Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.digen, in den schneegewob'nen Schleyer gehüllten Dann dacht' ich an die schönen Zeiten, wo der Jch wandelte durch die Ebene Mantineas und digen, in den ſchneegewob’nen Schleyer gehuͤllten Dann dacht’ ich an die ſchoͤnen Zeiten, wo der Jch wandelte durch die Ebene Mantineas und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="26"/> digen, in den ſchneegewob’nen Schleyer gehuͤllten<lb/> Haupte ſtand, wie auf der jungen, bebluͤmten Wieſe<lb/> der Prieſter des Sonnengottes.</p><lb/> <p>Dann dacht’ ich an die ſchoͤnen Zeiten, wo der<lb/> fromme, dankbare Menſch alles, was um ihn war,<lb/> Waͤlder und Fluren, Quellen und Fluͤſſe, Thaͤler<lb/> und Berge mit dem Geiſt einer Gottheit belebte,<lb/> wo die Nymphen, die heitern Toͤchter der Natur,<lb/> durch Blumen und Fluren irrten, in jedem Bau-<lb/> me eine Dryas webte, uͤber dem klaren ſpiegeln-<lb/> den Waſſer der volle Buſen einer Goͤttinn ſchwoll<lb/> und der muntere Pan Gebirg und Wald mit ſei-<lb/> nem Floͤtenklang erfuͤllte. Da ſchwebte das ganze<lb/> Gewimmel der alten Goͤtter an mir voruͤber und<lb/> ich ſah ſie um mich wirken und laͤcheln, als die<lb/> Kraͤfte der heiligen, wirkenden Natur.</p><lb/> <p>Jch wandelte durch die Ebene Mantineas und<lb/> ſuchte das Grab des Epaminondas. Nie vergeß’<lb/> ich dieſen Morgen. Die Sonne war eben aufge-<lb/> ſtiegen, und ſchien in ihrem wandelloſen Licht herab<lb/> auf die Erde, das ewige Spiel der Zerſtoͤrung und<lb/> Umwandlung. Jch wand mich durch das Rosma-<lb/> ringeſtraͤuch, das um die Graͤber meiner Vaͤter ſich<lb/> wob wie der Blumenkranz um das Haupt eines<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0026]
digen, in den ſchneegewob’nen Schleyer gehuͤllten
Haupte ſtand, wie auf der jungen, bebluͤmten Wieſe
der Prieſter des Sonnengottes.
Dann dacht’ ich an die ſchoͤnen Zeiten, wo der
fromme, dankbare Menſch alles, was um ihn war,
Waͤlder und Fluren, Quellen und Fluͤſſe, Thaͤler
und Berge mit dem Geiſt einer Gottheit belebte,
wo die Nymphen, die heitern Toͤchter der Natur,
durch Blumen und Fluren irrten, in jedem Bau-
me eine Dryas webte, uͤber dem klaren ſpiegeln-
den Waſſer der volle Buſen einer Goͤttinn ſchwoll
und der muntere Pan Gebirg und Wald mit ſei-
nem Floͤtenklang erfuͤllte. Da ſchwebte das ganze
Gewimmel der alten Goͤtter an mir voruͤber und
ich ſah ſie um mich wirken und laͤcheln, als die
Kraͤfte der heiligen, wirkenden Natur.
Jch wandelte durch die Ebene Mantineas und
ſuchte das Grab des Epaminondas. Nie vergeß’
ich dieſen Morgen. Die Sonne war eben aufge-
ſtiegen, und ſchien in ihrem wandelloſen Licht herab
auf die Erde, das ewige Spiel der Zerſtoͤrung und
Umwandlung. Jch wand mich durch das Rosma-
ringeſtraͤuch, das um die Graͤber meiner Vaͤter ſich
wob wie der Blumenkranz um das Haupt eines
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