Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


(sucht in der Tasche und zieht ihn heraus) Ja! --
(guckt ihn noch einmal durch) -- Mir den Hasen-
poth vorzuschlagen, mich zur Allerweltshure ma-
chen zu wollen! -- Die Spöttereyen über den
Ort, wo wir uns näher kennen lernten, versteh ich
nicht einmal; mag sie nicht verstehn! -- (steckt ihn
wieder ein.)
Das aber alles zusammengenommen --
o! das kann einem schon Füße machen -- (erblickt
die Portraite ihrer Eltern.)
Ha! ihr Lieben! seyd
ihr auch da? -- hier auf den Knieen dank ich eu-
ren Bildern für alles Liebs und Gutes, das ihr mir
erwiesen. (weinend) Jch lohns euch schlecht --
nur flucht, flucht mir nicht. --
Lissel (kommt zurück, Evchen springt auf.) Jch hör
den Herrn schon im Zimmer herumschlappen.
Evchen. Geschwind denn! um Gottswillen ge-
schwind! wirf ihn mir um: so kennt man mich
doch nicht so leicht; -- Den Kapuchon hinauf! --
(im Fortgehn dreht sie sich noch einmal um.) Den Man-
tel, Lissel! heb dir auf, bis ich wiederkomm! hörst
dus? -- (unter der Thür) Gib ihn ja nicht her, bis
ich wiederkomm.
(ab.)
Lissel (raumt das Zimmer auf.) Bis! Bis! --
Unser lieber Herr Gott weiß, was mit der Jung-
fer umgeht! -- ganz richtig ists nicht; so ängst-
lich hab ich sie noch nie thun sehn. -- Wenn ihr
was Leids geschehn wär! -- so eine gute, ver-
ständige Jungfer! sie thät mir in der Seele leid. --

(will mit dem Mantel abgehn, indem kommt der Magi-
ster hastig herein.)
Magister.


(ſucht in der Taſche und zieht ihn heraus) Ja! —
(guckt ihn noch einmal durch) — Mir den Haſen-
poth vorzuſchlagen, mich zur Allerweltshure ma-
chen zu wollen! — Die Spoͤttereyen uͤber den
Ort, wo wir uns naͤher kennen lernten, verſteh ich
nicht einmal; mag ſie nicht verſtehn! — (ſteckt ihn
wieder ein.)
Das aber alles zuſammengenommen —
o! das kann einem ſchon Fuͤße machen — (erblickt
die Portraite ihrer Eltern.)
Ha! ihr Lieben! ſeyd
ihr auch da? — hier auf den Knieen dank ich eu-
ren Bildern fuͤr alles Liebs und Gutes, das ihr mir
erwieſen. (weinend) Jch lohns euch ſchlecht —
nur flucht, flucht mir nicht. —
Liſſel (kommt zuruͤck, Evchen ſpringt auf.) Jch hoͤr
den Herrn ſchon im Zimmer herumſchlappen.
Evchen. Geſchwind denn! um Gottswillen ge-
ſchwind! wirf ihn mir um: ſo kennt man mich
doch nicht ſo leicht; — Den Kapuchon hinauf! —
(im Fortgehn dreht ſie ſich noch einmal um.) Den Man-
tel, Liſſel! heb dir auf, bis ich wiederkomm! hoͤrſt
dus? — (unter der Thuͤr) Gib ihn ja nicht her, bis
ich wiederkomm.
(ab.)
Liſſel (raumt das Zimmer auf.) Bis! Bis! —
Unſer lieber Herr Gott weiß, was mit der Jung-
fer umgeht! — ganz richtig iſts nicht; ſo aͤngſt-
lich hab ich ſie noch nie thun ſehn. — Wenn ihr
was Leids geſchehn waͤr! — ſo eine gute, ver-
ſtaͤndige Jungfer! ſie thaͤt mir in der Seele leid. —

(will mit dem Mantel abgehn, indem kommt der Magi-
ſter haſtig herein.)
Magiſter.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#EHUM">
          <p><pb facs="#f0080" n="78"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw><stage>(&#x017F;ucht in der Ta&#x017F;che und zieht ihn heraus)</stage> Ja! &#x2014;<lb/><stage>(guckt ihn noch einmal durch)</stage> &#x2014; Mir den Ha&#x017F;en-<lb/>
poth vorzu&#x017F;chlagen, mich zur Allerweltshure ma-<lb/>
chen zu wollen! &#x2014; Die Spo&#x0364;ttereyen u&#x0364;ber den<lb/>
Ort, wo wir uns na&#x0364;her kennen lernten, ver&#x017F;teh ich<lb/>
nicht einmal; mag &#x017F;ie nicht ver&#x017F;tehn! &#x2014; <stage>(&#x017F;teckt ihn<lb/>
wieder ein.)</stage> Das aber alles zu&#x017F;ammengenommen &#x2014;<lb/>
o! das kann einem &#x017F;chon Fu&#x0364;ße machen &#x2014; <stage>(erblickt<lb/>
die Portraite ihrer Eltern.)</stage> Ha! ihr Lieben! &#x017F;eyd<lb/>
ihr auch da? &#x2014; hier auf den Knieen dank ich eu-<lb/>
ren Bildern fu&#x0364;r alles Liebs und Gutes, das ihr mir<lb/>
erwie&#x017F;en. <stage>(weinend)</stage> Jch lohns euch &#x017F;chlecht &#x2014;<lb/>
nur flucht, flucht mir nicht. &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIS">
          <speaker> <hi rendition="#b">Li&#x017F;&#x017F;el</hi> </speaker>
          <stage>(kommt zuru&#x0364;ck, Evchen &#x017F;pringt auf.)</stage>
          <p>Jch ho&#x0364;r<lb/>
den Herrn &#x017F;chon im Zimmer herum&#x017F;chlappen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EHUM">
          <speaker> <hi rendition="#b">Evchen.</hi> </speaker>
          <p>Ge&#x017F;chwind denn! um Gottswillen ge-<lb/>
&#x017F;chwind! wirf ihn mir um: &#x017F;o kennt man mich<lb/>
doch nicht &#x017F;o leicht; &#x2014; Den Kapuchon hinauf! &#x2014;<lb/><stage>(im Fortgehn dreht &#x017F;ie &#x017F;ich noch einmal um.)</stage> Den Man-<lb/>
tel, Li&#x017F;&#x017F;el! heb dir auf, bis ich wiederkomm! ho&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
dus? &#x2014; <stage>(unter der Thu&#x0364;r)</stage> Gib ihn ja nicht her, <hi rendition="#fr">bis</hi><lb/>
ich wiederkomm.</p>
          <stage>(ab.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIS">
          <speaker> <hi rendition="#b">Li&#x017F;&#x017F;el</hi> </speaker>
          <stage>(raumt das Zimmer auf.)</stage>
          <p>Bis! Bis! &#x2014;<lb/>
Un&#x017F;er lieber Herr Gott weiß, was mit der Jung-<lb/>
fer umgeht! &#x2014; ganz richtig i&#x017F;ts nicht; &#x017F;o a&#x0364;ng&#x017F;t-<lb/>
lich hab ich &#x017F;ie noch nie thun &#x017F;ehn. &#x2014; Wenn ihr<lb/>
was Leids ge&#x017F;chehn wa&#x0364;r! &#x2014; &#x017F;o eine gute, ver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Jungfer! &#x017F;ie tha&#x0364;t mir in der Seele leid. &#x2014;</p><lb/>
          <stage>(will mit dem Mantel abgehn, indem kommt der Magi-<lb/>
&#x017F;ter ha&#x017F;tig herein.)</stage>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Magi&#x017F;ter.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0080] (ſucht in der Taſche und zieht ihn heraus) Ja! — (guckt ihn noch einmal durch) — Mir den Haſen- poth vorzuſchlagen, mich zur Allerweltshure ma- chen zu wollen! — Die Spoͤttereyen uͤber den Ort, wo wir uns naͤher kennen lernten, verſteh ich nicht einmal; mag ſie nicht verſtehn! — (ſteckt ihn wieder ein.) Das aber alles zuſammengenommen — o! das kann einem ſchon Fuͤße machen — (erblickt die Portraite ihrer Eltern.) Ha! ihr Lieben! ſeyd ihr auch da? — hier auf den Knieen dank ich eu- ren Bildern fuͤr alles Liebs und Gutes, das ihr mir erwieſen. (weinend) Jch lohns euch ſchlecht — nur flucht, flucht mir nicht. — Liſſel (kommt zuruͤck, Evchen ſpringt auf.) Jch hoͤr den Herrn ſchon im Zimmer herumſchlappen. Evchen. Geſchwind denn! um Gottswillen ge- ſchwind! wirf ihn mir um: ſo kennt man mich doch nicht ſo leicht; — Den Kapuchon hinauf! — (im Fortgehn dreht ſie ſich noch einmal um.) Den Man- tel, Liſſel! heb dir auf, bis ich wiederkomm! hoͤrſt dus? — (unter der Thuͤr) Gib ihn ja nicht her, bis ich wiederkomm. (ab.) Liſſel (raumt das Zimmer auf.) Bis! Bis! — Unſer lieber Herr Gott weiß, was mit der Jung- fer umgeht! — ganz richtig iſts nicht; ſo aͤngſt- lich hab ich ſie noch nie thun ſehn. — Wenn ihr was Leids geſchehn waͤr! — ſo eine gute, ver- ſtaͤndige Jungfer! ſie thaͤt mir in der Seele leid. — (will mit dem Mantel abgehn, indem kommt der Magi- ſter haſtig herein.) Magiſter.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/80
Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/80>, abgerufen am 27.11.2024.