Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.Humbrecht! -- Vor einer Stunde kommen sie mir nicht vom Fleck hier, und dann fahren wir noch erst wieder auf den Ball zurück; -- ich hab Kontermarken genommen. Evchen. O ja Mutter! noch auf den Ball wieder! Fr. Humbrecht. Na so denn! weil ich dir doch eine Freude hab machen wollen; und weil uns der Herr Leutenant so viel Ehr erzeigt, so will ichs denn nur erlauben -- dein närrischer Vater läßt dich ja so nie aus dem Haus. -- v. Gröningseck. Das heiß ich geredet: wenn man nur selten ans Vergnügen kommt, so muß mans auch recht genießen, zudem ist heute der letzte Ball für dies Jahr: also -- Frisch Evchen! nicht so geleppert, das Glas muß aus: (Evchen leerts.) So bist brav! sollst auch ein Mäulchen haben! -- (küßt sie.) Hola! la maison! (Maria- nel macht die Thür auf) Punsch! (Magd wieder ab.) Evchen. Was ist denn der Punsch eigentlich für ein Getränk, Mutter? Fr. Humbrecht. Jch weiß selbst -- es ist halt -- v. Gröningseck. Wie Evchen, du weist nicht, was Punsch ist, hast noch keinen getrunken? -- Jhr Leute lebt ja, wie die Bettelmönche -- schon achtzehn Jahr alt, und heut zum erstenmal auf den Ball gewesen, und weiß nicht, was Punsch ist? -- Ein Nektar! ein Göttertrank ists! le dia-
Humbrecht! — Vor einer Stunde kommen ſie mir nicht vom Fleck hier, und dann fahren wir noch erſt wieder auf den Ball zuruͤck; — ich hab Kontermarken genommen. Evchen. O ja Mutter! noch auf den Ball wieder! Fr. Humbrecht. Na ſo denn! weil ich dir doch eine Freude hab machen wollen; und weil uns der Herr Leutenant ſo viel Ehr erzeigt, ſo will ichs denn nur erlauben — dein naͤrriſcher Vater laͤßt dich ja ſo nie aus dem Haus. — v. Groͤningseck. Das heiß ich geredet: wenn man nur ſelten ans Vergnuͤgen kommt, ſo muß mans auch recht genießen, zudem iſt heute der letzte Ball fuͤr dies Jahr: alſo — Friſch Evchen! nicht ſo geleppert, das Glas muß aus: (Evchen leerts.) So biſt brav! ſollſt auch ein Maͤulchen haben! — (kuͤßt ſie.) Hola! la maiſon! (Maria- nel macht die Thuͤr auf) Punſch! (Magd wieder ab.) Evchen. Was iſt denn der Punſch eigentlich fuͤr ein Getraͤnk, Mutter? Fr. Humbrecht. Jch weiß ſelbſt — es iſt halt — v. Groͤningseck. Wie Evchen, du weiſt nicht, was Punſch iſt, haſt noch keinen getrunken? — Jhr Leute lebt ja, wie die Bettelmoͤnche — ſchon achtzehn Jahr alt, und heut zum erſtenmal auf den Ball geweſen, und weiß nicht, was Punſch iſt? — Ein Nektar! ein Goͤttertrank iſts! le dia-
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Laſſen ſie ſich nur nichts davon traͤumen Frau
Humbrecht! — Vor einer Stunde kommen ſie
mir nicht vom Fleck hier, und dann fahren wir
noch erſt wieder auf den Ball zuruͤck; — ich hab
Kontermarken genommen.
Evchen. O ja Mutter! noch auf den Ball
wieder!
Fr. Humbrecht. Na ſo denn! weil ich dir
doch eine Freude hab machen wollen; und weil
uns der Herr Leutenant ſo viel Ehr erzeigt, ſo
will ichs denn nur erlauben — dein naͤrriſcher
Vater laͤßt dich ja ſo nie aus dem Haus. —
v. Groͤningseck. Das heiß ich geredet: wenn
man nur ſelten ans Vergnuͤgen kommt, ſo muß
mans auch recht genießen, zudem iſt heute der
letzte Ball fuͤr dies Jahr: alſo — Friſch Evchen!
nicht ſo geleppert, das Glas muß aus: (Evchen
leerts.) So biſt brav! ſollſt auch ein Maͤulchen
haben! — (kuͤßt ſie.) Hola! la maiſon! (Maria-
nel macht die Thuͤr auf) Punſch! (Magd wieder ab.)
Evchen. Was iſt denn der Punſch eigentlich
fuͤr ein Getraͤnk, Mutter?
Fr. Humbrecht. Jch weiß ſelbſt — es iſt
halt —
v. Groͤningseck. Wie Evchen, du weiſt nicht,
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Jhr Leute lebt ja, wie die Bettelmoͤnche — ſchon
achtzehn Jahr alt, und heut zum erſtenmal auf
den Ball geweſen, und weiß nicht, was Punſch
iſt? — Ein Nektar! ein Goͤttertrank iſts! le
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