Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


ken hüten zu können -- und dennoch! Gott!
Gott! -- dein Schlaf ist nicht natürlich, Mut-
ter! jetzt merk ichs. --
v. Gröningseck. Ums Himmelswillen, so
komm doch zu dir! -- du bist ja nicht die erste. --
Evchen. Die du zu Fall gebracht hast? --
bin ichs nicht -- nicht die erste? o sag mirs noch
einmal.
v. Gröningseck. Nicht die erste, sag ich, die
Frau wurde, eh sie getraut war. -- Von dem
jetzigen Augenblick an bist du die Meinige; ich
schwurs schon in der Kammer, und wiederhohls
hier bey allem, was heilig ist; -- auf meinen
Knieen wiederhohl ichs. -- Jn fünf Monaten bin
ich majorenn, dann führ ich dich an Altar, er-
kenne dich öffentlich für die Meine. --
Evchen. Darf ich dir trauen, nachdem, was
vorgefallen? -- Doch ja! ich muß -- ich bin so ver-
ächtlich als du, verächtlicher noch! -- kanns nicht
mehr werden, nicht tiefer sinken! --
(die Thrä-
nen abtrocknend.)
Gut mein Herr Lieutenant, ich will
ihnen glauben, --
(steht auf.) Stehn sie auf und
hören sie meine Bedingung an. -- -- Fünf Mo-
nat, sagten sie? gut! so lang will ich mich zwingen,
mir Gewalt anthun, daß man meine Schande mir
nicht auf der Stirne lesen soll: -- aber! -- ist
es ihr würklicher Ernst, was sie geschworen ha-
ben? -- sind sie stumm geworden? -- Ja! oder
nein! --
v. Gröningseck. Ja, ja Evchen! so wahr
ich hier stehe! --
Evchen


ken huͤten zu koͤnnen — und dennoch! Gott!
Gott! — dein Schlaf iſt nicht natuͤrlich, Mut-
ter! jetzt merk ichs. —
v. Groͤningseck. Ums Himmelswillen, ſo
komm doch zu dir! — du biſt ja nicht die erſte. —
Evchen. Die du zu Fall gebracht haſt? —
bin ichs nicht — nicht die erſte? o ſag mirs noch
einmal.
v. Groͤningseck. Nicht die erſte, ſag ich, die
Frau wurde, eh ſie getraut war. — Von dem
jetzigen Augenblick an biſt du die Meinige; ich
ſchwurs ſchon in der Kammer, und wiederhohls
hier bey allem, was heilig iſt; — auf meinen
Knieen wiederhohl ichs. — Jn fuͤnf Monaten bin
ich majorenn, dann fuͤhr ich dich an Altar, er-
kenne dich oͤffentlich fuͤr die Meine. —
Evchen. Darf ich dir trauen, nachdem, was
vorgefallen? — Doch ja! ich muß — ich bin ſo ver-
aͤchtlich als du, veraͤchtlicher noch! — kanns nicht
mehr werden, nicht tiefer ſinken! —
(die Thraͤ-
nen abtrocknend.)
Gut mein Herr Lieutenant, ich will
ihnen glauben, —
(ſteht auf.) Stehn ſie auf und
hoͤren ſie meine Bedingung an. — — Fuͤnf Mo-
nat, ſagten ſie? gut! ſo lang will ich mich zwingen,
mir Gewalt anthun, daß man meine Schande mir
nicht auf der Stirne leſen ſoll: — aber! — iſt
es ihr wuͤrklicher Ernſt, was ſie geſchworen ha-
ben? — ſind ſie ſtumm geworden? — Ja! oder
nein! —
v. Groͤningseck. Ja, ja Evchen! ſo wahr
ich hier ſtehe! —
Evchen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#EHUM">
          <p><pb facs="#f0024" n="22"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> ken hu&#x0364;ten zu ko&#x0364;nnen &#x2014; und dennoch! Gott!<lb/>
Gott! &#x2014; dein Schlaf i&#x017F;t nicht natu&#x0364;rlich, Mut-<lb/>
ter! jetzt merk ichs. &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>Ums Himmelswillen, &#x017F;o<lb/>
komm doch zu dir! &#x2014; du bi&#x017F;t ja nicht die er&#x017F;te. &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EHUM">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Evchen.</hi> </speaker>
          <p>Die du zu Fall gebracht ha&#x017F;t? &#x2014;<lb/>
bin ichs nicht &#x2014; nicht die er&#x017F;te? o &#x017F;ag mirs noch<lb/><hi rendition="#fr">einmal.</hi></p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>Nicht die er&#x017F;te, &#x017F;ag ich, die<lb/>
Frau wurde, eh &#x017F;ie getraut war. &#x2014; Von dem<lb/>
jetzigen Augenblick an bi&#x017F;t du die Meinige; ich<lb/>
&#x017F;chwurs &#x017F;chon in der Kammer, und wiederhohls<lb/>
hier bey allem, was heilig i&#x017F;t; &#x2014; auf meinen<lb/>
Knieen wiederhohl ichs. &#x2014; Jn fu&#x0364;nf Monaten bin<lb/>
ich majorenn, dann fu&#x0364;hr ich dich an Altar, er-<lb/>
kenne dich o&#x0364;ffentlich fu&#x0364;r die Meine. &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EHUM">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Evchen.</hi> </speaker>
          <p>Darf ich dir trauen, nachdem, was<lb/>
vorgefallen? &#x2014; Doch ja! ich muß &#x2014; ich bin &#x017F;o ver-<lb/>
a&#x0364;chtlich als du, vera&#x0364;chtlicher noch! &#x2014; kanns nicht<lb/>
mehr werden, nicht tiefer &#x017F;inken! &#x2014;</p>
          <stage>(die Thra&#x0364;-<lb/>
nen abtrocknend.)</stage>
          <p>Gut mein Herr Lieutenant, ich will<lb/>
ihnen glauben, &#x2014;</p>
          <stage>(&#x017F;teht auf.)</stage>
          <p>Stehn &#x017F;ie auf und<lb/>
ho&#x0364;ren &#x017F;ie meine Bedingung an. &#x2014; &#x2014; Fu&#x0364;nf Mo-<lb/>
nat, &#x017F;agten &#x017F;ie? gut! &#x017F;o lang will ich mich zwingen,<lb/>
mir Gewalt anthun, daß man meine Schande mir<lb/>
nicht auf der Stirne le&#x017F;en &#x017F;oll: &#x2014; aber! &#x2014; i&#x017F;t<lb/>
es ihr wu&#x0364;rklicher Ern&#x017F;t, was &#x017F;ie ge&#x017F;chworen ha-<lb/>
ben? &#x2014; &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;tumm geworden? &#x2014; Ja! oder<lb/>
nein! &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>Ja, ja Evchen! &#x017F;o wahr<lb/>
ich hier &#x017F;tehe! &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Evchen</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0024] ken huͤten zu koͤnnen — und dennoch! Gott! Gott! — dein Schlaf iſt nicht natuͤrlich, Mut- ter! jetzt merk ichs. — v. Groͤningseck. Ums Himmelswillen, ſo komm doch zu dir! — du biſt ja nicht die erſte. — Evchen. Die du zu Fall gebracht haſt? — bin ichs nicht — nicht die erſte? o ſag mirs noch einmal. v. Groͤningseck. Nicht die erſte, ſag ich, die Frau wurde, eh ſie getraut war. — Von dem jetzigen Augenblick an biſt du die Meinige; ich ſchwurs ſchon in der Kammer, und wiederhohls hier bey allem, was heilig iſt; — auf meinen Knieen wiederhohl ichs. — Jn fuͤnf Monaten bin ich majorenn, dann fuͤhr ich dich an Altar, er- kenne dich oͤffentlich fuͤr die Meine. — Evchen. Darf ich dir trauen, nachdem, was vorgefallen? — Doch ja! ich muß — ich bin ſo ver- aͤchtlich als du, veraͤchtlicher noch! — kanns nicht mehr werden, nicht tiefer ſinken! — (die Thraͤ- nen abtrocknend.) Gut mein Herr Lieutenant, ich will ihnen glauben, — (ſteht auf.) Stehn ſie auf und hoͤren ſie meine Bedingung an. — — Fuͤnf Mo- nat, ſagten ſie? gut! ſo lang will ich mich zwingen, mir Gewalt anthun, daß man meine Schande mir nicht auf der Stirne leſen ſoll: — aber! — iſt es ihr wuͤrklicher Ernſt, was ſie geſchworen ha- ben? — ſind ſie ſtumm geworden? — Ja! oder nein! — v. Groͤningseck. Ja, ja Evchen! ſo wahr ich hier ſtehe! — Evchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/24
Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/24>, abgerufen am 24.11.2024.