kooptationsaristokratie, der Hauptvertreterin der öffentlichen Meinung. Eine ausführliche Erörterung dieses verwickelten, kontroversen Gegenstandes würde hier zu weit führen. Der berühmte, 1896 ins Parlament gewählte englische Historiker Lecky hat z. B. für sein Werk Democracy and Liberty, 1896, zwei starke, 36 Schilling kostende Bände gebraucht. ²⁸⁾ Selbst meine kleine, im Herbst 1895, im Buchhändlerjahr 1896, erschienene Schrift „Die Gefahren des Kon- stitutionalismus und ihre Gegenmittel“ enthält doch, trotz ihrer mög- lichst knappen Fassung, VI und 29 Seiten. Jch beschränke mich daher auf wenige orientierende Bemerkungen. Jn der politischen Theorie und Praxis Europas, Amerikas, Australiens treten mehr und mehr bedeutungsvolle Bestrebungen hervor, welche den Konstitutiona- lismus ergänzen, kontrollieren, überbieten wollen. Es handelt sich dabei um eine Art Herrschaft der öffentlichen Meinung vermittelst der Rede-, Preß- und Vereinsfreiheit, und, last not least, einer mäch- tigen, volksfreundlichen, aus allen Ständen, einschließlich der unteren Klassen, ergänzten, meist aus Nichtabgeordneten bestehenden Koop- tationsaristokratie. Schon im 16. Jahrhundert sagte Lord Burleigh, der Ahnherr des Marquis Salisbury:«England

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-04-09T14:25:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-04-09T14:25:10Z)

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Zitationshilfe: Walcker, Karl: Die Frauenbewegung. Straßburg, 1896, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walcker_frauenbewegung_1896/44>, abgerufen am 09.11.2024.