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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.

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Es wuchsen die Flammen in seinem Auge, und
eine düstere Ahnung schwebte, wie eine Wolke, um
seinen Mund.

Jhr Bild gefällt mir, sprach Caton endlich.
Jch erröthete.

Wie bildeten Sie diese jugendlichen Formen?
Haben Sie bey uns solche Natur gefunden? erwie-
dert' er.

Nirgends, seufzt' ich, und ein unwillkührliches
Ach! entfloh meinen Lippen. Er faßte mich fester
ins Auge.

Nur unter Griechenlands gemäßigtem Himmel
wandelten solche Naturen. Diese reiche Fülle ge-
deiht im Norden nicht, sagte Caton.

Griechenland -- schluchzt' ich, und sucht' um-
sonst eine Thräne zu verbergen.

Junger Mann, versetzte Caton, lieben Sie die
Griechen so sehr? Es war ein schönes Volk; sie
wußten zu leben. Auch ich stand unter den göttli-
chen Propyläen und war zu Misitra und sah des
alten Sparta finstre Trümmer.

Es wuchſen die Flammen in ſeinem Auge, und
eine duͤſtere Ahnung ſchwebte, wie eine Wolke, um
ſeinen Mund.

Jhr Bild gefaͤllt mir, ſprach Caton endlich.
Jch erroͤthete.

Wie bildeten Sie dieſe jugendlichen Formen?
Haben Sie bey uns ſolche Natur gefunden? erwie-
dert’ er.

Nirgends, ſeufzt’ ich, und ein unwillkuͤhrliches
Ach! entfloh meinen Lippen. Er faßte mich feſter
ins Auge.

Nur unter Griechenlands gemaͤßigtem Himmel
wandelten ſolche Naturen. Dieſe reiche Fuͤlle ge-
deiht im Norden nicht, ſagte Caton.

Griechenland — ſchluchzt’ ich, und ſucht’ um-
ſonſt eine Thraͤne zu verbergen.

Junger Mann, verſetzte Caton, lieben Sie die
Griechen ſo ſehr? Es war ein ſchoͤnes Volk; ſie
wußten zu leben. Auch ich ſtand unter den goͤttli-
chen Propylaͤen und war zu Miſitra und ſah des
alten Sparta finſtre Truͤmmer.

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[41/0051] Es wuchſen die Flammen in ſeinem Auge, und eine duͤſtere Ahnung ſchwebte, wie eine Wolke, um ſeinen Mund. Jhr Bild gefaͤllt mir, ſprach Caton endlich. Jch erroͤthete. Wie bildeten Sie dieſe jugendlichen Formen? Haben Sie bey uns ſolche Natur gefunden? erwie- dert’ er. Nirgends, ſeufzt’ ich, und ein unwillkuͤhrliches Ach! entfloh meinen Lippen. Er faßte mich feſter ins Auge. Nur unter Griechenlands gemaͤßigtem Himmel wandelten ſolche Naturen. Dieſe reiche Fuͤlle ge- deiht im Norden nicht, ſagte Caton. Griechenland — ſchluchzt’ ich, und ſucht’ um- ſonſt eine Thraͤne zu verbergen. Junger Mann, verſetzte Caton, lieben Sie die Griechen ſo ſehr? Es war ein ſchoͤnes Volk; ſie wußten zu leben. Auch ich ſtand unter den goͤttli- chen Propylaͤen und war zu Miſitra und ſah des alten Sparta finſtre Truͤmmer.

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823/51>, abgerufen am 24.11.2024.