nes Wesens wirklich persönlich unterging, sein per¬ sönliches Dasein um der entäußerten Nothwendigkeit seines Wesens willen wirklich aufhob, -- daß er die Wahrheit seines Wesens nicht nur in seinem Handeln allein -- was uns, so lange er handelt, noch willkürlich erscheinen darf-- sondern mit dem vollbrachten Opfer seiner Persönlichkeit zu Gunsten dieses nothwendigen Handelns, uns bezeugt. Die letzte, vollständigste Entäußerung seines persönlichen Egoismus, die Darlegung seines vollkommenen Aufgehens in die Allgemeinheit, gibt uns ein Mensch nur mit seinem Tode kund, und zwar nicht mit seinem zufälligen, sondern seinem nothwendigen, dem durch sein Handeln aus der Fülle seines Wesens bedingten Tode.
Die Feier eines solchen Todes, ist die wür¬ digste, die von Menschen begangen werden kann. Sie erschließt uns nach dem, durch jenen Tod erkannten, Wesen dieses einen Menschen die Fülle des Inhaltes des mensch¬ lichen Wesens überhaupt. Am Vollkommensten versichern wir uns des Erkannten aber in der bewußtvollen Dar¬ stellung jenes Todes selbst, und, um ihn uns zu erklä¬ ren, durch die Darstellung derjenigen Handlung, deren nothwendiger Abschluß jener Tod war. Nicht in den widerlichen Leichenfeiern, wie wir sie in unsrer christlich- modernen Lebensweise durch beziehungslose Gesänge und banale Kirchhofsreden begehen, sondern durch die künst¬
nes Weſens wirklich perſönlich unterging, ſein per¬ ſönliches Daſein um der entäußerten Nothwendigkeit ſeines Weſens willen wirklich aufhob, — daß er die Wahrheit ſeines Weſens nicht nur in ſeinem Handeln allein — was uns, ſo lange er handelt, noch willkürlich erſcheinen darf— ſondern mit dem vollbrachten Opfer ſeiner Perſönlichkeit zu Gunſten dieſes nothwendigen Handelns, uns bezeugt. Die letzte, vollſtändigſte Entäußerung ſeines perſönlichen Egoismus, die Darlegung ſeines vollkommenen Aufgehens in die Allgemeinheit, gibt uns ein Menſch nur mit ſeinem Tode kund, und zwar nicht mit ſeinem zufälligen, ſondern ſeinem nothwendigen, dem durch ſein Handeln aus der Fülle ſeines Weſens bedingten Tode.
Die Feier eines ſolchen Todes, iſt die wür¬ digſte, die von Menſchen begangen werden kann. Sie erſchließt uns nach dem, durch jenen Tod erkannten, Weſen dieſes einen Menſchen die Fülle des Inhaltes des menſch¬ lichen Weſens überhaupt. Am Vollkommenſten verſichern wir uns des Erkannten aber in der bewußtvollen Dar¬ ſtellung jenes Todes ſelbſt, und, um ihn uns zu erklä¬ ren, durch die Darſtellung derjenigen Handlung, deren nothwendiger Abſchluß jener Tod war. Nicht in den widerlichen Leichenfeiern, wie wir ſie in unſrer chriſtlich- modernen Lebensweiſe durch beziehungsloſe Geſänge und banale Kirchhofsreden begehen, ſondern durch die künſt¬
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nes Weſens wirklich perſönlich unterging, ſein per¬
ſönliches Daſein um der entäußerten Nothwendigkeit ſeines
Weſens willen wirklich aufhob, — daß er die Wahrheit
ſeines Weſens nicht nur in ſeinem Handeln allein — was
uns, ſo lange er handelt, noch willkürlich erſcheinen darf—
ſondern mit dem vollbrachten Opfer ſeiner Perſönlichkeit
zu Gunſten dieſes nothwendigen Handelns, uns bezeugt.
Die letzte, vollſtändigſte Entäußerung ſeines perſönlichen
Egoismus, die Darlegung ſeines vollkommenen Aufgehens
in die Allgemeinheit, gibt uns ein Menſch nur mit ſeinem
Tode kund, und zwar nicht mit ſeinem zufälligen,
ſondern ſeinem nothwendigen, dem durch ſein Handeln
aus der Fülle ſeines Weſens bedingten Tode.
Die Feier eines ſolchen Todes, iſt die wür¬
digſte, die von Menſchen begangen werden kann.
Sie erſchließt uns nach dem, durch jenen Tod erkannten, Weſen
dieſes einen Menſchen die Fülle des Inhaltes des menſch¬
lichen Weſens überhaupt. Am Vollkommenſten verſichern
wir uns des Erkannten aber in der bewußtvollen Dar¬
ſtellung jenes Todes ſelbſt, und, um ihn uns zu erklä¬
ren, durch die Darſtellung derjenigen Handlung, deren
nothwendiger Abſchluß jener Tod war. Nicht in den
widerlichen Leichenfeiern, wie wir ſie in unſrer chriſtlich-
modernen Lebensweiſe durch beziehungsloſe Geſänge und
banale Kirchhofsreden begehen, ſondern durch die künſt¬
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/226>, abgerufen am 16.02.2025.
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