Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.Sie ist voll und üppig wie die Rose. Aus Ein Kuß ist das größte Geheimniß dieser Liebe. Weissagend ist diese Liebe, lauter Wahrheit: Voll Glauben ist sie -- sie läßt uns erkennen Sie iſt voll und uͤppig wie die Roſe. Aus Ein Kuß iſt das groͤßte Geheimniß dieſer Liebe. Weiſſagend iſt dieſe Liebe, lauter Wahrheit: Voll Glauben iſt ſie — ſie laͤßt uns erkennen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0133" n="123"/> <p>Sie iſt voll und uͤppig wie die Roſe. Aus<lb/> ihrem Kelche ſaugen die Menſchen, wie Bienen,<lb/> ewiges Gedeih’n. Jhre Farbe iſt weiß, wie Milch-<lb/> denn ſie iſt voll Unſchuld. Jhre Stimme iſt wie<lb/> der Klang einer Glocke, denn alles ſtaunt ob ihrer<lb/> Fuͤlle. Aber auch ſanft iſt ſie oft, wie verhallende<lb/> Harmonikalaute, und in der Ferne der Erinnerung<lb/> klingt ſie wie leiſes Wellengemurmel.</p><lb/> <p>Ein Kuß iſt das groͤßte Geheimniß dieſer Liebe.<lb/> Die Liebe zur ganzen Menſchheit iſt Eins mit ihr.</p><lb/> <p>Weiſſagend iſt dieſe Liebe, lauter Wahrheit:<lb/> nur der Begeiſterte fuͤhlt ihre Kraft, ihren Segen.<lb/> Alles bringt ſie dem Menſchen, denn die Geſandte,<lb/> die Prieſterin Gottes iſt ſie. Ohne ſie iſt nichts<lb/> Edles auf Erden, nichts Gutes und Großes: <hi rendition="#g">ohne<lb/> ſie iſt kein Leben.</hi> Jhr warmes Licht aber, das<lb/> Klare, Keuſche, faͤllt nur in zarte Seelen, durch-<lb/> dringt ſie ganz, macht ſie unendlich durchſichtig,<lb/> laͤutert und reinigt ſie uͤberſchwaͤnglich.</p><lb/> <p>Voll Glauben iſt ſie — ſie laͤßt uns erkennen<lb/> Gott in unſerm Jnnern, und zeigt uns, wie alles,<lb/> was iſt, durch ihn, durch ſie iſt, und erfuͤllt von<lb/> ihm allein Natur, Schoͤpfung, und unſern eigenen<lb/> Buſen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0133]
Sie iſt voll und uͤppig wie die Roſe. Aus
ihrem Kelche ſaugen die Menſchen, wie Bienen,
ewiges Gedeih’n. Jhre Farbe iſt weiß, wie Milch-
denn ſie iſt voll Unſchuld. Jhre Stimme iſt wie
der Klang einer Glocke, denn alles ſtaunt ob ihrer
Fuͤlle. Aber auch ſanft iſt ſie oft, wie verhallende
Harmonikalaute, und in der Ferne der Erinnerung
klingt ſie wie leiſes Wellengemurmel.
Ein Kuß iſt das groͤßte Geheimniß dieſer Liebe.
Die Liebe zur ganzen Menſchheit iſt Eins mit ihr.
Weiſſagend iſt dieſe Liebe, lauter Wahrheit:
nur der Begeiſterte fuͤhlt ihre Kraft, ihren Segen.
Alles bringt ſie dem Menſchen, denn die Geſandte,
die Prieſterin Gottes iſt ſie. Ohne ſie iſt nichts
Edles auf Erden, nichts Gutes und Großes: ohne
ſie iſt kein Leben. Jhr warmes Licht aber, das
Klare, Keuſche, faͤllt nur in zarte Seelen, durch-
dringt ſie ganz, macht ſie unendlich durchſichtig,
laͤutert und reinigt ſie uͤberſchwaͤnglich.
Voll Glauben iſt ſie — ſie laͤßt uns erkennen
Gott in unſerm Jnnern, und zeigt uns, wie alles,
was iſt, durch ihn, durch ſie iſt, und erfuͤllt von
ihm allein Natur, Schoͤpfung, und unſern eigenen
Buſen.
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