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Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873

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auf der höheren und den höheren wiederholen, nur in einer mehr pwa_444.002
untergeordneten Weise und mehr implicite. Verständige Deutlichkeit pwa_444.003
characterisiert freilich zunächst den prosaischen Stil des Philosophen pwa_444.004
und des Historikers: aber darum ist sie nicht ausgeschlossen von den pwa_444.005
Darstellungen des Epikers und des Dramatikers; sie ist für den poetischen pwa_444.006
Stil zwar nicht das oberste und hauptsächlichste Merkmal und pwa_444.007
Erforderniss, aber nächst der Anschaulichkeit wird sie dennoch auch pwa_444.008
da unausweichlich verlangt.

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Dem entsprechend verhält es sich nun auch mit dem Stil der pwa_444.010
dritten Stufe, welche wir jetzt betreten haben. Bewegung des Gefühls pwa_444.011
auf Seiten des Producierenden wie des Reproducierenden ist allerdings pwa_444.012
das Wesentliche und Hauptsächliche, das vor allem Andern nicht fehlen pwa_444.013
darf, Leidenschaftlichkeit ist das characteristische Merkmal dieser pwa_444.014
Art: aber doch nimmt der Stil auch die Merkmale und Erfordernisse pwa_444.015
der beiden ersten Stufen mit auf diese hinüber, und neben und unter pwa_444.016
der Leidenschaftlichkeit gelten auch hier noch Anschaulichkeit und pwa_444.017
Deutlichkeit; denn neben dem Gefühle und unter ihm wirken auch pwa_444.018
hier noch Einbildung und Verstand in ihrem Theil und auf ihre pwa_444.019
Weise fort.

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Da kann nun aber das Mischungsverhältniss ein verschiedenes pwa_444.021
sein, je nachdem von den beiden untergeordneten Anforderungen mehr pwa_444.022
die eine oder mehr die andere hervortritt, je nachdem sich das leidenschaftliche pwa_444.023
Gefühl näher an den prosaischen Verstand oder näher an pwa_444.024
die poetische Einbildung anlehnt.

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Derjenige höhere Stil nun, der nächst der Erregung des Gefühls pwa_444.026
besonders auf verständige Deutlichkeit ausgeht, ist der Stil der Rede, pwa_444.027
der oratorische Stil. Denn der letzte Zweck jeglicher Rede ist zwar pwa_444.028
Bestimmung des Willens, ist die Ueberredung, und die Ueberredung pwa_444.029
wird zunächst erreicht durch leidenschaftliche Aufregung des Gefühls: pwa_444.030
aber es gesellt sich in jeglicher Rede zur Ueberredung auch die Ueberzeugung, pwa_444.031
die gewinnende Belehrung des Verstandes, und diese muss pwa_444.032
immer vorangehn, eh jene kann bezweckt werden; Ueberredung, die pwa_444.033
nicht auf dem Grunde der Ueberzeugung ruht, ist betrügerisch und pwa_444.034
führt zu nichts. Die Rede hebt also an mit verständiger Deutlichkeit, pwa_444.035
und deshalb bleibt auch für sie die Darstellungsform des Verstandes pwa_444.036
fort bestehn, die prosaische Form, jedoch in so weit umgestaltet, als pwa_444.037
es dann wieder der Character der Leidenschaftlichkeit fordert.

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Gegenüber dem rednerischen Stil liegt als eine zweite Art eben pwa_444.039
dieser Stufe diejenige sprachliche Darstellung, in der das Gefühl seine pwa_444.040
grösste Stütze und Hilfe nicht beim Verstande sucht, sondern bei der pwa_444.041
Einbildung, nicht bei der Deutlichkeit, sondern bei der Anschaulichkeit.

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auf der höheren und den höheren wiederholen, nur in einer mehr pwa_444.002
untergeordneten Weise und mehr implicite. Verständige Deutlichkeit pwa_444.003
characterisiert freilich zunächst den prosaischen Stil des Philosophen pwa_444.004
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Erforderniss, aber nächst der Anschaulichkeit wird sie dennoch auch pwa_444.008
da unausweichlich verlangt.

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Dem entsprechend verhält es sich nun auch mit dem Stil der pwa_444.010
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auf Seiten des Producierenden wie des Reproducierenden ist allerdings pwa_444.012
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Deutlichkeit; denn neben dem Gefühle und unter ihm wirken auch pwa_444.018
hier noch Einbildung und Verstand in ihrem Theil und auf ihre pwa_444.019
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Da kann nun aber das Mischungsverhältniss ein verschiedenes pwa_444.021
sein, je nachdem von den beiden untergeordneten Anforderungen mehr pwa_444.022
die eine oder mehr die andere hervortritt, je nachdem sich das leidenschaftliche pwa_444.023
Gefühl näher an den prosaischen Verstand oder näher an pwa_444.024
die poetische Einbildung anlehnt.

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Derjenige höhere Stil nun, der nächst der Erregung des Gefühls pwa_444.026
besonders auf verständige Deutlichkeit ausgeht, ist der Stil der Rede, pwa_444.027
der oratorische Stil. Denn der letzte Zweck jeglicher Rede ist zwar pwa_444.028
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und deshalb bleibt auch für sie die Darstellungsform des Verstandes pwa_444.036
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Zitationshilfe: Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873/462>, abgerufen am 25.11.2024.