von einer Welt zur andern, wie Bienen von Blu- me zu Blume. Denn unser Seyn auf die- ser Erde ist so wenig ein Leben, als ein Atom eine Welt.
Wir werden immer reiner und vollkomm'ner, je näher wir der Gottheit kommen, aus der wir entstanden sind.
Alles, was ist im Weltall, ist schön und gut, von den Millionen im Aether schwimmenden Wel- ten bis zum Blumenblättchen, das auf einer Spie- gelwelle schwimmt, von der Riesensonne, die ihre Lichtwogen durch den unermeßlichen Raum auf un- sere wandelnde Erde sendet, bis zum einsamleuch- tenden Weben des Glühkäfers auf der dämmernden Nebelhaide. Er ist ja gebildet vom Geiste des Schönen und Guten. Das ganz zu fühlen, das allein zu fühlen, das ist das Streben mit dem wir wandeln von Sonne zu Sonne, von einer Mittel- straße zur andern, uns vollendend und annähernd dem Höchsten, in ewiger, ununterbroch'ner Stu- fenleiter. Unser Daseyn entfaltet sich immer grö- ßer und freyer; unsere Kräfte schwellen gewaltig an, und wirken immer mit größerer Stärke, schaf- fen und weben immer mit reicherer Fülle. Noch
von einer Welt zur andern, wie Bienen von Blu- me zu Blume. Denn unſer Seyn auf die- ſer Erde iſt ſo wenig ein Leben, als ein Atom eine Welt.
Wir werden immer reiner und vollkomm’ner, je naͤher wir der Gottheit kommen, aus der wir entſtanden ſind.
Alles, was iſt im Weltall, iſt ſchoͤn und gut, von den Millionen im Aether ſchwimmenden Wel- ten bis zum Blumenblaͤttchen, das auf einer Spie- gelwelle ſchwimmt, von der Rieſenſonne, die ihre Lichtwogen durch den unermeßlichen Raum auf un- ſere wandelnde Erde ſendet, bis zum einſamleuch- tenden Weben des Gluͤhkaͤfers auf der daͤmmernden Nebelhaide. Er iſt ja gebildet vom Geiſte des Schoͤnen und Guten. Das ganz zu fuͤhlen, das allein zu fuͤhlen, das iſt das Streben mit dem wir wandeln von Sonne zu Sonne, von einer Mittel- ſtraße zur andern, uns vollendend und annaͤhernd dem Hoͤchſten, in ewiger, ununterbroch’ner Stu- fenleiter. Unſer Daſeyn entfaltet ſich immer groͤ- ßer und freyer; unſere Kraͤfte ſchwellen gewaltig an, und wirken immer mit groͤßerer Staͤrke, ſchaf- fen und weben immer mit reicherer Fuͤlle. Noch
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von einer Welt zur andern, wie Bienen von Blu-
me zu Blume. Denn unſer Seyn auf die-
ſer Erde iſt ſo wenig ein Leben, als ein
Atom eine Welt.
Wir werden immer reiner und vollkomm’ner,
je naͤher wir der Gottheit kommen, aus der wir
entſtanden ſind.
Alles, was iſt im Weltall, iſt ſchoͤn und gut,
von den Millionen im Aether ſchwimmenden Wel-
ten bis zum Blumenblaͤttchen, das auf einer Spie-
gelwelle ſchwimmt, von der Rieſenſonne, die ihre
Lichtwogen durch den unermeßlichen Raum auf un-
ſere wandelnde Erde ſendet, bis zum einſamleuch-
tenden Weben des Gluͤhkaͤfers auf der daͤmmernden
Nebelhaide. Er iſt ja gebildet vom Geiſte des
Schoͤnen und Guten. Das ganz zu fuͤhlen, das
allein zu fuͤhlen, das iſt das Streben mit dem wir
wandeln von Sonne zu Sonne, von einer Mittel-
ſtraße zur andern, uns vollendend und annaͤhernd
dem Hoͤchſten, in ewiger, ununterbroch’ner Stu-
fenleiter. Unſer Daſeyn entfaltet ſich immer groͤ-
ßer und freyer; unſere Kraͤfte ſchwellen gewaltig
an, und wirken immer mit groͤßerer Staͤrke, ſchaf-
fen und weben immer mit reicherer Fuͤlle. Noch
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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/58>, abgerufen am 20.07.2024.
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