Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.verständlich zu machen sucht, ist entschiedener, drängender; verſtändlich zu machen ſucht, iſt entſchiedener, drängender; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0056" n="40"/> verſtändlich zu machen ſucht, iſt entſchiedener, drängender;<lb/> es verweilt nicht im Behagen an ſeinem ſinnlichen Aus¬<lb/> drucke, denn es hat das ihm gegenſtändliche Gefühl in<lb/> ſeiner Unterſchiedenheit von einem allgemeinen Gefühle<lb/> darzuſtellen, daher zu ſchildern, zu beſchreiben, was<lb/> der Ton als Ausdruck des allgemeinen Gefühles un¬<lb/> mittelbar gab. Der Sprechende hat deshalb von ver¬<lb/> wandten, aber ebenfalls unterſchiedenen Gegenſtänden<lb/> Bilder zu entnehmen und ſie zuſammenzuſtellen. Zu dieſem<lb/> vermittelten, complicirten Verfahren hat er ſich an und für<lb/> ſich auszubreiten; unter dem Hauptdrange nach Verſtän¬<lb/> digung beſchleunigt er aber dieſes Verfahren durch mög¬<lb/> lichſt kürzeſtes Verweilen beim Tone, durch völliges Außer¬<lb/> achtlaſſen ſeiner allgemeinen Ausdrucksfähigkeit. Durch<lb/> dieſe nothwendige Entſagung, durch dieſes Aufgeben des<lb/> Wohlgefallens am ſinnlichen Elemente des eigenen Aus¬<lb/> druckes — mindeſtens des Grades von Wohlgefallen, wie<lb/> der Leibesmenſch und Gefühlsmenſch ihn an ihrer Aus¬<lb/> drucksweiſe zu finden vermögen, — wird der Verſtandes¬<lb/> menſch aber auch fähig vermöge ſeines Organes, der<lb/> Sprache, den ſichren Ausdruck zu geben, an welchem <hi rendition="#g">jene</hi><lb/> ſtufenweiſe ihre Schranken fanden. Sein Vermögen iſt<lb/> unbegränzt: er ſammelt und ſcheidet das Allgemeine,<lb/> trennt und verbindet nach Bedürfniß und Gutdünken die<lb/> Bilder, die alle Sinne ihm von der Außenwelt zuführen;<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0056]
verſtändlich zu machen ſucht, iſt entſchiedener, drängender;
es verweilt nicht im Behagen an ſeinem ſinnlichen Aus¬
drucke, denn es hat das ihm gegenſtändliche Gefühl in
ſeiner Unterſchiedenheit von einem allgemeinen Gefühle
darzuſtellen, daher zu ſchildern, zu beſchreiben, was
der Ton als Ausdruck des allgemeinen Gefühles un¬
mittelbar gab. Der Sprechende hat deshalb von ver¬
wandten, aber ebenfalls unterſchiedenen Gegenſtänden
Bilder zu entnehmen und ſie zuſammenzuſtellen. Zu dieſem
vermittelten, complicirten Verfahren hat er ſich an und für
ſich auszubreiten; unter dem Hauptdrange nach Verſtän¬
digung beſchleunigt er aber dieſes Verfahren durch mög¬
lichſt kürzeſtes Verweilen beim Tone, durch völliges Außer¬
achtlaſſen ſeiner allgemeinen Ausdrucksfähigkeit. Durch
dieſe nothwendige Entſagung, durch dieſes Aufgeben des
Wohlgefallens am ſinnlichen Elemente des eigenen Aus¬
druckes — mindeſtens des Grades von Wohlgefallen, wie
der Leibesmenſch und Gefühlsmenſch ihn an ihrer Aus¬
drucksweiſe zu finden vermögen, — wird der Verſtandes¬
menſch aber auch fähig vermöge ſeines Organes, der
Sprache, den ſichren Ausdruck zu geben, an welchem jene
ſtufenweiſe ihre Schranken fanden. Sein Vermögen iſt
unbegränzt: er ſammelt und ſcheidet das Allgemeine,
trennt und verbindet nach Bedürfniß und Gutdünken die
Bilder, die alle Sinne ihm von der Außenwelt zuführen;
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