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Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

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Fr. Humbrecht. Du lieber Gott! was sollen
denn das für Bemerkungen seyn? -- Martin!
Humbrecht. Weiß ichs? -- Wenns mir recht
ist, so hält er uns für Kalbsköpf, die keine Au-
gen haben, und unser Evchen -- wenigstens für
eine Hure.
Magister (betroffen.) Herr Vetter!
Fr. Humbrecht. Was! mein Evchen? --
Herr Magister! weiß er auch, was er da sagt? --
he! -- da kommt er mir recht; -- ich setz mein
Leben zum Pfand, meine Tochter ist ehrlich --
das sagt ihr kein braver Mann nach und wenn
ers wär, Herr Magister! -- Vetter mag ich ihn
gar nicht mehr heißen. -- (setzt die Händ in die
Seiten.)
Jst das der Dank für alles Liebs und Guts,
was wir -- was mein Mann ihm erzeigt hat;
hat ihm schon in der Klass die Singstunde bezahlt,
-- wie er ins Kloster kam, das Kommod geschenkt,
mit dem er sich noch jetzt so patzig macht, he! -- Jst
das der Dank, daß ihm mein Evchen für das Bis-
sel Klavier, daß ers gelehrt hat, den Magisterring
an den Finger gesteckt hat! -- wenn wir nit ge-
wesen wären, hätt er ja mit samt seinen Stipen-
dien doch nit können prumoviren! wie lang waren
sie schon verfressen? he! --
Humbrecht (hält ihr das Maul zu.) Frau! Frau!
Du machst ja sechsmal mehr Lärm als ich!
Fr. Humbrecht (reißt sich los.) Hab ich nicht
Ursach? -- wer meinem Evchen was an der Ehr
abschneiden will, der greift mir ins Aug.
Magister.


Fr. Humbrecht. Du lieber Gott! was ſollen
denn das fuͤr Bemerkungen ſeyn? — Martin!
Humbrecht. Weiß ichs? — Wenns mir recht
iſt, ſo haͤlt er uns fuͤr Kalbskoͤpf, die keine Au-
gen haben, und unſer Evchen — wenigſtens fuͤr
eine Hure.
Magiſter (betroffen.) Herr Vetter!
Fr. Humbrecht. Was! mein Evchen? —
Herr Magiſter! weiß er auch, was er da ſagt? —
he! — da kommt er mir recht; — ich ſetz mein
Leben zum Pfand, meine Tochter iſt ehrlich —
das ſagt ihr kein braver Mann nach und wenn
ers waͤr, Herr Magiſter! — Vetter mag ich ihn
gar nicht mehr heißen. — (ſetzt die Haͤnd in die
Seiten.)
Jſt das der Dank fuͤr alles Liebs und Guts,
was wir — was mein Mann ihm erzeigt hat;
hat ihm ſchon in der Klaſſ die Singſtunde bezahlt,
— wie er ins Kloſter kam, das Kommod geſchenkt,
mit dem er ſich noch jetzt ſo patzig macht, he! — Jſt
das der Dank, daß ihm mein Evchen fuͤr das Biſ-
ſel Klavier, daß ers gelehrt hat, den Magiſterring
an den Finger geſteckt hat! — wenn wir nit ge-
weſen waͤren, haͤtt er ja mit ſamt ſeinen Stipen-
dien doch nit koͤnnen prumoviren! wie lang waren
ſie ſchon verfreſſen? he! —
Humbrecht (haͤlt ihr das Maul zu.) Frau! Frau!
Du machſt ja ſechsmal mehr Laͤrm als ich!
Fr. Humbrecht (reißt ſich los.) Hab ich nicht
Urſach? — wer meinem Evchen was an der Ehr
abſchneiden will, der greift mir ins Aug.
Magiſter.
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[84/0086] Fr. Humbrecht. Du lieber Gott! was ſollen denn das fuͤr Bemerkungen ſeyn? — Martin! Humbrecht. Weiß ichs? — Wenns mir recht iſt, ſo haͤlt er uns fuͤr Kalbskoͤpf, die keine Au- gen haben, und unſer Evchen — wenigſtens fuͤr eine Hure. Magiſter (betroffen.) Herr Vetter! Fr. Humbrecht. Was! mein Evchen? — Herr Magiſter! weiß er auch, was er da ſagt? — he! — da kommt er mir recht; — ich ſetz mein Leben zum Pfand, meine Tochter iſt ehrlich — das ſagt ihr kein braver Mann nach und wenn ers waͤr, Herr Magiſter! — Vetter mag ich ihn gar nicht mehr heißen. — (ſetzt die Haͤnd in die Seiten.) Jſt das der Dank fuͤr alles Liebs und Guts, was wir — was mein Mann ihm erzeigt hat; hat ihm ſchon in der Klaſſ die Singſtunde bezahlt, — wie er ins Kloſter kam, das Kommod geſchenkt, mit dem er ſich noch jetzt ſo patzig macht, he! — Jſt das der Dank, daß ihm mein Evchen fuͤr das Biſ- ſel Klavier, daß ers gelehrt hat, den Magiſterring an den Finger geſteckt hat! — wenn wir nit ge- weſen waͤren, haͤtt er ja mit ſamt ſeinen Stipen- dien doch nit koͤnnen prumoviren! wie lang waren ſie ſchon verfreſſen? he! — Humbrecht (haͤlt ihr das Maul zu.) Frau! Frau! Du machſt ja ſechsmal mehr Laͤrm als ich! Fr. Humbrecht (reißt ſich los.) Hab ich nicht Urſach? — wer meinem Evchen was an der Ehr abſchneiden will, der greift mir ins Aug. Magiſter.

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Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/86>, abgerufen am 27.11.2024.