Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.Staates, sondern das Volk; Ihr habt ihn nur aus der Staates, ſondern das Volk; Ihr habt ihn nur aus der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0036" n="20"/><hi rendition="#g">Staates</hi>, ſondern das Volk; Ihr habt ihn nur aus der<lb/> natürlichen Verbindung Gleichbedürftiger zum unnatür¬<lb/> lichen Zuſammenzwang Ungleichbedürftiger, aus einem<lb/> wohlthätigen Schutzvertrage Aller zu einem übelthätigen<lb/> Schutzmittel der Bevorrechteten, aus einem weichen, nach¬<lb/> giebigen Gewande am bewegungsfreudigen Leibe der Men¬<lb/> ſchen zu einem ſtarren, nur ausgeſtopften Eiſenpanzer, der<lb/> Zierde einer hiſtoriſchen Rüſtkammer gemacht. Nicht Ihr<lb/> gebt dem Volke zu leben, ſondern es giebt Euch; nicht Ihr<lb/> gebt dem Volke zu denken, ſondern es giebt Euch; nicht<lb/> Ihr ſollt daher das Volk lehren wollen, ſondern Ihr ſollt<lb/> Euch vom Volke lehren laſſen: und an <hi rendition="#g">Euch</hi> wende ich<lb/> mich ſomit, <hi rendition="#g">nicht an das Volk</hi>, — denn <hi rendition="#g">dem</hi> ſind nur<lb/> wenige Worte zu ſagen, und ſelbſt der Zuruf: „Thu'<lb/> wie Du mußt!“ iſt ihm überflüßig, weil es von ſelbſt thut<lb/> wie es muß; ſondern ich wende mich im Sinne des Vol¬<lb/> kes — nothwendig aber in Eurer Ausdrucksweiſe — an<lb/> Euch, Ihr Intelligenten und Klugen, um Euch mit aller<lb/> Gutherzigkeit des Volkes die Erlöſung aus Eurer egoiſti¬<lb/> ſchen Verzauberung an dem klaren Quell der Natur, in<lb/> der liebevollen Umarmung des Volkes — da wo ich ſie<lb/> fand, wo ſie mir als Künſtler ward, wo ich, nach langem<lb/> Kampfe zwiſchen Hoffnung aus Innen und Verzweiflung<lb/> nach Außen, den kühnſten, zuverſichtlichſten Glauben an<lb/> die Zukunft gewann, — ebenfalls anzubieten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0036]
Staates, ſondern das Volk; Ihr habt ihn nur aus der
natürlichen Verbindung Gleichbedürftiger zum unnatür¬
lichen Zuſammenzwang Ungleichbedürftiger, aus einem
wohlthätigen Schutzvertrage Aller zu einem übelthätigen
Schutzmittel der Bevorrechteten, aus einem weichen, nach¬
giebigen Gewande am bewegungsfreudigen Leibe der Men¬
ſchen zu einem ſtarren, nur ausgeſtopften Eiſenpanzer, der
Zierde einer hiſtoriſchen Rüſtkammer gemacht. Nicht Ihr
gebt dem Volke zu leben, ſondern es giebt Euch; nicht Ihr
gebt dem Volke zu denken, ſondern es giebt Euch; nicht
Ihr ſollt daher das Volk lehren wollen, ſondern Ihr ſollt
Euch vom Volke lehren laſſen: und an Euch wende ich
mich ſomit, nicht an das Volk, — denn dem ſind nur
wenige Worte zu ſagen, und ſelbſt der Zuruf: „Thu'
wie Du mußt!“ iſt ihm überflüßig, weil es von ſelbſt thut
wie es muß; ſondern ich wende mich im Sinne des Vol¬
kes — nothwendig aber in Eurer Ausdrucksweiſe — an
Euch, Ihr Intelligenten und Klugen, um Euch mit aller
Gutherzigkeit des Volkes die Erlöſung aus Eurer egoiſti¬
ſchen Verzauberung an dem klaren Quell der Natur, in
der liebevollen Umarmung des Volkes — da wo ich ſie
fand, wo ſie mir als Künſtler ward, wo ich, nach langem
Kampfe zwiſchen Hoffnung aus Innen und Verzweiflung
nach Außen, den kühnſten, zuverſichtlichſten Glauben an
die Zukunft gewann, — ebenfalls anzubieten.
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