Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.So kamen wir auf die Erde. Du wardst in Wir sahen uns, wir küßten uns, wie zwey be- Wir fühlten uns leichter und freyer in unserer Wir sahen uns, strebten, glühten, uns zu Gestillt war unser Schmachten, unser Sehnen. So kamen wir auf die Erde. Du wardſt in Wir ſahen uns, wir kuͤßten uns, wie zwey be- Wir fuͤhlten uns leichter und freyer in unſerer Wir ſahen uns, ſtrebten, gluͤhten, uns zu Geſtillt war unſer Schmachten, unſer Sehnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0118" n="118"/> <p>So kamen wir auf die Erde. Du wardſt in<lb/> Griechenland in einen Koͤrper gehuͤllt, und ich im<lb/> rauheren Norden. Wir kannten uns nicht, wenn<lb/> wir ſchon einſt zuſammenwebten in Gott.</p><lb/> <p>Wir ſahen uns, wir kuͤßten uns, wie zwey be-<lb/> bende gluͤhende Strahlen, entfloſſen aus Einem<lb/> Urlicht der Sonne.</p><lb/> <p>Wir fuͤhlten uns leichter und freyer in unſerer<lb/> Koͤrperhuͤlle. Maͤchtiger und gewaltiger wuchſen die<lb/> Federn aus ihren Wurzeln.</p><lb/> <p>Wir ſahen uns, ſtrebten, gluͤhten, uns zu<lb/> einen, ganz in einander zu fließen. Dein Ange-<lb/> ſicht, du Goͤttliche, war mir der reine, ſeelenvolle<lb/> Abdruck der koͤrperloſen Schoͤne.</p><lb/> <p>Geſtillt war unſer Schmachten, unſer Sehnen.<lb/> Wir liebten, wir hatten gefunden, was wir be-<lb/> wußtlos ſuchten. Die Urſchoͤnheit bebte, wie kla-<lb/> res, quillendes Mondlicht, durch’s Nebeldunkel un-<lb/> ſers Jnnern: wie das verſchwebende Saͤuſeln der<lb/> Linde, klang die alte liebende Stimme der Erin-<lb/> nerung.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [118/0118]
So kamen wir auf die Erde. Du wardſt in
Griechenland in einen Koͤrper gehuͤllt, und ich im
rauheren Norden. Wir kannten uns nicht, wenn
wir ſchon einſt zuſammenwebten in Gott.
Wir ſahen uns, wir kuͤßten uns, wie zwey be-
bende gluͤhende Strahlen, entfloſſen aus Einem
Urlicht der Sonne.
Wir fuͤhlten uns leichter und freyer in unſerer
Koͤrperhuͤlle. Maͤchtiger und gewaltiger wuchſen die
Federn aus ihren Wurzeln.
Wir ſahen uns, ſtrebten, gluͤhten, uns zu
einen, ganz in einander zu fließen. Dein Ange-
ſicht, du Goͤttliche, war mir der reine, ſeelenvolle
Abdruck der koͤrperloſen Schoͤne.
Geſtillt war unſer Schmachten, unſer Sehnen.
Wir liebten, wir hatten gefunden, was wir be-
wußtlos ſuchten. Die Urſchoͤnheit bebte, wie kla-
res, quillendes Mondlicht, durch’s Nebeldunkel un-
ſers Jnnern: wie das verſchwebende Saͤuſeln der
Linde, klang die alte liebende Stimme der Erin-
nerung.
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