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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.

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Grüße dich Gott, rief er, wie gefällt es dir
bey uns? Jch wußt' ihm nichts zu antworten, und
deutete nur mit einem schmerzlich wehmüthigen
Blick auf die Arabesken, die oben an dem grauen,
dunkeln Getäfer in seltsamen Gestalten hiengen.
Da schlangen sich geflügelte Liebesgötter um die
Blumen, wie Brüder; hier lag ein schöner Knabe
und las die schwellenden Früchte auf, die ein an-
derer, noch schönerer, aus einem Füllhorn goß. Da
schlang einer ein Band um die Mähne eines Lö-
wen und dort schüttelte ein anderer mit schalkhaf-
tem Lächeln einen Köcher. Wo bin ich? seufzt' ich
leise. Caton antwortete: Lieber, du bist bey uns!

Ach wie mir's war in dieser Umgebung. Das
Licht brach nur in matten Strahlen durch das Aka-
zienlaub am Fenster, und warf einen ungewissen,
halbdunkeln Schein auf die antiken Bilder und die
griechischen Jnschriften an den dunkeln Wänden.
Da schien jeder Hauch mir heilig zu seyn, und die
Brust schwoll ahnend in Betrachtung all' der Fülle,
von Einfalt und stiller Größe.

Bald ergriff mich Caton an der Hand, führte
mich schweigend wieder hinaus und gieng mit mir
auf das schöne freundliche Gebäude zu. Da wohnt

Gruͤße dich Gott, rief er, wie gefaͤllt es dir
bey uns? Jch wußt’ ihm nichts zu antworten, und
deutete nur mit einem ſchmerzlich wehmuͤthigen
Blick auf die Arabesken, die oben an dem grauen,
dunkeln Getaͤfer in ſeltſamen Geſtalten hiengen.
Da ſchlangen ſich gefluͤgelte Liebesgoͤtter um die
Blumen, wie Bruͤder; hier lag ein ſchoͤner Knabe
und las die ſchwellenden Fruͤchte auf, die ein an-
derer, noch ſchoͤnerer, aus einem Fuͤllhorn goß. Da
ſchlang einer ein Band um die Maͤhne eines Loͤ-
wen und dort ſchuͤttelte ein anderer mit ſchalkhaf-
tem Laͤcheln einen Koͤcher. Wo bin ich? ſeufzt’ ich
leiſe. Caton antwortete: Lieber, du biſt bey uns!

Ach wie mir’s war in dieſer Umgebung. Das
Licht brach nur in matten Strahlen durch das Aka-
zienlaub am Fenſter, und warf einen ungewiſſen,
halbdunkeln Schein auf die antiken Bilder und die
griechiſchen Jnſchriften an den dunkeln Waͤnden.
Da ſchien jeder Hauch mir heilig zu ſeyn, und die
Bruſt ſchwoll ahnend in Betrachtung all’ der Fuͤlle,
von Einfalt und ſtiller Groͤße.

Bald ergriff mich Caton an der Hand, fuͤhrte
mich ſchweigend wieder hinaus und gieng mit mir
auf das ſchoͤne freundliche Gebaͤude zu. Da wohnt

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[70/0080] Gruͤße dich Gott, rief er, wie gefaͤllt es dir bey uns? Jch wußt’ ihm nichts zu antworten, und deutete nur mit einem ſchmerzlich wehmuͤthigen Blick auf die Arabesken, die oben an dem grauen, dunkeln Getaͤfer in ſeltſamen Geſtalten hiengen. Da ſchlangen ſich gefluͤgelte Liebesgoͤtter um die Blumen, wie Bruͤder; hier lag ein ſchoͤner Knabe und las die ſchwellenden Fruͤchte auf, die ein an- derer, noch ſchoͤnerer, aus einem Fuͤllhorn goß. Da ſchlang einer ein Band um die Maͤhne eines Loͤ- wen und dort ſchuͤttelte ein anderer mit ſchalkhaf- tem Laͤcheln einen Koͤcher. Wo bin ich? ſeufzt’ ich leiſe. Caton antwortete: Lieber, du biſt bey uns! Ach wie mir’s war in dieſer Umgebung. Das Licht brach nur in matten Strahlen durch das Aka- zienlaub am Fenſter, und warf einen ungewiſſen, halbdunkeln Schein auf die antiken Bilder und die griechiſchen Jnſchriften an den dunkeln Waͤnden. Da ſchien jeder Hauch mir heilig zu ſeyn, und die Bruſt ſchwoll ahnend in Betrachtung all’ der Fuͤlle, von Einfalt und ſtiller Groͤße. Bald ergriff mich Caton an der Hand, fuͤhrte mich ſchweigend wieder hinaus und gieng mit mir auf das ſchoͤne freundliche Gebaͤude zu. Da wohnt

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823/80>, abgerufen am 23.11.2024.