Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.lich zugezogenen, organischen Fehler entsprang; es war Der wirkliche gesunde Mensch, wie er in seiner vol¬ Dieser Gedanke, die höchste und bedingteste Thätig¬ lich zugezogenen, organiſchen Fehler entſprang; es war Der wirkliche geſunde Menſch, wie er in ſeiner vol¬ Dieſer Gedanke, die höchſte und bedingteſte Thätig¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0127" n="111"/> lich zugezogenen, organiſchen Fehler entſprang; es war<lb/> nichts Anderes als der nothdürftig reiche Vorrath an im<lb/> Grunde widerlichen Sprachzeichen eines Stummen.</p><lb/> <p>Der wirkliche geſunde Menſch, wie er in ſeiner vol¬<lb/> len leiblichen Geſtalt vor uns ſteht, beſchreibt nicht was er<lb/> will und wen er liebt, ſondern er <hi rendition="#g">will</hi> und <hi rendition="#g">liebt</hi>, und<lb/> theilt uns durch ſeine künſtleriſchen Organe die Freude<lb/> an ſeinem Wollen und Lieben mit: dieß thut er im<lb/> dargeſtellten Drama nach höchſter Fülle beſtimmt und<lb/> unmittelbar. Dem Drange nach erſetzender Schilde¬<lb/> rung, nach künſtlich vergegenſtändlichender Beſchreibung<lb/> der, von der Erſcheinung losgelöſten, Dichtkunſt,<lb/> und dem unſäglich umſtändlichen Verfahren, mit dem<lb/> ſie hier zu Werke gehen muß, haben wir einzig dieſe<lb/> millionenfache Maſſe dicker Bücher zu verdanken, durch die<lb/> ſie im Grunde nur den Jammer ihrer Unbeholfenheit hat<lb/> mittheilen wollen. Dieſer ganze undurchdringliche Wuſt<lb/> der aufgeſpeicherten Literatur iſt in Wahrheit nichts<lb/> Anderes, als das — trotz Millionen Phraſen — ewig<lb/> nicht zu Wort kommende, Jahrhunderte lang — in<lb/> Verſen und in Proſa — ſich abmühende Stammeln des,<lb/> nach ſeinem Aufgehen in der natürlichen Unmittelbarkeit<lb/> verlangenden, ſprachunfähigen Gedankens.</p><lb/> <p>Dieſer Gedanke, die höchſte und bedingteſte Thätig¬<lb/> keit des künſtleriſchen Menſchen, hatte von dem warmen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0127]
lich zugezogenen, organiſchen Fehler entſprang; es war
nichts Anderes als der nothdürftig reiche Vorrath an im
Grunde widerlichen Sprachzeichen eines Stummen.
Der wirkliche geſunde Menſch, wie er in ſeiner vol¬
len leiblichen Geſtalt vor uns ſteht, beſchreibt nicht was er
will und wen er liebt, ſondern er will und liebt, und
theilt uns durch ſeine künſtleriſchen Organe die Freude
an ſeinem Wollen und Lieben mit: dieß thut er im
dargeſtellten Drama nach höchſter Fülle beſtimmt und
unmittelbar. Dem Drange nach erſetzender Schilde¬
rung, nach künſtlich vergegenſtändlichender Beſchreibung
der, von der Erſcheinung losgelöſten, Dichtkunſt,
und dem unſäglich umſtändlichen Verfahren, mit dem
ſie hier zu Werke gehen muß, haben wir einzig dieſe
millionenfache Maſſe dicker Bücher zu verdanken, durch die
ſie im Grunde nur den Jammer ihrer Unbeholfenheit hat
mittheilen wollen. Dieſer ganze undurchdringliche Wuſt
der aufgeſpeicherten Literatur iſt in Wahrheit nichts
Anderes, als das — trotz Millionen Phraſen — ewig
nicht zu Wort kommende, Jahrhunderte lang — in
Verſen und in Proſa — ſich abmühende Stammeln des,
nach ſeinem Aufgehen in der natürlichen Unmittelbarkeit
verlangenden, ſprachunfähigen Gedankens.
Dieſer Gedanke, die höchſte und bedingteſte Thätig¬
keit des künſtleriſchen Menſchen, hatte von dem warmen,
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