Schöner Jüngling! Du warst mein Glück! Du fandest mich in meinem innersten, geheimsten Heiligthum, in meiner tiefsten Seele, wohin nur Gott dringt. Du drangest hinein, umfaßtest mein Jch in Einem Kusse ... Alles Ewigkeit! unermeß- liches Leben!
Selig, selig war die Ahnung der geoffenbarten Gottheit, die in unserm endlosen, entzückten Geiste quoll, wie die Thräne der Feuerwonn' in einem frommen Auge.
Auch auf dieser Erde schon sollt' uns ein ewig- es Glück werden.
Es ward nicht.
Dein Mädchen weint. Es sollte dein Weib, sollte Mutter werden. Jüngling, wenn du keusch bist, wie dein Mädchen, so fühle mein weinend Herz. Ein lächelndes Kind an meinen reinen Bu- sen! dich .. mich, eine ewige, alldurchglühende Liebe darin zu fühlen! unser schönstes, heiterstes Daseyn in dem jungen blumigen Wesen zu finden! die Liebe des Vaters und der Mutter, wie gestaltet! O Jüng- ling! was die Gottheit ihr selbst, ist die reine keu- sche Mutter dem Kinde. Wie sie das zarte weiche
Schoͤner Juͤngling! Du warſt mein Gluͤck! Du fandeſt mich in meinem innerſten, geheimſten Heiligthum, in meiner tiefſten Seele, wohin nur Gott dringt. Du drangeſt hinein, umfaßteſt mein Jch in Einem Kuſſe … Alles Ewigkeit! unermeß- liches Leben!
Selig, ſelig war die Ahnung der geoffenbarten Gottheit, die in unſerm endloſen, entzuͤckten Geiſte quoll, wie die Thraͤne der Feuerwonn’ in einem frommen Auge.
Auch auf dieſer Erde ſchon ſollt’ uns ein ewig- es Gluͤck werden.
Es ward nicht.
Dein Maͤdchen weint. Es ſollte dein Weib, ſollte Mutter werden. Juͤngling, wenn du keuſch biſt, wie dein Maͤdchen, ſo fuͤhle mein weinend Herz. Ein laͤchelndes Kind an meinen reinen Bu- ſen! dich .. mich, eine ewige, alldurchgluͤhende Liebe darin zu fuͤhlen! unſer ſchoͤnſtes, heiterſtes Daſeyn in dem jungen blumigen Weſen zu finden! die Liebe des Vaters und der Mutter, wie geſtaltet! O Juͤng- ling! was die Gottheit ihr ſelbſt, iſt die reine keu- ſche Mutter dem Kinde. Wie ſie das zarte weiche
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0136"n="136"/><p>Schoͤner Juͤngling! Du warſt mein Gluͤck!<lb/>
Du fandeſt mich in meinem innerſten, geheimſten<lb/>
Heiligthum, in meiner tiefſten Seele, wohin nur<lb/>
Gott dringt. Du drangeſt hinein, umfaßteſt mein<lb/>
Jch in Einem Kuſſe … Alles Ewigkeit! unermeß-<lb/>
liches Leben!</p><lb/><p>Selig, ſelig war die Ahnung der geoffenbarten<lb/>
Gottheit, die in unſerm endloſen, entzuͤckten Geiſte<lb/>
quoll, wie die Thraͤne der Feuerwonn’ in einem<lb/>
frommen Auge.</p><lb/><p>Auch auf dieſer Erde ſchon ſollt’ uns ein ewig-<lb/>
es Gluͤck werden.</p><lb/><p>Es ward nicht.</p><lb/><p>Dein Maͤdchen weint. Es ſollte dein Weib,<lb/>ſollte Mutter werden. Juͤngling, wenn du keuſch<lb/>
biſt, wie dein Maͤdchen, ſo fuͤhle mein weinend<lb/>
Herz. Ein laͤchelndes Kind an meinen reinen Bu-<lb/>ſen! dich .. mich, eine ewige, alldurchgluͤhende Liebe<lb/>
darin zu fuͤhlen! unſer ſchoͤnſtes, heiterſtes Daſeyn<lb/>
in dem jungen blumigen Weſen zu finden! die Liebe<lb/>
des Vaters und der Mutter, wie geſtaltet! O Juͤng-<lb/>
ling! was die Gottheit ihr ſelbſt, iſt die reine keu-<lb/>ſche Mutter dem Kinde. Wie ſie das zarte weiche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[136/0136]
Schoͤner Juͤngling! Du warſt mein Gluͤck!
Du fandeſt mich in meinem innerſten, geheimſten
Heiligthum, in meiner tiefſten Seele, wohin nur
Gott dringt. Du drangeſt hinein, umfaßteſt mein
Jch in Einem Kuſſe … Alles Ewigkeit! unermeß-
liches Leben!
Selig, ſelig war die Ahnung der geoffenbarten
Gottheit, die in unſerm endloſen, entzuͤckten Geiſte
quoll, wie die Thraͤne der Feuerwonn’ in einem
frommen Auge.
Auch auf dieſer Erde ſchon ſollt’ uns ein ewig-
es Gluͤck werden.
Es ward nicht.
Dein Maͤdchen weint. Es ſollte dein Weib,
ſollte Mutter werden. Juͤngling, wenn du keuſch
biſt, wie dein Maͤdchen, ſo fuͤhle mein weinend
Herz. Ein laͤchelndes Kind an meinen reinen Bu-
ſen! dich .. mich, eine ewige, alldurchgluͤhende Liebe
darin zu fuͤhlen! unſer ſchoͤnſtes, heiterſtes Daſeyn
in dem jungen blumigen Weſen zu finden! die Liebe
des Vaters und der Mutter, wie geſtaltet! O Juͤng-
ling! was die Gottheit ihr ſelbſt, iſt die reine keu-
ſche Mutter dem Kinde. Wie ſie das zarte weiche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/136>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.