Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.Reinheit und Größe. Wißt ihr nichts von dem, Und ich kann das, Theodor, ich sag' es dir Atalanta, du Schöne, du reines, unschuldiges, Kraft mit Kraft .... Auge mit Auge .... Reinheit und Groͤße. Wißt ihr nichts von dem, Und ich kann das, Theodor, ich ſag’ es dir Atalanta, du Schoͤne, du reines, unſchuldiges, Kraft mit Kraft .... Auge mit Auge .... <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0102" n="92"/> Reinheit und Groͤße. Wißt ihr nichts von dem,<lb/> ſo iſt eure Kunſt nur ein Handwerk. Umſonſt iſt’s<lb/> dann, wenn ein Abbild euch erſcheint der unendli-<lb/> chen, vollendeten Schoͤnheit: entheiligt iſt euer<lb/> Auge, erloſchen ſeine Kraft, und ihr koͤnnet das<lb/> Goͤttliche nimmer erkennen im Menſchlichen.</p><lb/> <p>Und ich kann das, Theodor, ich ſag’ es dir<lb/> in heißen Thraͤnen, ich kann das! Mein Buſen iſt<lb/> keuſch! Das Goͤttliche flieht mich nicht.</p><lb/> <p>Atalanta, du Schoͤne, du reines, unſchuldiges,<lb/> keuſches Kind, welch’ ein namenloſes Etwas quillt<lb/> mir aus deinem Anſchau’n!</p><lb/> <p>Kraft mit Kraft .... Auge mit Auge ....<lb/> Liebe mit Liebe .... Geiſt mit Geiſt .... hinuͤber-<lb/> ſchwimmend, verloren in lauter Tiefe, in lauter<lb/> Seele, lauter Himmel .... zuckend und zitternd in<lb/> Einem, wie Kuß und Kuß, in einander lodernd<lb/> wie Feuer und Feuer … Bruder .....</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0102]
Reinheit und Groͤße. Wißt ihr nichts von dem,
ſo iſt eure Kunſt nur ein Handwerk. Umſonſt iſt’s
dann, wenn ein Abbild euch erſcheint der unendli-
chen, vollendeten Schoͤnheit: entheiligt iſt euer
Auge, erloſchen ſeine Kraft, und ihr koͤnnet das
Goͤttliche nimmer erkennen im Menſchlichen.
Und ich kann das, Theodor, ich ſag’ es dir
in heißen Thraͤnen, ich kann das! Mein Buſen iſt
keuſch! Das Goͤttliche flieht mich nicht.
Atalanta, du Schoͤne, du reines, unſchuldiges,
keuſches Kind, welch’ ein namenloſes Etwas quillt
mir aus deinem Anſchau’n!
Kraft mit Kraft .... Auge mit Auge ....
Liebe mit Liebe .... Geiſt mit Geiſt .... hinuͤber-
ſchwimmend, verloren in lauter Tiefe, in lauter
Seele, lauter Himmel .... zuckend und zitternd in
Einem, wie Kuß und Kuß, in einander lodernd
wie Feuer und Feuer … Bruder .....
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