Liebe. Freiheit ist befriedigtes nothwendiges Bedürfniß, höchste Freiheit befriedigtes höchstes Bedürfniß: das höchste menschliche Bedürfniß aber ist die Liebe.
Nichts Lebendiges kann aus der wahren unentstellten Natur des Menschen hervorgehen oder von ihr sich ab¬ leiten, was nicht auch der charakteristischen Wesenheit dieser Natur vollkommen entspräche: das charakteristischeste Merk¬ mal dieser Wesenheit ist aber das Liebesbedürfniß.
Jede einzelne Fähigkeit des Menschen ist eine be¬ schränkte; seine vereinigten, unter sich verständigten, gegen¬ seitig sich helfenden, -- also seine sich liebenden Fähig¬ keiten sind aber die sich genügende, unbeschränkte, allgemein menschliche Fähigkeit. So hat denn auch jede künst¬ lerische Fähigkeit des Menschen ihre natürlichen Schran¬ ken, weil der Mensch nicht einen Sinn, sondern Sinne überhaupt hat; jede Fähigkeit leitet sich aber nur von einem gewissen Sinne her; an den Schranken dieses Sinnes hat daher auch diese Fähigkeit ihre Schranken. Die Gränzen der einzelnen Sinne sind aber auch ihre gegenseitigen Berührungspunkte, die Punkte, wo sie in einander fließen, sich verständigen: gerade so berühren, ver¬ ständigen sich die von ihnen hergeleiteten Fähigkeiten. Ihre Schranken heben sich daher in der Verständigung auf; nur was sich liebt, kann sich aber verständigen und lieben heißt: den andern anerkennen, zugleich also sich selbst er¬
Liebe. Freiheit iſt befriedigtes nothwendiges Bedürfniß, höchſte Freiheit befriedigtes höchſtes Bedürfniß: das höchſte menſchliche Bedürfniß aber iſt die Liebe.
Nichts Lebendiges kann aus der wahren unentſtellten Natur des Menſchen hervorgehen oder von ihr ſich ab¬ leiten, was nicht auch der charakteriſtiſchen Weſenheit dieſer Natur vollkommen entſpräche: das charakteriſtiſcheſte Merk¬ mal dieſer Weſenheit iſt aber das Liebesbedürfniß.
Jede einzelne Fähigkeit des Menſchen iſt eine be¬ ſchränkte; ſeine vereinigten, unter ſich verſtändigten, gegen¬ ſeitig ſich helfenden, — alſo ſeine ſich liebenden Fähig¬ keiten ſind aber die ſich genügende, unbeſchränkte, allgemein menſchliche Fähigkeit. So hat denn auch jede künſt¬ leriſche Fähigkeit des Menſchen ihre natürlichen Schran¬ ken, weil der Menſch nicht einen Sinn, ſondern Sinne überhaupt hat; jede Fähigkeit leitet ſich aber nur von einem gewiſſen Sinne her; an den Schranken dieſes Sinnes hat daher auch dieſe Fähigkeit ihre Schranken. Die Gränzen der einzelnen Sinne ſind aber auch ihre gegenſeitigen Berührungspunkte, die Punkte, wo ſie in einander fließen, ſich verſtändigen: gerade ſo berühren, ver¬ ſtändigen ſich die von ihnen hergeleiteten Fähigkeiten. Ihre Schranken heben ſich daher in der Verſtändigung auf; nur was ſich liebt, kann ſich aber verſtändigen und lieben heißt: den andern anerkennen, zugleich alſo ſich ſelbſt er¬
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Liebe. Freiheit iſt befriedigtes nothwendiges Bedürfniß,
höchſte Freiheit befriedigtes höchſtes Bedürfniß: das
höchſte menſchliche Bedürfniß aber iſt die Liebe.
Nichts Lebendiges kann aus der wahren unentſtellten
Natur des Menſchen hervorgehen oder von ihr ſich ab¬
leiten, was nicht auch der charakteriſtiſchen Weſenheit dieſer
Natur vollkommen entſpräche: das charakteriſtiſcheſte Merk¬
mal dieſer Weſenheit iſt aber das Liebesbedürfniß.
Jede einzelne Fähigkeit des Menſchen iſt eine be¬
ſchränkte; ſeine vereinigten, unter ſich verſtändigten, gegen¬
ſeitig ſich helfenden, — alſo ſeine ſich liebenden Fähig¬
keiten ſind aber die ſich genügende, unbeſchränkte, allgemein
menſchliche Fähigkeit. So hat denn auch jede künſt¬
leriſche Fähigkeit des Menſchen ihre natürlichen Schran¬
ken, weil der Menſch nicht einen Sinn, ſondern Sinne
überhaupt hat; jede Fähigkeit leitet ſich aber nur von
einem gewiſſen Sinne her; an den Schranken dieſes
Sinnes hat daher auch dieſe Fähigkeit ihre Schranken.
Die Gränzen der einzelnen Sinne ſind aber auch ihre
gegenſeitigen Berührungspunkte, die Punkte, wo ſie in
einander fließen, ſich verſtändigen: gerade ſo berühren, ver¬
ſtändigen ſich die von ihnen hergeleiteten Fähigkeiten.
Ihre Schranken heben ſich daher in der Verſtändigung auf;
nur was ſich liebt, kann ſich aber verſtändigen und lieben
heißt: den andern anerkennen, zugleich alſo ſich ſelbſt er¬
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/63>, abgerufen am 22.07.2024.
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