Lokalität sehr richtig auch außerhalb des scenischen Rah¬ mens in den vertieften Vordergrund gestellt, -- macht es zugleich aber den vollkommen ergänzenden Abschluß dieser scenischen Umgebung des Darstellers aus, indem es das unerschöpfliche physische Naturelement zu dem nicht min¬ der unerschöpflichen künstlerisch menschlichen Gefühls¬ elemente erweitert, das vereinigt den Darsteller wie mit dem atmosphärischen Ringe des Natur- und Kunstelemen¬ tes umschließt, in welchem er sich, gleich dem Himmelskör¬ per, in höchster Fülle sicher bewegt, und aus welchem er zugleich nach allen Seiten hin seine Gefühle und An¬ schauungen, bis in das Unendlichste erweitert, gleichsam in die ungemessensten Fernen, wie der Himmelskörper seine Lichtstrahlen, zu entsenden vermag.
So im wechselvollen Reigen sich ergänzend werden die vereinigten Schwesterkünste bald gemeinsam, bald zu zweien, bald einzeln je nach Bedürfniß der einzig Maß und Absicht gebenden dramatischen Handlung, sich zeigen und geltend machen. Bald wird die plastische Mimik dem leidenschaftslosen Erwägen des Gedankens lauschen; bald der Wille des entschlossenen Gedankens sich in den unmit¬ telbaren Ausdruck der Gebärde ergießen; bald die Ton¬ kunst die Strömung des Gefühles, die Schauer der Er¬ griffenheit allein auszusprechen haben; bald aber werden in gemeinsamer Umschlingung alle drei dem Willen des
Lokalität ſehr richtig auch außerhalb des ſceniſchen Rah¬ mens in den vertieften Vordergrund geſtellt, — macht es zugleich aber den vollkommen ergänzenden Abſchluß dieſer ſceniſchen Umgebung des Darſtellers aus, indem es das unerſchöpfliche phyſiſche Naturelement zu dem nicht min¬ der unerſchöpflichen künſtleriſch menſchlichen Gefühls¬ elemente erweitert, das vereinigt den Darſteller wie mit dem atmosphäriſchen Ringe des Natur- und Kunſtelemen¬ tes umſchließt, in welchem er ſich, gleich dem Himmelskör¬ per, in höchſter Fülle ſicher bewegt, und aus welchem er zugleich nach allen Seiten hin ſeine Gefühle und An¬ ſchauungen, bis in das Unendlichſte erweitert, gleichſam in die ungemeſſenſten Fernen, wie der Himmelskörper ſeine Lichtſtrahlen, zu entſenden vermag.
So im wechſelvollen Reigen ſich ergänzend werden die vereinigten Schweſterkünſte bald gemeinſam, bald zu zweien, bald einzeln je nach Bedürfniß der einzig Maß und Abſicht gebenden dramatiſchen Handlung, ſich zeigen und geltend machen. Bald wird die plaſtiſche Mimik dem leidenſchaftsloſen Erwägen des Gedankens lauſchen; bald der Wille des entſchloſſenen Gedankens ſich in den unmit¬ telbaren Ausdruck der Gebärde ergießen; bald die Ton¬ kunſt die Strömung des Gefühles, die Schauer der Er¬ griffenheit allein auszuſprechen haben; bald aber werden in gemeinſamer Umſchlingung alle drei dem Willen des
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Lokalität ſehr richtig auch außerhalb des ſceniſchen Rah¬
mens in den vertieften Vordergrund geſtellt, — macht es
zugleich aber den vollkommen ergänzenden Abſchluß dieſer
ſceniſchen Umgebung des Darſtellers aus, indem es das
unerſchöpfliche phyſiſche Naturelement zu dem nicht min¬
der unerſchöpflichen künſtleriſch menſchlichen Gefühls¬
elemente erweitert, das vereinigt den Darſteller wie mit
dem atmosphäriſchen Ringe des Natur- und Kunſtelemen¬
tes umſchließt, in welchem er ſich, gleich dem Himmelskör¬
per, in höchſter Fülle ſicher bewegt, und aus welchem er
zugleich nach allen Seiten hin ſeine Gefühle und An¬
ſchauungen, bis in das Unendlichſte erweitert, gleichſam in
die ungemeſſenſten Fernen, wie der Himmelskörper ſeine
Lichtſtrahlen, zu entſenden vermag.
So im wechſelvollen Reigen ſich ergänzend werden
die vereinigten Schweſterkünſte bald gemeinſam, bald zu
zweien, bald einzeln je nach Bedürfniß der einzig Maß
und Abſicht gebenden dramatiſchen Handlung, ſich zeigen
und geltend machen. Bald wird die plaſtiſche Mimik dem
leidenſchaftsloſen Erwägen des Gedankens lauſchen; bald
der Wille des entſchloſſenen Gedankens ſich in den unmit¬
telbaren Ausdruck der Gebärde ergießen; bald die Ton¬
kunſt die Strömung des Gefühles, die Schauer der Er¬
griffenheit allein auszuſprechen haben; bald aber werden
in gemeinſamer Umſchlingung alle drei dem Willen des
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/215>, abgerufen am 16.02.2025.
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