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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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mich herein senkte und einen glühendheißen Kuß
auf meine Wangen drückte ... Da fühlt' ich, daß
wieder Gesundheit schwelle durch mein Jnnerstes,
wie der Lebenssaft durch die getränkte Blume: mein
kalter Busen erwärmte sich an dem ihrigen, und
sog Leben und Fülle aus ihrem Munde, wie Ho-
nig die Biene aus der Rose.

Jeden Abend kam Caton und Cäcilie zu mir.
Aber er schwieg immer. Nur einmal sagt' er beym
Hinweggeh'n: Bald wird sich's lösen!

Meine Wunde hörte auf, mich zu schmerzen.
Der Schlaf erquickte mich wieder und ich fühlte
mich gestärkt genug, an Atalantas Arm an einem
warmen Nachmittag durch den Garten zu wandeln.
Jch grüßte jede Blume. jede Quelle, jeden Berg:
ich fühlte mich ganz wieder als den Liebling der
Mutter Natur.

O so müßt' es dem seyn, der aus dem Reich
der Todten wieder ans Licht der allerwärmenden
Sonne träte!



mich herein ſenkte und einen gluͤhendheißen Kuß
auf meine Wangen druͤckte … Da fuͤhlt’ ich, daß
wieder Geſundheit ſchwelle durch mein Jnnerſtes,
wie der Lebensſaft durch die getraͤnkte Blume: mein
kalter Buſen erwaͤrmte ſich an dem ihrigen, und
ſog Leben und Fuͤlle aus ihrem Munde, wie Ho-
nig die Biene aus der Roſe.

Jeden Abend kam Caton und Caͤcilie zu mir.
Aber er ſchwieg immer. Nur einmal ſagt’ er beym
Hinweggeh’n: Bald wird ſich’s loͤſen!

Meine Wunde hoͤrte auf, mich zu ſchmerzen.
Der Schlaf erquickte mich wieder und ich fuͤhlte
mich geſtaͤrkt genug, an Atalantas Arm an einem
warmen Nachmittag durch den Garten zu wandeln.
Jch gruͤßte jede Blume. jede Quelle, jeden Berg:
ich fuͤhlte mich ganz wieder als den Liebling der
Mutter Natur.

O ſo muͤßt’ es dem ſeyn, der aus dem Reich
der Todten wieder ans Licht der allerwaͤrmenden
Sonne traͤte!



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[20/0020] mich herein ſenkte und einen gluͤhendheißen Kuß auf meine Wangen druͤckte … Da fuͤhlt’ ich, daß wieder Geſundheit ſchwelle durch mein Jnnerſtes, wie der Lebensſaft durch die getraͤnkte Blume: mein kalter Buſen erwaͤrmte ſich an dem ihrigen, und ſog Leben und Fuͤlle aus ihrem Munde, wie Ho- nig die Biene aus der Roſe. Jeden Abend kam Caton und Caͤcilie zu mir. Aber er ſchwieg immer. Nur einmal ſagt’ er beym Hinweggeh’n: Bald wird ſich’s loͤſen! Meine Wunde hoͤrte auf, mich zu ſchmerzen. Der Schlaf erquickte mich wieder und ich fuͤhlte mich geſtaͤrkt genug, an Atalantas Arm an einem warmen Nachmittag durch den Garten zu wandeln. Jch gruͤßte jede Blume. jede Quelle, jeden Berg: ich fuͤhlte mich ganz wieder als den Liebling der Mutter Natur. O ſo muͤßt’ es dem ſeyn, der aus dem Reich der Todten wieder ans Licht der allerwaͤrmenden Sonne traͤte!

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/20>, abgerufen am 24.11.2024.