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Walcker, Karl: Die Frauenbewegung. Straßburg, 1896.

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So manche Frauen sind an Begabung, sogar an politischer, vielen
Männern überlegen. Beispielsweise seien die oben S. 3 erwähnte
Frau Bentzon und die Gräfin Adelheid Poninska genannt. Letztere
war 1804 als Gräfin Dohna-Schlodien aus dem Hause Kotzenau
geboren, heiratete 1841 den evangelischen galizischen Grafen Adolf
Poninski, starb, kinderlos, 1881 in Leipzig. Sie schrieb 1874 unter
dem Pseudonym Arminius die, trotz gewissen Mängeln verdienstvolle
Schrift "Die Großstädte in ihrer Wohnungsnot und die Grundlagen
einer durchgreifenden Abhilfe. Mit einem Vorwort von (Professor Dr.)
Th. Freiherr von der Goltz."22) Es ist bereits vorgekommen, daß
begabte Damen in Männervereinen mit großem Beifall gesprochen
haben. Jn der Leipziger Gemeinnützigen Gesellschaft habe ich, als
Gast, in den 1890er Jahren selbst Vorträge von Fräulein Auguste
Schmidt
, Frau Dr. jur. E. Kempin, Frau Dr. Gnauck-Kühne
gehört. An die Vorträge schlossen sich Debatten. Die letztgenannte
Dame erntete 1895 auf dem evangelisch-sozialen Kongreß in Erfurt
eben solchen Beifall. 1896 hielt sie im staatswissenschaftlichen, aus
Professoren und höheren Beamten bestehenden Verein in Berlin einen
Vortrag. Frau Kempin war Dozentin in Zürich, ist jetzt gerichtliche
Sachverständige für englisches und amerikanisches Recht und Advokatin
in Berlin. Beiläufig bemerkt, ist es für liberale Frauen und Männer
nicht rätlich, an einem evangelisch-sozialen Kongresse teilzunehmen,
weil dieser Name sehr vieldeutig und ziemlich unpopulär ist. Juristinnen
sollten in den Deutschen Juristentag zugelassen werden. Auch der
Verein für Sozialpolitik, die Berliner Volkswirtschaftliche
Gesellschaft
und ähnliche Vereine sollten Damen geöffnet werden.
Die letzteren werden sogar in den Reichstag und die Landtage ein-
ziehen, nicht als Abgeordnetinnen, wohl aber als Zeuginnen vor
Enquetenkommissionen, ja, als Mitleiterinnen derselben, z. B. in
ihrer Eigenschaft als Fabrikinspektorinnen. Jn vielen deutschen
Frauen und Mädchen stecken reiche, ungehobene Schätze des
Geistes und Gemüts, auch der politisch-sozialen Jntelligenz
.
Diese Schätze werden früher oder später zum Wohl des deutschen
Vaterlandes nutzbar gemacht werden. Sogar in manchen Zweigen
des Staatsdienstes werden Damen Verwendung finden. Frl. Helene
Lange
hielt es 1894 in ihrer Zeitschrift für möglich, daß es zur
Zeit unserer Enkel, oder Urenkel einen weiblichen Abteilungsdirektor
oder Rat im Ministerium des Unterrichts geben wird. Jch bin
So manche Frauen sind an Begabung, sogar an politischer, vielen
Männern überlegen. Beispielsweise seien die oben S. 3 erwähnte
Frau Bentzon und die Gräfin Adelheid Poninska genannt. Letztere
war 1804 als Gräfin Dohna-Schlodien aus dem Hause Kotzenau
geboren, heiratete 1841 den evangelischen galizischen Grafen Adolf
Poninski, starb, kinderlos, 1881 in Leipzig. Sie schrieb 1874 unter
dem Pseudonym Arminius die, trotz gewissen Mängeln verdienstvolle
Schrift „Die Großstädte in ihrer Wohnungsnot und die Grundlagen
einer durchgreifenden Abhilfe. Mit einem Vorwort von (Professor Dr.)
Th. Freiherr von der Goltz.“22) Es ist bereits vorgekommen, daß
begabte Damen in Männervereinen mit großem Beifall gesprochen
haben. Jn der Leipziger Gemeinnützigen Gesellschaft habe ich, als
Gast, in den 1890er Jahren selbst Vorträge von Fräulein Auguste
Schmidt
, Frau Dr. jur. E. Kempin, Frau Dr. Gnauck-Kühne
gehört. An die Vorträge schlossen sich Debatten. Die letztgenannte
Dame erntete 1895 auf dem evangelisch-sozialen Kongreß in Erfurt
eben solchen Beifall. 1896 hielt sie im staatswissenschaftlichen, aus
Professoren und höheren Beamten bestehenden Verein in Berlin einen
Vortrag. Frau Kempin war Dozentin in Zürich, ist jetzt gerichtliche
Sachverständige für englisches und amerikanisches Recht und Advokatin
in Berlin. Beiläufig bemerkt, ist es für liberale Frauen und Männer
nicht rätlich, an einem evangelisch-sozialen Kongresse teilzunehmen,
weil dieser Name sehr vieldeutig und ziemlich unpopulär ist. Juristinnen
sollten in den Deutschen Juristentag zugelassen werden. Auch der
Verein für Sozialpolitik, die Berliner Volkswirtschaftliche
Gesellschaft
und ähnliche Vereine sollten Damen geöffnet werden.
Die letzteren werden sogar in den Reichstag und die Landtage ein-
ziehen, nicht als Abgeordnetinnen, wohl aber als Zeuginnen vor
Enquêtenkommissionen, ja, als Mitleiterinnen derselben, z. B. in
ihrer Eigenschaft als Fabrikinspektorinnen. Jn vielen deutschen
Frauen und Mädchen stecken reiche, ungehobene Schätze des
Geistes und Gemüts, auch der politisch-sozialen Jntelligenz
.
Diese Schätze werden früher oder später zum Wohl des deutschen
Vaterlandes nutzbar gemacht werden. Sogar in manchen Zweigen
des Staatsdienstes werden Damen Verwendung finden. Frl. Helene
Lange
hielt es 1894 in ihrer Zeitschrift für möglich, daß es zur
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[30/0036] So manche Frauen sind an Begabung, sogar an politischer, vielen Männern überlegen. Beispielsweise seien die oben S. 3 erwähnte Frau Bentzon und die Gräfin Adelheid Poninska genannt. Letztere war 1804 als Gräfin Dohna-Schlodien aus dem Hause Kotzenau geboren, heiratete 1841 den evangelischen galizischen Grafen Adolf Poninski, starb, kinderlos, 1881 in Leipzig. Sie schrieb 1874 unter dem Pseudonym Arminius die, trotz gewissen Mängeln verdienstvolle Schrift „Die Großstädte in ihrer Wohnungsnot und die Grundlagen einer durchgreifenden Abhilfe. Mit einem Vorwort von (Professor Dr.) Th. Freiherr von der Goltz.“ ²²⁾ Es ist bereits vorgekommen, daß begabte Damen in Männervereinen mit großem Beifall gesprochen haben. Jn der Leipziger Gemeinnützigen Gesellschaft habe ich, als Gast, in den 1890er Jahren selbst Vorträge von Fräulein Auguste Schmidt, Frau Dr. jur. E. Kempin, Frau Dr. Gnauck-Kühne gehört. An die Vorträge schlossen sich Debatten. Die letztgenannte Dame erntete 1895 auf dem evangelisch-sozialen Kongreß in Erfurt eben solchen Beifall. 1896 hielt sie im staatswissenschaftlichen, aus Professoren und höheren Beamten bestehenden Verein in Berlin einen Vortrag. Frau Kempin war Dozentin in Zürich, ist jetzt gerichtliche Sachverständige für englisches und amerikanisches Recht und Advokatin in Berlin. Beiläufig bemerkt, ist es für liberale Frauen und Männer nicht rätlich, an einem evangelisch-sozialen Kongresse teilzunehmen, weil dieser Name sehr vieldeutig und ziemlich unpopulär ist. Juristinnen sollten in den Deutschen Juristentag zugelassen werden. Auch der Verein für Sozialpolitik, die Berliner Volkswirtschaftliche Gesellschaft und ähnliche Vereine sollten Damen geöffnet werden. Die letzteren werden sogar in den Reichstag und die Landtage ein- ziehen, nicht als Abgeordnetinnen, wohl aber als Zeuginnen vor Enquêtenkommissionen, ja, als Mitleiterinnen derselben, z. B. in ihrer Eigenschaft als Fabrikinspektorinnen. Jn vielen deutschen Frauen und Mädchen stecken reiche, ungehobene Schätze des Geistes und Gemüts, auch der politisch-sozialen Jntelligenz. Diese Schätze werden früher oder später zum Wohl des deutschen Vaterlandes nutzbar gemacht werden. Sogar in manchen Zweigen des Staatsdienstes werden Damen Verwendung finden. Frl. Helene Lange hielt es 1894 in ihrer Zeitschrift für möglich, daß es zur Zeit unserer Enkel, oder Urenkel einen weiblichen Abteilungsdirektor oder Rat im Ministerium des Unterrichts geben wird. Jch bin

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-04-09T14:25:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-04-09T14:25:10Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Walcker, Karl: Die Frauenbewegung. Straßburg, 1896, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walcker_frauenbewegung_1896/36>, abgerufen am 09.11.2024.