Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Phaethon an Theodor. Die Sonne stieg blutroth am Osten empor und Mein Busen brennt, wie die glutrothe Feuerlilie. Wo sollt' ich Trost finden? O dieser Schmerz, Was hilft mir nun all' mein Wissen? Meinst Die Sonne lächelt wieder freundlich drauffen, Phaethon an Theodor. Die Sonne ſtieg blutroth am Oſten empor und Mein Buſen brennt, wie die glutrothe Feuerlilie. Wo ſollt’ ich Troſt finden? O dieſer Schmerz, Was hilft mir nun all’ mein Wiſſen? Meinſt Die Sonne laͤchelt wieder freundlich drauffen, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0011" n="11"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Phaethon an Theodor.</hi> </hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Sonne ſtieg blutroth am Oſten empor und<lb/> erhellte die Welt, die ſo fuͤrchterlich mir war in die-<lb/> ſer Nacht. Die ſchwarzen Berge gluͤhen in Morgen-<lb/> roth, aber durch meine Seele iſt noch kein Licht<lb/> gebrochen.</p><lb/> <p>Mein Buſen brennt, wie die glutrothe Feuerlilie.</p><lb/> <p>Wo ſollt’ ich Troſt finden? O dieſer Schmerz,<lb/> es iſt eine Wolluſt, dieſer Schmerz! Eure ſtoiſche<lb/> Apathie iſt der Graͤuel hoͤchſter. Bruder! wenige war-<lb/> en gluͤcklich wie ich, warum ſollt’ ich nicht auch un-<lb/> gluͤcklicher ſeyn als and’re. Aber warum mußt’ ich<lb/> gluͤcklich ſeyn, eh’ ich ungluͤcklich wurde?</p><lb/> <p>Was hilft mir nun all’ mein Wiſſen? Meinſt<lb/> du, es lind’re dieſe kaͤmpfende Bruſt?</p><lb/> <p>Die Sonne laͤchelt wieder freundlich drauffen,<lb/> aber ich mag nicht in die Natur. Glaubſt du, ich<lb/> wolle allein durch Wies’ und Aue ſtreifen, wie eine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
Phaethon an Theodor.
Die Sonne ſtieg blutroth am Oſten empor und
erhellte die Welt, die ſo fuͤrchterlich mir war in die-
ſer Nacht. Die ſchwarzen Berge gluͤhen in Morgen-
roth, aber durch meine Seele iſt noch kein Licht
gebrochen.
Mein Buſen brennt, wie die glutrothe Feuerlilie.
Wo ſollt’ ich Troſt finden? O dieſer Schmerz,
es iſt eine Wolluſt, dieſer Schmerz! Eure ſtoiſche
Apathie iſt der Graͤuel hoͤchſter. Bruder! wenige war-
en gluͤcklich wie ich, warum ſollt’ ich nicht auch un-
gluͤcklicher ſeyn als and’re. Aber warum mußt’ ich
gluͤcklich ſeyn, eh’ ich ungluͤcklich wurde?
Was hilft mir nun all’ mein Wiſſen? Meinſt
du, es lind’re dieſe kaͤmpfende Bruſt?
Die Sonne laͤchelt wieder freundlich drauffen,
aber ich mag nicht in die Natur. Glaubſt du, ich
wolle allein durch Wies’ und Aue ſtreifen, wie eine
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Zitationshilfe: | Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/11>, abgerufen am 16.02.2025. |