Jn solchen Augenblicken handelt der Mensch, ohne es zu wissen. Cäcilie verhüllt' ihr Angesicht. Ata- lanta lag vor Caton und stammelte weinend: Vater!
O wie der schöne hohe Mann, vom Abendlicht der Sonne verklärt, da stand, und zu seinen Fü- ßen die Jungfrau, meine Geliebte, wie er die Arme nach ihr ausstreckte und sie an's Herz drückte, wie sie nun sich losriß und vor Cäcilie kniete und rief: O Mutter, Mutter! und es wieder stille ward und sie endlich wieder schluchzte: warum mußt' ich den Vater bekommen, da ich die Mutter verloren ....?
Es ward wieder ruhig. Vater und Tochter blickten sich an, wie freundliche Sterne. Auch Ca- ton weinte.
Jch ergriff seine Hand, sah ihn an mit thrä- nendem Auge: er lächelte, und erwiederte: ein an- dermal!
Dann faßt' er Atalanta's Hand und sagte: Noch etwas meine Tochter! Du bist eine Griechin.
Griechin .... rief ich außer mir. Jhr Auge war, als wollt' es zerfließen in Wasser. So sanft,
Jn ſolchen Augenblicken handelt der Menſch, ohne es zu wiſſen. Caͤcilie verhuͤllt’ ihr Angeſicht. Ata- lanta lag vor Caton und ſtammelte weinend: Vater!
O wie der ſchoͤne hohe Mann, vom Abendlicht der Sonne verklaͤrt, da ſtand, und zu ſeinen Fuͤ- ßen die Jungfrau, meine Geliebte, wie er die Arme nach ihr ausſtreckte und ſie an’s Herz druͤckte, wie ſie nun ſich losriß und vor Caͤcilie kniete und rief: O Mutter, Mutter! und es wieder ſtille ward und ſie endlich wieder ſchluchzte: warum mußt’ ich den Vater bekommen, da ich die Mutter verloren ....?
Es ward wieder ruhig. Vater und Tochter blickten ſich an, wie freundliche Sterne. Auch Ca- ton weinte.
Jch ergriff ſeine Hand, ſah ihn an mit thraͤ- nendem Auge: er laͤchelte, und erwiederte: ein an- dermal!
Dann faßt’ er Atalanta’s Hand und ſagte: Noch etwas meine Tochter! Du biſt eine Griechin.
Griechin .... rief ich außer mir. Jhr Auge war, als wollt’ es zerfließen in Waſſer. So ſanft,
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Jn ſolchen Augenblicken handelt der Menſch, ohne
es zu wiſſen. Caͤcilie verhuͤllt’ ihr Angeſicht. Ata-
lanta lag vor Caton und ſtammelte weinend:
Vater!
O wie der ſchoͤne hohe Mann, vom Abendlicht
der Sonne verklaͤrt, da ſtand, und zu ſeinen Fuͤ-
ßen die Jungfrau, meine Geliebte, wie er die Arme
nach ihr ausſtreckte und ſie an’s Herz druͤckte, wie
ſie nun ſich losriß und vor Caͤcilie kniete und rief:
O Mutter, Mutter! und es wieder ſtille ward und
ſie endlich wieder ſchluchzte: warum mußt’ ich den
Vater bekommen, da ich die Mutter verloren ....?
Es ward wieder ruhig. Vater und Tochter
blickten ſich an, wie freundliche Sterne. Auch Ca-
ton weinte.
Jch ergriff ſeine Hand, ſah ihn an mit thraͤ-
nendem Auge: er laͤchelte, und erwiederte: ein an-
dermal!
Dann faßt’ er Atalanta’s Hand und ſagte:
Noch etwas meine Tochter! Du biſt eine Griechin.
Griechin .... rief ich außer mir. Jhr Auge
war, als wollt’ es zerfließen in Waſſer. So ſanft,
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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/18>, abgerufen am 16.02.2025.
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