natur in ihrer Entäußerung zur mannigfaltigsten Vielheit sich befriedigt hatte, gelangte sie somit in den Zustand von Sättigung, Selbstzufriedenheit, Selbstgenuß, der sich in ihrer gegenwärtigen Harmonie kundgiebt; sie wirkt jetzt nicht mehr in massenhafter, totaler Umgestaltung, ihre Periode der Revolution ist abgeschlossen, sie ist jetzt das, was sie sein kann, somit von jeher sein konnte und werden mußte; sie hat ihre Lebenskraft nicht mehr an die Zeugungs¬ unfähigkeit zu vergeuden, sie hat durch ihr ganzes, unend¬ lich weites Gebiet die Vielheit, das Männliche und das Weibliche, das ewig sich selbst Erneuende und Erzeugende, das ewig sich selbst Ergänzende, sich selbst Befriedigende, in das Leben gerufen, -- und in diesem unendlichen Zusam¬ menhange ist sie nun beständig, unbedingt sie selbst geworden.
In der Darstellung dieses großen Entwicklungs- Prozesses der Natur am Menschen selbst ist nun das menschliche Geschlecht, seit seiner Selbstunterscheidung von der Natur, begriffen. Dieselbe Nothwendigkeit ist die treibende Kraft in der großen Menschheitsrevolution, die¬ selbe Befriedigung wird diese Revolution abschließen.
Jene treibende Kraft, die eigentliche Lebenskraft, schlechtweg, wie sie sich im Lebensbedürfnisse geltend macht, ist aber ihrer Natur nach eine unbewußte, unwillkürliche, und eben wo sie dieß ist -- im Volke -- ist sie auch einzig die wahre, entscheidende. In großem Irrthume sind daher
natur in ihrer Entäußerung zur mannigfaltigſten Vielheit ſich befriedigt hatte, gelangte ſie ſomit in den Zuſtand von Sättigung, Selbſtzufriedenheit, Selbſtgenuß, der ſich in ihrer gegenwärtigen Harmonie kundgiebt; ſie wirkt jetzt nicht mehr in maſſenhafter, totaler Umgeſtaltung, ihre Periode der Revolution iſt abgeſchloſſen, ſie iſt jetzt das, was ſie ſein kann, ſomit von jeher ſein konnte und werden mußte; ſie hat ihre Lebenskraft nicht mehr an die Zeugungs¬ unfähigkeit zu vergeuden, ſie hat durch ihr ganzes, unend¬ lich weites Gebiet die Vielheit, das Männliche und das Weibliche, das ewig ſich ſelbſt Erneuende und Erzeugende, das ewig ſich ſelbſt Ergänzende, ſich ſelbſt Befriedigende, in das Leben gerufen, — und in dieſem unendlichen Zuſam¬ menhange iſt ſie nun beſtändig, unbedingt ſie ſelbſt geworden.
In der Darſtellung dieſes großen Entwicklungs- Prozeſſes der Natur am Menſchen ſelbſt iſt nun das menſchliche Geſchlecht, ſeit ſeiner Selbſtunterſcheidung von der Natur, begriffen. Dieſelbe Nothwendigkeit iſt die treibende Kraft in der großen Menſchheitsrevolution, die¬ ſelbe Befriedigung wird dieſe Revolution abſchließen.
Jene treibende Kraft, die eigentliche Lebenskraft, ſchlechtweg, wie ſie ſich im Lebensbedürfniſſe geltend macht, iſt aber ihrer Natur nach eine unbewußte, unwillkürliche, und eben wo ſie dieß iſt — im Volke — iſt ſie auch einzig die wahre, entſcheidende. In großem Irrthume ſind daher
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natur in ihrer Entäußerung zur mannigfaltigſten Vielheit
ſich befriedigt hatte, gelangte ſie ſomit in den Zuſtand von
Sättigung, Selbſtzufriedenheit, Selbſtgenuß, der ſich in
ihrer gegenwärtigen Harmonie kundgiebt; ſie wirkt jetzt
nicht mehr in maſſenhafter, totaler Umgeſtaltung, ihre
Periode der Revolution iſt abgeſchloſſen, ſie iſt jetzt das,
was ſie ſein kann, ſomit von jeher ſein konnte und werden
mußte; ſie hat ihre Lebenskraft nicht mehr an die Zeugungs¬
unfähigkeit zu vergeuden, ſie hat durch ihr ganzes, unend¬
lich weites Gebiet die Vielheit, das Männliche und das
Weibliche, das ewig ſich ſelbſt Erneuende und Erzeugende,
das ewig ſich ſelbſt Ergänzende, ſich ſelbſt Befriedigende,
in das Leben gerufen, — und in dieſem unendlichen Zuſam¬
menhange iſt ſie nun beſtändig, unbedingt ſie ſelbſt geworden.
In der Darſtellung dieſes großen Entwicklungs-
Prozeſſes der Natur am Menſchen ſelbſt iſt nun das
menſchliche Geſchlecht, ſeit ſeiner Selbſtunterſcheidung von
der Natur, begriffen. Dieſelbe Nothwendigkeit iſt die
treibende Kraft in der großen Menſchheitsrevolution, die¬
ſelbe Befriedigung wird dieſe Revolution abſchließen.
Jene treibende Kraft, die eigentliche Lebenskraft,
ſchlechtweg, wie ſie ſich im Lebensbedürfniſſe geltend macht,
iſt aber ihrer Natur nach eine unbewußte, unwillkürliche,
und eben wo ſie dieß iſt — im Volke — iſt ſie auch einzig
die wahre, entſcheidende. In großem Irrthume ſind daher
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/33>, abgerufen am 22.07.2024.
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