Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Atalanta an Phaethon. Jüngling! hast du kein Gefühl für mein Weinen Nicht so, Geliebter, kannst du mich lieben; Einst war unser Gefühl süße, innige, keusche Wenn du vor mir standest und dein blaues Atalanta an Phaethon. Juͤngling! haſt du kein Gefuͤhl fuͤr mein Weinen Nicht ſo, Geliebter, kannſt du mich lieben; Einſt war unſer Gefuͤhl ſuͤße, innige, keuſche Wenn du vor mir ſtandeſt und dein blaues <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0120" n="120"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Atalanta an Phaethon.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">J</hi>uͤngling! haſt du kein Gefuͤhl fuͤr mein Weinen<lb/> um dich?</p><lb/> <p>Nicht ſo, Geliebter, kannſt du mich lieben;<lb/> nicht das iſt die wahre, innige Liebe. Du biſt eine<lb/> wilde lodernde Flamme, die praſſelnd aufſchlaͤgt,<lb/> und ſchnell erloͤſchend, ſich ſelbſt, wie das Daſeyn<lb/> and’rer, verzehret. Du nannteſt mich dein Maͤd-<lb/> chen, das du liebeſt, und du liebeſt mich ſo wenig,<lb/> daß du mich toͤdteſt?</p><lb/> <p>Einſt war unſer Gefuͤhl ſuͤße, innige, keuſche<lb/> Blumenliebe. Gluͤhende Wonne flocht ſich in ewi-<lb/> ger Jugend durch unſere Tage, wie Roſen durch<lb/> unſere Haare!</p><lb/> <p>Wenn du vor mir ſtandeſt und dein blaues<lb/> Auge gluͤhte, voll Geiſt, voll geſtillter Sehnſucht,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [120/0120]
Atalanta an Phaethon.
Juͤngling! haſt du kein Gefuͤhl fuͤr mein Weinen
um dich?
Nicht ſo, Geliebter, kannſt du mich lieben;
nicht das iſt die wahre, innige Liebe. Du biſt eine
wilde lodernde Flamme, die praſſelnd aufſchlaͤgt,
und ſchnell erloͤſchend, ſich ſelbſt, wie das Daſeyn
and’rer, verzehret. Du nannteſt mich dein Maͤd-
chen, das du liebeſt, und du liebeſt mich ſo wenig,
daß du mich toͤdteſt?
Einſt war unſer Gefuͤhl ſuͤße, innige, keuſche
Blumenliebe. Gluͤhende Wonne flocht ſich in ewi-
ger Jugend durch unſere Tage, wie Roſen durch
unſere Haare!
Wenn du vor mir ſtandeſt und dein blaues
Auge gluͤhte, voll Geiſt, voll geſtillter Sehnſucht,
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