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Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873

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Poesie und der Prosa. Diese Form ist da an der Stelle, wo es keine pwa_011.002
schöne Anschauung zu objectivieren giebt. Während die Poesie vor pwa_011.003
allem der Einbildungskraft dient, dient die Prosa dem Verstande; während pwa_011.004
bei der Poesie die Anschauungen der Einbildungskraft das erste pwa_011.005
und ursprüngliche sind und diese dann von dem Gefühl nur genehmigt pwa_011.006
und von dem Verstande nur geordnet und geregelt werden, stehn bei der pwa_011.007
Prosa die Urtheile und die Erfahrungen des Verstandes obenan, und die pwa_011.008
Einbildung mag sie nur etwa mehr beleben, das Gefühl sie erwärmen; pwa_011.009
während mithin Poesie der Ausdruck des Schönen ist, ist Prosa der Ausdruck pwa_011.010
des Wahren. Das Darstellungsmittel, die Sprache, haben beide pwa_011.011
mit einander gemein: aber dort, bei der Poesie, wird von der sprachlichen pwa_011.012
Darstellung vor allem Schönheit, hier, bei der Prosa, vor allem Verständlichkeit pwa_011.013
verlangt: darum wird auch nur dort die schöne metrische pwa_011.014
Gestaltung gefordert, hier ist sie verboten, und der erste Zweck pwa_011.015
bei der Gliederung prosaischer Sätze und Perioden ist möglichst grosse pwa_011.016
Deutlichkeit.

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Poesie und Prosa, das sind nun die Gegenstände, deren ausführliche pwa_011.018
Behandlung vor uns liegt: die Gesetze der Poesie erörtert die pwa_011.019
Poetik, die der Prosa die Rhetorik; insofern aber beider Ausdrucksmittel pwa_011.020
die Sprache ist, haben sie in dieser Beziehung viele Regeln pwa_011.021
mit einander gemein: diese sollen in der Stilistik zusammengefasst pwa_011.022
werden.

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Poesie und der Prosa. Diese Form ist da an der Stelle, wo es keine pwa_011.002
schöne Anschauung zu objectivieren giebt. Während die Poesie vor pwa_011.003
allem der Einbildungskraft dient, dient die Prosa dem Verstande; während pwa_011.004
bei der Poesie die Anschauungen der Einbildungskraft das erste pwa_011.005
und ursprüngliche sind und diese dann von dem Gefühl nur genehmigt pwa_011.006
und von dem Verstande nur geordnet und geregelt werden, stehn bei der pwa_011.007
Prosa die Urtheile und die Erfahrungen des Verstandes obenan, und die pwa_011.008
Einbildung mag sie nur etwa mehr beleben, das Gefühl sie erwärmen; pwa_011.009
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des Wahren. Das Darstellungsmittel, die Sprache, haben beide pwa_011.011
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Darstellung vor allem Schönheit, hier, bei der Prosa, vor allem Verständlichkeit pwa_011.013
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Deutlichkeit.

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Poesie und Prosa, das sind nun die Gegenstände, deren ausführliche pwa_011.018
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Poetik, die der Prosa die Rhetorik; insofern aber beider Ausdrucksmittel pwa_011.020
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[11/0029] pwa_011.001 Poesie und der Prosa. Diese Form ist da an der Stelle, wo es keine pwa_011.002 schöne Anschauung zu objectivieren giebt. Während die Poesie vor pwa_011.003 allem der Einbildungskraft dient, dient die Prosa dem Verstande; während pwa_011.004 bei der Poesie die Anschauungen der Einbildungskraft das erste pwa_011.005 und ursprüngliche sind und diese dann von dem Gefühl nur genehmigt pwa_011.006 und von dem Verstande nur geordnet und geregelt werden, stehn bei der pwa_011.007 Prosa die Urtheile und die Erfahrungen des Verstandes obenan, und die pwa_011.008 Einbildung mag sie nur etwa mehr beleben, das Gefühl sie erwärmen; pwa_011.009 während mithin Poesie der Ausdruck des Schönen ist, ist Prosa der Ausdruck pwa_011.010 des Wahren. Das Darstellungsmittel, die Sprache, haben beide pwa_011.011 mit einander gemein: aber dort, bei der Poesie, wird von der sprachlichen pwa_011.012 Darstellung vor allem Schönheit, hier, bei der Prosa, vor allem Verständlichkeit pwa_011.013 verlangt: darum wird auch nur dort die schöne metrische pwa_011.014 Gestaltung gefordert, hier ist sie verboten, und der erste Zweck pwa_011.015 bei der Gliederung prosaischer Sätze und Perioden ist möglichst grosse pwa_011.016 Deutlichkeit. pwa_011.017 Poesie und Prosa, das sind nun die Gegenstände, deren ausführliche pwa_011.018 Behandlung vor uns liegt: die Gesetze der Poesie erörtert die pwa_011.019 Poetik, die der Prosa die Rhetorik; insofern aber beider Ausdrucksmittel pwa_011.020 die Sprache ist, haben sie in dieser Beziehung viele Regeln pwa_011.021 mit einander gemein: diese sollen in der Stilistik zusammengefasst pwa_011.022 werden.

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Zitationshilfe: Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873/29>, abgerufen am 27.11.2024.