Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.holung aus. Die so sich bedingende Melodie ward das Ele¬ Die unermeßliche Fähigkeit der Instrumentalmusik holung aus. Die ſo ſich bedingende Melodie ward das Ele¬ Die unermeßliche Fähigkeit der Inſtrumentalmuſik <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0101" n="85"/> holung aus. Die ſo ſich bedingende Melodie ward das Ele¬<lb/> ment der Symphonie des geſangreichen und geſangfrohen<lb/><hi rendition="#g">Mozart</hi>. Er hauchte ſeinen Inſtrumenten den ſehnſuchts¬<lb/> vollen Athem der <hi rendition="#g">menſchlichen Stimme</hi> ein, der ſein<lb/> Genius mit weit vorwaltender Liebe ſich zuneigte. Den<lb/> unverſiegbaren Strom reicher Harmonie leitete er in das<lb/> Herz der Melodie, gleichſam in raſtloſer Sorge, ihr, der nur<lb/> von Inſtrumenten vorgetragenen, erſatzweiſe die Gefühls¬<lb/> tiefe und Inbrunſt zu geben, wie ſie der natürlichen menſch¬<lb/> lichen Stimme als unerſchöpflicher Quell des Ausdruckes<lb/> im Innerſten des Herzens zu Grunde liegt. Während<lb/> Mozart in ſeiner Symphonie Alles, was von der Befrie¬<lb/> digung dieſes ſeines eigenthümlichſten Dranges oblag,<lb/> mehr oder weniger, nach herkömmlicher und in ihm ſelbſt<lb/> ſtabil werdender Annahme, mit ungemein geſchicktem<lb/> contrapunktiſchen Verfahren, gewiſſermaßen nur abfertigte,<lb/> erhob er ſo die Geſangsausdrucksfähigkeit des Inſtrumen¬<lb/> tale zu der Höhe, daß ſie nicht allein Heiterkeit, ſtilles,<lb/> inniges Behagen — wie bei Haydn, ſondern die ganze<lb/> Tiefe unendlicher Herzensſehnſucht in ſich zu faſſen ver¬<lb/> mochte.</p><lb/> <p>Die unermeßliche Fähigkeit der Inſtrumentalmuſik<lb/> zum Ausdrucke urgewaltigen Drängens und Verlangens<lb/> erſchloß ſich <hi rendition="#g">Beethoven</hi>. Er vermochte es, das eigen¬<lb/> thümliche Weſen der chriſtlichen Harmonie dieſes uner¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0101]
holung aus. Die ſo ſich bedingende Melodie ward das Ele¬
ment der Symphonie des geſangreichen und geſangfrohen
Mozart. Er hauchte ſeinen Inſtrumenten den ſehnſuchts¬
vollen Athem der menſchlichen Stimme ein, der ſein
Genius mit weit vorwaltender Liebe ſich zuneigte. Den
unverſiegbaren Strom reicher Harmonie leitete er in das
Herz der Melodie, gleichſam in raſtloſer Sorge, ihr, der nur
von Inſtrumenten vorgetragenen, erſatzweiſe die Gefühls¬
tiefe und Inbrunſt zu geben, wie ſie der natürlichen menſch¬
lichen Stimme als unerſchöpflicher Quell des Ausdruckes
im Innerſten des Herzens zu Grunde liegt. Während
Mozart in ſeiner Symphonie Alles, was von der Befrie¬
digung dieſes ſeines eigenthümlichſten Dranges oblag,
mehr oder weniger, nach herkömmlicher und in ihm ſelbſt
ſtabil werdender Annahme, mit ungemein geſchicktem
contrapunktiſchen Verfahren, gewiſſermaßen nur abfertigte,
erhob er ſo die Geſangsausdrucksfähigkeit des Inſtrumen¬
tale zu der Höhe, daß ſie nicht allein Heiterkeit, ſtilles,
inniges Behagen — wie bei Haydn, ſondern die ganze
Tiefe unendlicher Herzensſehnſucht in ſich zu faſſen ver¬
mochte.
Die unermeßliche Fähigkeit der Inſtrumentalmuſik
zum Ausdrucke urgewaltigen Drängens und Verlangens
erſchloß ſich Beethoven. Er vermochte es, das eigen¬
thümliche Weſen der chriſtlichen Harmonie dieſes uner¬
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