Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.so schmerzlich-mild, so ganz Gefühl und Seele! .. Caton war unbeweglich stehen geblieben. Dann Die halbe Nacht wiegt' ich mich in der Be- Man verband mich täglich. Die Wunde war Oft las mir meine Griechinn vor. Sie saß Wenn ich sie so ansah, wie sie da saß in ihrer 2 *
ſo ſchmerzlich-mild, ſo ganz Gefuͤhl und Seele! .. Caton war unbeweglich ſtehen geblieben. Dann Die halbe Nacht wiegt’ ich mich in der Be- Man verband mich taͤglich. Die Wunde war Oft las mir meine Griechinn vor. Sie ſaß Wenn ich ſie ſo anſah, wie ſie da ſaß in ihrer 2 *
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ſo ſchmerzlich-mild, ſo ganz Gefuͤhl und Seele! ..
O? und nur ich verſtand ſie!
Caton war unbeweglich ſtehen geblieben. Dann
ſetzt’ er noch hinzu: Doch fragt mich nicht mehr,
bis ich ſelbſt euch das Geheimniß loͤſe; und gieng
dann fort.
Die halbe Nacht wiegt’ ich mich in der Be-
trachtung der wunderbaren Entſchleyerung, aber
noch konnt’ ich das unterirdiſche Gewoͤlbe nicht ent-
raͤthſeln, und weiter fragen duͤrfen wir ihn ja nicht.
Man verband mich taͤglich. Die Wunde war
nicht gefaͤhrlich. Jch ward ruhiger.
Oft las mir meine Griechinn vor. Sie ſaß
dann neben meinem Bette.
Wenn ich ſie ſo anſah, wie ſie da ſaß in ihrer
unbegreiflichen Schoͤnheit, und die großen ſeelenvoll-
en Augen auf dem Buche gluͤhten, und dann mich
wieder unendlich liebend anſah’n, wenn die holden Lip-
pen ſo melodiſch die Worte ſprachen, und ſie mir er-
ſchien, dem Kranken, Verletzten, wie die ewige Jugend,
wie die unverwelkliche Geſundheit, wie ich endlich
ihre Hand ergriff, und ſie ſchwieg, ihr Haupt uͤber
2 *
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Zitationshilfe: | Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/19>, abgerufen am 16.02.2025. |