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Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

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Magister. Jm Gegentheil! -- zu neu, als
daß ich nicht darüber sollte verfolgt werden.
v. Gröningseck. Ein Pröbchen nur, Herr
Magister! nur ein einiges! ich höre so was gar
zu gern; ich glaube, man nennt es Paradoxe,
nicht wahr?
Magister. So würd ich zum Exempel in dem
kritischen Zeitpunkt, in welchem der Knabe zum
Jüngling übergeht, sich selbst zu fühlen und der
physischen Ursache seines Daseyns nachzuspüren
beginnt -- ein Zeitpunkt, der der Tugend fast al-
ler junger Leute ein Stein des Anstoßes, eine ge-
fährliche Klippe ist. -- --
Fr. Humbrecht (steht auf.) Das ist mir viel
zu hoch, meine Herren; ich will einmal meine Toch-
ter herausstöbern.
(lauft ab.)
Magister. So würd ich, wollt ich sagen, in
diesen Jahren meinen Eleven auf eine Manier be-
handeln, die der gewöhnlichen grad entgegen ge-
setzt ist. -- Statt ihn in seiner Unwissenheit auf
gut Glück einem bloßen Ungefähr -- das unter
zwanzigen gewiß neunzehn irre führt -- zu über-
lassen; würde ich ihm den ganzen Adel, die ganze
Größe seiner Bestimmung begreiflich zu machen
bedacht seyn. --
v. Gröningseck. Das haben schon mehrere
vorgeschlagen!
Magister. Noch mehr! -- ihm auf Zeitlebens
vor allen Vergehungen dieser Art einen schaudern-
den Ekel beyzubringen, würde ich -- wie die Spar-
taner


Magiſter. Jm Gegentheil! — zu neu, als
daß ich nicht daruͤber ſollte verfolgt werden.
v. Groͤningseck. Ein Proͤbchen nur, Herr
Magiſter! nur ein einiges! ich hoͤre ſo was gar
zu gern; ich glaube, man nennt es Paradoxe,
nicht wahr?
Magiſter. So wuͤrd ich zum Exempel in dem
kritiſchen Zeitpunkt, in welchem der Knabe zum
Juͤngling uͤbergeht, ſich ſelbſt zu fuͤhlen und der
phyſiſchen Urſache ſeines Daſeyns nachzuſpuͤren
beginnt — ein Zeitpunkt, der der Tugend faſt al-
ler junger Leute ein Stein des Anſtoßes, eine ge-
faͤhrliche Klippe iſt. — —
Fr. Humbrecht (ſteht auf.) Das iſt mir viel
zu hoch, meine Herren; ich will einmal meine Toch-
ter herausſtoͤbern.
(lauft ab.)
Magiſter. So wuͤrd ich, wollt ich ſagen, in
dieſen Jahren meinen Eleven auf eine Manier be-
handeln, die der gewoͤhnlichen grad entgegen ge-
ſetzt iſt. — Statt ihn in ſeiner Unwiſſenheit auf
gut Gluͤck einem bloßen Ungefaͤhr — das unter
zwanzigen gewiß neunzehn irre fuͤhrt — zu uͤber-
laſſen; wuͤrde ich ihm den ganzen Adel, die ganze
Groͤße ſeiner Beſtimmung begreiflich zu machen
bedacht ſeyn. —
v. Groͤningseck. Das haben ſchon mehrere
vorgeſchlagen!
Magiſter. Noch mehr! — ihm auf Zeitlebens
vor allen Vergehungen dieſer Art einen ſchaudern-
den Ekel beyzubringen, wuͤrde ich — wie die Spar-
taner
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[34/0036] Magiſter. Jm Gegentheil! — zu neu, als daß ich nicht daruͤber ſollte verfolgt werden. v. Groͤningseck. Ein Proͤbchen nur, Herr Magiſter! nur ein einiges! ich hoͤre ſo was gar zu gern; ich glaube, man nennt es Paradoxe, nicht wahr? Magiſter. So wuͤrd ich zum Exempel in dem kritiſchen Zeitpunkt, in welchem der Knabe zum Juͤngling uͤbergeht, ſich ſelbſt zu fuͤhlen und der phyſiſchen Urſache ſeines Daſeyns nachzuſpuͤren beginnt — ein Zeitpunkt, der der Tugend faſt al- ler junger Leute ein Stein des Anſtoßes, eine ge- faͤhrliche Klippe iſt. — — Fr. Humbrecht (ſteht auf.) Das iſt mir viel zu hoch, meine Herren; ich will einmal meine Toch- ter herausſtoͤbern. (lauft ab.) Magiſter. So wuͤrd ich, wollt ich ſagen, in dieſen Jahren meinen Eleven auf eine Manier be- handeln, die der gewoͤhnlichen grad entgegen ge- ſetzt iſt. — Statt ihn in ſeiner Unwiſſenheit auf gut Gluͤck einem bloßen Ungefaͤhr — das unter zwanzigen gewiß neunzehn irre fuͤhrt — zu uͤber- laſſen; wuͤrde ich ihm den ganzen Adel, die ganze Groͤße ſeiner Beſtimmung begreiflich zu machen bedacht ſeyn. — v. Groͤningseck. Das haben ſchon mehrere vorgeſchlagen! Magiſter. Noch mehr! — ihm auf Zeitlebens vor allen Vergehungen dieſer Art einen ſchaudern- den Ekel beyzubringen, wuͤrde ich — wie die Spar- taner

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Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/36>, abgerufen am 25.11.2024.