pwa_011.001 Poesie und der Prosa. Diese Form ist da an der Stelle, wo es keine pwa_011.002 schöne Anschauung zu objectivieren giebt. Während die Poesie vor pwa_011.003 allem der Einbildungskraft dient, dient die Prosa dem Verstande; während pwa_011.004 bei der Poesie die Anschauungen der Einbildungskraft das erste pwa_011.005 und ursprüngliche sind und diese dann von dem Gefühl nur genehmigt pwa_011.006 und von dem Verstande nur geordnet und geregelt werden, stehn bei der pwa_011.007 Prosa die Urtheile und die Erfahrungen des Verstandes obenan, und die pwa_011.008 Einbildung mag sie nur etwa mehr beleben, das Gefühl sie erwärmen; pwa_011.009 während mithin Poesie der Ausdruck des Schönen ist, ist Prosa der Ausdruck pwa_011.010 des Wahren. Das Darstellungsmittel, die Sprache, haben beide pwa_011.011 mit einander gemein: aber dort, bei der Poesie, wird von der sprachlichen pwa_011.012 Darstellung vor allem Schönheit, hier, bei der Prosa, vor allem Verständlichkeit pwa_011.013 verlangt: darum wird auch nur dort die schöne metrische pwa_011.014 Gestaltung gefordert, hier ist sie verboten, und der erste Zweck pwa_011.015 bei der Gliederung prosaischer Sätze und Perioden ist möglichst grosse pwa_011.016 Deutlichkeit.
pwa_011.017 Poesie und Prosa, das sind nun die Gegenstände, deren ausführliche pwa_011.018 Behandlung vor uns liegt: die Gesetze der Poesie erörtert die pwa_011.019 Poetik, die der Prosa die Rhetorik; insofern aber beider Ausdrucksmittel pwa_011.020 die Sprache ist, haben sie in dieser Beziehung viele Regeln pwa_011.021 mit einander gemein: diese sollen in der Stilistik zusammengefasst pwa_011.022 werden.
pwa_011.001 Poesie und der Prosa. Diese Form ist da an der Stelle, wo es keine pwa_011.002 schöne Anschauung zu objectivieren giebt. Während die Poesie vor pwa_011.003 allem der Einbildungskraft dient, dient die Prosa dem Verstande; während pwa_011.004 bei der Poesie die Anschauungen der Einbildungskraft das erste pwa_011.005 und ursprüngliche sind und diese dann von dem Gefühl nur genehmigt pwa_011.006 und von dem Verstande nur geordnet und geregelt werden, stehn bei der pwa_011.007 Prosa die Urtheile und die Erfahrungen des Verstandes obenan, und die pwa_011.008 Einbildung mag sie nur etwa mehr beleben, das Gefühl sie erwärmen; pwa_011.009 während mithin Poesie der Ausdruck des Schönen ist, ist Prosa der Ausdruck pwa_011.010 des Wahren. Das Darstellungsmittel, die Sprache, haben beide pwa_011.011 mit einander gemein: aber dort, bei der Poesie, wird von der sprachlichen pwa_011.012 Darstellung vor allem Schönheit, hier, bei der Prosa, vor allem Verständlichkeit pwa_011.013 verlangt: darum wird auch nur dort die schöne metrische pwa_011.014 Gestaltung gefordert, hier ist sie verboten, und der erste Zweck pwa_011.015 bei der Gliederung prosaischer Sätze und Perioden ist möglichst grosse pwa_011.016 Deutlichkeit.
pwa_011.017 Poesie und Prosa, das sind nun die Gegenstände, deren ausführliche pwa_011.018 Behandlung vor uns liegt: die Gesetze der Poesie erörtert die pwa_011.019 Poetik, die der Prosa die Rhetorik; insofern aber beider Ausdrucksmittel pwa_011.020 die Sprache ist, haben sie in dieser Beziehung viele Regeln pwa_011.021 mit einander gemein: diese sollen in der Stilistik zusammengefasst pwa_011.022 werden.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0029"n="11"/><lbn="pwa_011.001"/>
Poesie und der Prosa. Diese Form ist da an der Stelle, wo es keine <lbn="pwa_011.002"/>
schöne Anschauung zu objectivieren giebt. Während die Poesie vor <lbn="pwa_011.003"/>
allem der Einbildungskraft dient, dient die Prosa dem Verstande; während <lbn="pwa_011.004"/>
bei der Poesie die Anschauungen der Einbildungskraft das erste <lbn="pwa_011.005"/>
und ursprüngliche sind und diese dann von dem Gefühl nur genehmigt <lbn="pwa_011.006"/>
und von dem Verstande nur geordnet und geregelt werden, stehn bei der <lbn="pwa_011.007"/>
Prosa die Urtheile und die Erfahrungen des Verstandes obenan, und die <lbn="pwa_011.008"/>
Einbildung mag sie nur etwa mehr beleben, das Gefühl sie erwärmen; <lbn="pwa_011.009"/>
während mithin Poesie der Ausdruck des Schönen ist, ist Prosa der Ausdruck <lbn="pwa_011.010"/>
des Wahren. Das Darstellungsmittel, die Sprache, haben beide <lbn="pwa_011.011"/>
mit einander gemein: aber dort, bei der Poesie, wird von der sprachlichen <lbn="pwa_011.012"/>
Darstellung vor allem Schönheit, hier, bei der Prosa, vor allem Verständlichkeit <lbn="pwa_011.013"/>
verlangt: darum wird auch nur dort die schöne metrische <lbn="pwa_011.014"/>
Gestaltung gefordert, hier ist sie verboten, und der erste Zweck <lbn="pwa_011.015"/>
bei der Gliederung prosaischer Sätze und Perioden ist möglichst grosse <lbn="pwa_011.016"/>
Deutlichkeit.</p><p><lbn="pwa_011.017"/>
Poesie und Prosa, das sind nun die Gegenstände, deren ausführliche <lbn="pwa_011.018"/>
Behandlung vor uns liegt: die Gesetze der Poesie erörtert die <lbn="pwa_011.019"/>
Poetik, die der Prosa die Rhetorik; insofern aber beider Ausdrucksmittel <lbn="pwa_011.020"/>
die Sprache ist, haben sie in dieser Beziehung viele Regeln <lbn="pwa_011.021"/>
mit einander gemein: diese sollen in der Stilistik zusammengefasst <lbn="pwa_011.022"/>
werden.</p></div></body></text></TEI>
[11/0029]
pwa_011.001
Poesie und der Prosa. Diese Form ist da an der Stelle, wo es keine pwa_011.002
schöne Anschauung zu objectivieren giebt. Während die Poesie vor pwa_011.003
allem der Einbildungskraft dient, dient die Prosa dem Verstande; während pwa_011.004
bei der Poesie die Anschauungen der Einbildungskraft das erste pwa_011.005
und ursprüngliche sind und diese dann von dem Gefühl nur genehmigt pwa_011.006
und von dem Verstande nur geordnet und geregelt werden, stehn bei der pwa_011.007
Prosa die Urtheile und die Erfahrungen des Verstandes obenan, und die pwa_011.008
Einbildung mag sie nur etwa mehr beleben, das Gefühl sie erwärmen; pwa_011.009
während mithin Poesie der Ausdruck des Schönen ist, ist Prosa der Ausdruck pwa_011.010
des Wahren. Das Darstellungsmittel, die Sprache, haben beide pwa_011.011
mit einander gemein: aber dort, bei der Poesie, wird von der sprachlichen pwa_011.012
Darstellung vor allem Schönheit, hier, bei der Prosa, vor allem Verständlichkeit pwa_011.013
verlangt: darum wird auch nur dort die schöne metrische pwa_011.014
Gestaltung gefordert, hier ist sie verboten, und der erste Zweck pwa_011.015
bei der Gliederung prosaischer Sätze und Perioden ist möglichst grosse pwa_011.016
Deutlichkeit.
pwa_011.017
Poesie und Prosa, das sind nun die Gegenstände, deren ausführliche pwa_011.018
Behandlung vor uns liegt: die Gesetze der Poesie erörtert die pwa_011.019
Poetik, die der Prosa die Rhetorik; insofern aber beider Ausdrucksmittel pwa_011.020
die Sprache ist, haben sie in dieser Beziehung viele Regeln pwa_011.021
mit einander gemein: diese sollen in der Stilistik zusammengefasst pwa_011.022
werden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873/29>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.